Dirigent Valery Gergiev auf der Bühne der Wiener Philharmoniker 2020
APA/Georg Hochmuth
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Kultur

Philharmoniker doch ohne Valery Gergiev

Die Wiener Philharmoniker werden ihre morgen startende Konzertserie in New York doch ohne den putinfreundlichen Stardirigenten Valery Gergiev absolvieren. Darauf haben sich Philharmoniker und Carnegie Hall gemeinsam verständigt.

Auch der vorgesehene Solist des ersten Abends, der russische Pianist Denis Matsuev, wird ersetzt. Statt Gergiev übernimmt Yannick Nézet-Séguin, Musikdirektor der Metropolitan Opera, das Pult der Philharmoniker. Die dreiteilige Konzertreihe war angesichts der Invasion Russlands in der Ukraine in die Kritik geraten, gilt der 68-jährige Gergiev doch seit langem als dezidierter Unterstützer von Russlands Präsident Wladimir Putin. Er war in Wahlwerbespots für den Kreml-Herrscher aufgetreten oder hatte 2014 einen offenen Brief unterzeichnet, der die Annexion der Krim befürwortete.

Immer wieder Protestierende vor Konzerthäusern

Auch gilt der aus einer nordossetischen Familie stammende Gergiev als mächtigste Figur im russischen Kulturbetrieb, steht er doch seit 1996 dem St. Petersburger Mariinsky-Theater vor. Bereits seit der Annexion der Krim durch Russland finden sich deshalb bei Gergiev-Auftritten immer wieder Protestierende vor den Konzerthäusern. Auch vor der Carnegie Hall fanden sich meist einige ukrainische Aktivisten ein, um gegen den Maestro zu protestieren – Proteste, deren Dimensionen angesichts der aktuellen Entwicklung wohl deutlich größer ausgefallen wären.

Die Wiener Philharmoniker, selbst nicht Veranstalter der Carnegie-Auftritte, waren im Laufe des Donnerstags zunächst noch um Beruhigung bemüht und verwiesen auf die Jahrzehnte lange künstlerische Partnerschaft mit Gergiev. „Die Kultur darf nicht zum Spielball von politischen Auseinandersetzungen werden“, so Philharmoniker-Vorstand Daniel Froschauer in einem Statement, in dem er zugleich jede Art von Gewalt und Krieg verurteilte: „Die Musik hat für uns immer etwas Verbindendes und nichts Trennendes.“

Auch Scala droht mit Rauswurf

Laut italienischen Medienberichten droht nun auch die Mailänder Scala Gergiev mit Rauswurf. Demnach stellten Mailands Bürgermeister Giuseppe Sala und Scala-Intendant Dominique Meyer dem Dirigenten ein Ultimatum. „An der Scala ist eine ‚Pique Dame‘ unter dem Dirigat des russischen Maestros angesetzt, der vielfach seine Nähe zu Putin erklärt hat. Gemeinsam mit Intendant Dominique Meyer fordere ich ihn nun auf, eine klare Position gegen diese Invasion zu beziehen. Sollte er dies nicht tun, sehen wir uns gezwungen, von der Zusammenarbeit Abstand zu nehmen“, heißt es im Schreiben Salas.

Beim Auftakt des Engagements am Mittwoch war Gergiev mit einzelnen Buhs, überwiegend aber Applaus gewürdigt worden. Die von der italienischen Theatergewerkschaft im Vorfeld geforderte Friedensbotschaft blieb dabei allerdings aus.

Auch München stellt Ultimatum

Mittlerweile drohte auch Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter dem Chefdirigenten der Münchner Philharmoniker mit Rauswurf. „Ich habe gegenüber Valery Gergiev meine Haltung klargemacht und ihn aufgefordert, sich ebenfalls eindeutig und unmissverständlich von dem brutalen Angriffskrieg zu distanzieren, den Putin gegen die Ukraine und nun insbesondere auch gegen unsere Partnerstadt Kiew führt“, so der SPD-Politiker: „Sollte sich Valery Gergiev hier bis Montag nicht klar positioniert haben, kann er nicht länger Chefdirigent unserer Philharmoniker bleiben.“ Der Russe steht dem Orchester seit 2015 vor.