Panzer in der Ukraine
APA/AFP/DANIEL LEAL
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Politik

Tausende Ukraine-Flüchtlinge möglich

Der Krieg in der Ukraine wird wohl zu unzähligen Flüchtlingen führen. Die meisten fliehen wohl in umliegende Länder, wie Polen. Die Migrationsexpertin Judith Kohlenberger erwartet aber, dass einige Tausend auch nach Österreich kommen.

„Zuerst ist es so, dass die Menschen innerhalb der Grenzen des Landes flüchten. Das heißt, sie gehen in weniger betroffene Gebiete, meistens zu Verwandten und Bekannten, wo man als erstes Unterschlupf findet“, erklärte die Migrationsforscherin in „Wien heute“. Wenn der Druck stärker wird, könne es aber auch sein, dass Menschen in andere Länder flüchten.

Erstaufnahmekapazitäten aufstocken

„Ich gehe davon aus, dass sich die ersten Fluchtbewegungen in Richtung Polen bewegen werden“, sagte Kohlenberger. „Polen hat auch schon signalisiert, dass man Menschen aufnehmen wird. Es gibt auch eine recht große ukrainische Community.“ Anschließend würden übrige Nachbarländer, etwa die Slowakei oder Rumänien, angesteuert.

Judith Kohlenberger
ORF
Kohlenberger empfiehlt, dass jetzt die Kapazitäten in den Erstaufnahmezentren aufgestockt werden

„Ich denke aber schon, dass Österreich und auch die Stadt Wien gut beraten sind, wenn man Vorbereitungen trifft“, so Kohlenberger. Die Kapazitäten in den Erstaufnahmezentren sollten aufgestockt werden, empfiehlt die Wissenschaftlerin. Sie rechnet damit, dass einige Tausend Menschen nach Österreich kommen könnten.

Positive Rhetorik gegenüber Flüchtlingen

Dimensionen wie 2015 und 2016, als Hunderttausende vor dem Bürgerkrieg in Syrien flohen, erwartet Kohlenberger nicht. Dennoch sollten auch Menschen in den Erstaufnahmezentren sein, die die Sprache der Geflüchteten sprechen. Bei Unterbringung, Orientierung und Integration könne man, so die Wissenschaftlerin, auf Strukturen zurückgreifen, die in den beiden Jahren geschaffen wurden.

Die Stimmung gegenüber etwaigen ukrainischen Flüchtlingen nimmt Kohlenberger positiv wahr. Ukraine sei quasi ein Nachbarland. „Die Rhetorik, auch die politische Rhetorik ist da eine ganz andere. Ich möchte aber davor warnen, jetzt eine Gruppe von Schutzsuchenden gegen eine andere, nämlich syrische oder afghanische Geflüchtete auszuspielen.“

Wien will helfen

Während die Hilfe aus Wien unterwegs in die Ukraine ist, versuchen viele aus der Urkaine wegzukommen. Aus den großen Städten haben sich kilometerlange Autokolonnen gebildet. Wo können diese Menschen hin und wie kann Wien helfen?

Ludwig: Vorerst keine großen Fluchtbewegungen

Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) rechnete gegenüber Radio Wien vorerst mit keinem großen Fluchtaufkommen in Wien und Österreich. „Die Entscheidung, in welcher Form hier geholfen werden kann, liegt primär bei der Bundesregierung. Wien war immer solidarisch, wenn es darum gegangen ist, Menschen in Not zu helfen. Von daher sind wir vorbereitet auf alle Eventualitäten und auch bereit, Menschen zu helfen, die in einer besonders schwierigen Situation sind.“

Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS) verurteilte den „russischen Angriffskrieg“ auf das Schärfste: „Im 21. Jahrhundert dürfen Grenzen in Europa nicht durch Gewalt verschoben werden. In diesen schweren Stunden zeigt Wien klar Flagge für humanitäre Hilfe und Solidarität, so wie das auch in der Vergangenheit schon oft der Fall war. Das kann ich aus meiner eigenen Familiengeschichte berichten, denn mein Vater musste 1956 im Zuge der Ungarn-Revolution ebenfalls vor russischen Truppen aus seinem Heimatland fliehen und ist in Österreich aufgenommen worden.“