Frau verlässt Filiale der Sberbank
KIRILL KUDRYAVTSEV/AFP
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Wirtschaft

Wolf-Rückzug aus Sberbank-Aufsichtsrat

Der Steyr-Automotive-Eigentümer und Investor Siegfried Wolf zieht sich als Aufsichtsratsvorsitzender der Sberbank Europe AG zurück. Vor dem Hintergrund der Sanktionen gegen Russland verhängte die Finanzmarktaufsicht (FMA) heute ein Moratorium für die Europatochter der staatlichen russischen Bank.

Über seine Absicht sein Aufsichtsratsmandat zurückzulegen, habe er die Europäische Zentralbank (EZB) bereits vor Wochen informiert, teilte Wolf-Sprecher Josef Kalina am Montagvormittag mit. Wolf war laut Firmenbuch seit 2012 Aufsichtsratsvorsitzender der Europa-Tochter der Sberbank.

In Reaktion auf einen aktuellen „Handelsblatt“-Bericht ließ Wolf ausrichten, dass er bereits seit mehr als drei Jahren alle Funktionen im russischen Unternehmen „Russian Machines“ zurückgelegt habe. Er verwies darauf, „dass er auch davor niemals im militärischen Bereich tätig gewesen“ sei. Die Russland-Sanktionen und den Ukraine-Krieg wollte Wolf nicht kommentieren.

„Keine Auszahlungen, Überweisungen, Transaktionen“

Vor dem Hintergrund der massiven Finanzsanktionen gegen Russland hat die Finanzmarktaufsicht (FMA) in der Nacht auf Montag ein bis 1. März, 23:59 Uhr befristetes, umfassendes Moratorium für die Europatochter der staatlichen russischen Sberbank verhängt. Wie die FMA mitteilte, darf die in Wien ansässige Bank „keinerlei Auszahlungen, Überweisungen oder andere Transaktionen durchführen“.

Aufsicht und Einlagensicherung alarmiert

Die EZB-Bankenaufsicht hält die Überlebensfähigkeit der europäischen Töchter der russischen Sberbank wegen der Auswirkungen der Finanzsanktionen für stark gefährdet. Die von der österreichischen Einlagensicherung gedeckten Einlagen betragen rund 1,1 Mrd. Euro.

Die Einlagensicherung (ESA) wies darauf hin, „dass bisher kein Einlagensicherungsfall“ vorliege. Nach derzeitigem Stand haben laut ESA rund 35.000 deutsche Kunden bei der Sberbank Europe AG gedeckte Einlagen, der Anteil der österreichischen Einleger ist „hingegen unbedeutend“.

Von österreichischen Banken mitgetragen

Es geht um Einlagen bis 100.000 Euro. Die Finanzierung der Entschädigung der Kunden sei „gesichert, alle österreichischen Banken tragen dazu anteilig bei“, hieß es von der ESA. Mitgliedsinstitute der ESA sind neben der Sberbank Europe unter anderem die BAWAG, Oberbank, UniCredit Bank Austria sowie Institute aus dem Hypo- und Volksbanken-Sektor.

Die einzige Ausnahme vom Zahlungsmoratorium gibt es für Einleger, die zur Sicherung des nötigsten täglichen Bedarfs maximal 100 Euro pro Tag abheben dürfen, hieß es in einer Aussendung weiter. Die FMA handelt dabei im Auftrag der europäischen Abwicklungsbehörde für Banken, des Single Resolution Board (SRB) in Brüssel.

Konkret sieht das Moratorium vor, dass alle Zahlungs- und Lieferverpflichtungen der Sberbank Europe AG gegenüber ihren Gläubigern ausgesetzt sind. Diese können auch keine Sicherheitsrechte gegenüber der Bank durchsetzen. Kündigungsrechte von Vertragspartnern der Sberbank Europe AG oder einer Partei eines Vertrags mit der Bank werden ausgesetzt.

EZB erwartet Ausfall

Die Maßnahme sei erforderlich, weil die Europäische Zentralbank (EZB) dem SRB angezeigt habe, dass die Bank in ernsten wirtschaftlichen Schwierigkeiten stecke und wahrscheinlich ein Ausfall der Bank drohe, hieß es von der FMA. Die Maßnahme diene dem Ziel, die Finanzmarktstabilität in der Bankenunion zu sichern und zu stärken. Sberbank Europe AG ist eine 100-Prozent-Tochter der mehrheitlich in Staatsbesitz stehenden Sberbank in Moskau.

Das Unternehmen betonte in einer Stellungnahme seine Kooperation mit den Aufsichtsbehörden. „Wir unternehmen alle Anstrengungen und unterstützen die Behörden uneingeschränkt, damit diese ihre Befugnisse einsetzen können, um diese beispiellose Situation im Sinne der Kunden zu meistern“, betonte Sberbank-Europe-Chefin Sonja Sarközi in einer Aussendung. Sie wies darauf hin, dass mehrere Banken der Gruppe „innerhalb sehr kurzer Zeit einen deutlichen Abfluss an Kundeneinlagen“ verzeichnet hätten, weswegen teilweise die tägliche Bargeldbehebung eingeschränkt wurde.

Folge der Sanktionen

Das Moratorium folgt auf den Beschluss von umfassenden Finanzsanktionen gegen Russland wegen seiner Aggression gegen die Ukraine. Nach einem Beschluss vom Samstag wurde Russland etwa vom Bankenkommunikationssystem SWIFT ausgeschlossen. Zudem wurden die Reserven der russischen Zentralbank eingefroren, die sich größtenteils im Euroraum befinden. Das Moratorium verhindert, dass Gelder von der Sberbank Europe AG in Richtung Russland abfließen.

Sberbank Europe AG hat eigenen Angaben zufolge 187 Filialen mit 3.800 Mitarbeitern und rund 773.000 Kunden in Zentral- und Osteuropa, davon 65.000 Kunden mit einer Bilanzsummer von 2,2 Milliarden in Deutschland und Österreich. Allerdings gab das Unternehmen erst im November den Verkauf ihrer Balkan-Töchter mit einer Bilanzsumme von 7,3 Milliarden Euro angekündigt. Die Präsenz in Österreich, Deutschland und Tschechien sollte aber beibehalten werden.