Brenner eines Gasherdes mit Streichholz
APA/dpa/ Norbert Försterling
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Wirtschaft

Gaspreis explodiert, Stadt brütet über Hilfe

Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine treibt die Inflation in die Höhe. Der Erdgaspreis ist so hoch wie noch nie. Gold ist in Wien stark gefragt. Und der für April angekündigte Energiegutschein der Regierung könnte verpuffen.

213,895 Euro für eine Megawattstunde Erdgas waren am Freitag am wichtigen niederländischen Handelspunkt TTF zu bezahlen. Es ist ein historischer Höchststand. Zum Vergleich: Im langjährigen Mittel bewegte sich der preis laut Vergleichsportalen zwischen zehn und 25 Euro.

Und es könnte noch nicht das Ende sein. Denn die russischen Gaslieferungen durch die Jamal-Pipeline schwankten in der Nacht auf Freitag – nicht zum ersten Mal in den vergangenen Tagen – stark. Am Freitagvormittag seien gar keine Lieferungen mehr angezeigt worden, so der deutsche Netzbetreiber Gascade. Das Unternehmen betreibt die Jagal-Pipeline, die Anbindung an Jamal in Deutschland.

Experte rechnet mit weiterem Inflationsanstieg

Steigende Energiepreise trieben die Inflation im Februar laut einer Schnellschätzung der Statistik Austria auf einen Höchststand von aktuell fast sechs Prozent. Und die Tendenz ist weiter steigend. Erwartet werde, dass die Inflation im April bei 6,5 Prozent liegen werde, „alles darüber hinaus wird man erst sehen“, sagt Oliver Picek vom sozialliberalen Momentum Institut gegenüber „Wien heute“. Die Aussichten seien im Moment nicht so gut.

Angst vor hoher Inflation

Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine treibt die Inflation in die Höhe. Der Erdgaspreis ist so hoch wie noch nie. Gold ist in Wien stark gefragt. Und die Inflation könnte noch weiter steigen.

Es sei natürlich klar, „dass die Energie für die Wirtschaft eine Art Blut ist, es fließt überall hin, es ist überall drinnen, wenn das mehr kostet, dann werden letzten Endes auch alle anderen Dinge irgendwann mehr kosten“. Das vor allem auch, weil fast alle Produkte irgendwann einmal transportiert werden müssen. So gesehen sind die hohen Treibstoffpreise doppelt schmerzlich.

„Wenn es teurer wird, geht es mir nicht gut damit“

Spürbar wird das inzwischen auch für die Wienerinnen und Wiener: „Wenn es teurer wird, geht es mit nicht gut damit“, heißt es, oder „Ja, ich spüre es, aber ich kann noch leben.“ Manche resignieren, sagen, alles wird teurer, andere hoffen, dass die Zeiten sich wieder zum Besseren wenden. Die Politik ist damit gefordert, dieser Entwicklung gegenzusteuern.

Der angekündigte Energie-Gutschein der Regierung über 150 Euro soll im April an rund vier Millionen Haushalte verschickt werden. Aber Picek befürchtet, dass das dann für viele nicht mehr reichen werde. Schon jetzt sei die Energierechnung für einen durchschnittlichen Wiener Haushalt um 180 Euro gestiegen, errechnet das Momentum-Institut.

Energie-Kostendeckel statt Teuerungsausgleich

Außerdem könnte man sich überlegen, ob man nicht einen Gas-/Strompreisdeckel macht, so Picek. Damit verbunden wäre ein Fixpreis, um die Teuerung für die Haushalte aufzuhalten. Das sei weit wirkungsvoller als der Kostenausgleich der Bundesregierung von 150 Euro pro Person. Ein Preisdeckel würde die Vorteile der verschiedenen Instrumente bei insgesamt weniger Nachteilen vereinen.

Insbesondere würde ein Preisdeckel auch bei noch höher steigenden Energiepreisen automatisch helfen, heißt es bei Momentum. Bei einer weiteren Verschärfung der Lage könnten in den nächsten Monaten Mehrkosten von 508 Euro pro Haushalt anfallen", schätzt das Institut.

Feilen an Details zu Heizkostenzuschuss

Eine weitere Alternative sei ein Heizkostenzuschuss, so Picek. In diese Richtung geht auch der schon länger angekündigte Heizkostenzuschuss der Wiener Stadtregierung. „Der Bürgermeister (Michael Ludwig, SPÖ, Anm.) hat mich gebeten, darüber nachzudenken, wie wir so etwas gestalten könnten“, so Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) am Freitag. Ludwig werde sich in den nächsten Tagen mit einer Entscheidung an die Öffentlichkeit wenden.

Nachfrage nach Gold steigt

Auch die Münze Österreich spürt die neuen Zeiten. Vor dem Hauptgeschäft am Heumarkt bilden sich lange Schlangen. Viele setzen aus Angst vor einer Geldentwertung immer mehr auf Gold als möglichen Inflationsschutz. „Keine Frage, mit dem Einmarsch in die Ukraine ist noch einmal ein sprunghafter Anstieg gekommen, die Menschen sind beunruhigt, sie sind verunsichert, niemand weiß, wohin die Reise geht“, so Unternehmenssprecherin Andrea Lang.