Der Schatten einer Frau mit ihren beiden Kindern bildet sich auf dem Gehweg ab.
APA/dpa/Peter Kneffel
APA/dpa/Peter Kneffel
Wirtschaft

Rückfall in klassische Geschlechterrollen

Die Pandemie hat weiterhin Auswirkungen auf die Beschäftigungslage – besonders für Frauen: Arbeitsmarktexpertin Silvia Hofbauer beobachtet einen Rückfall in klassische Geschlechterrollen. Ähnliches zeigt eine aktuelle Wiener Umfrage.

Die repräsentative Befragung unter mehr als 3.000 Frauen in Wien ging laut Frauenstadträtin Kathrin Gaal (SPÖ) nicht nur den direkten Folgen der Pandemie nach, sondern auch Themen wie die Ungleichverteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit.

Unbezahlte Heimarbeit

Die CoV-Pandemie hat demnach alte Rollenbilder verfestigt. Belastet fühlen sich junge Frauen und Mädchen genauso wie Mütter, die zusätzlichen Betreuungsaufwand – oft mit Home Schooling – bewältigen mussten. Stark zeigte sich die Betroffenheit bei Alleinerzieherinnen.

Frauen in Wien: Große Umfrage gestartet

Die Pandemie hat viele Frauen besonders hart getroffen: Viele Wienerinnen sind in veraltete Rollenbilder zurück gedrängt worden: Nun startet die Stadt eine großangelegte Umfrage zur Situation von Frauen in Wien.

Auch Vollzeit berufstätige Frauen managen oft die unbezahlte Arbeit – also Kinderbetreuung, Hausarbeit und Pflege von Angehörigen – laut der Befragung zu einem großen Teil allein, mussten bzw. müssen also eine Mehrfachbelastung bewältigen. Ältere Frauen haben in der Pandemie häufig mehr Zeit zu Hause verbracht und auf Möglichkeiten des Aufenthalts im öffentlichen Raum verzichtet.

„Alte Verhaltensmuster"

Arbeitsmarktexpertin Hofbauer von der Arbeiterkammer Wien sieht in einem APA-Gespräch ähnliche Schieflagen: Frauen hätten insbesondere nach der wirtschaftlich schwierigen Pandemie Probleme, wieder in die Arbeitswelt einzusteigen. Die aktuellen Statistiken: Derzeit sind Personen 376.861 arbeitslos oder in Schulungen, genau ein Jahr zuvor waren es 508.923; die Kurve zeigt also nach unten. Die Langzeitarbeitslosigkeit sei aber nach wie vor hoch, erklärte Hofbauer.

Internationaler Frauentag

Am 8. März ist der internationale Frauentag. Er findet seit einem Beschluss der Generalversammlung der Vereinten Nationen im Dezember 1977 weltweit an diesem Tag statt.

Der Anteil an Langzeitarbeitslosen oder -beschäftigungslosen unter den arbeitslosen Frauen beträgt laut AMS im derzeit 38,2 Prozent und ist damit höher als bei den Männern mit 32,7 Prozent.

Hofbauer spricht in diesem Zusammenhang von einem „Rückschritt in alte Verhaltensmuster“. So seien Frauen bereits vor der Pandemie diejenigen gewesen, die ihre Arbeitszeit für die Kinderbetreuung reduzierten und in Karenz gingen. Haushalt und Kinder seien während der Corona-Krise noch mehr auf die Frauen zurückgefallen, die auch häufiger im Homeoffice arbeiteten.

Zwei Frauen am Informationsschalter in einem Gebäude des Arbeitsmarktservice (AMS).
APA/HERBERT PFARRHOFER
Die familiäre Rollenverteilung wirkt sich auch auf die Arbeitslosigkeit von Frauen aus

War die Kinderbetreuung nicht klar geregelt, weil Schulen und Kindergärten unvorhergesehen schlossen, konnten Frauen ihre Beschäftigungen nicht wieder aufnehmen oder sich eine suchen. „Auch von außen wird das zur Aufgabe der Frauen gemacht“, berichtete Hofbauer. Kindergarten und Schulen hätten sich an Mütter anstatt an Väter gewandt.

Knackpunkt Kinderbetreuung

Bei Branchen wie Gastronomie und Tourismus – in denen überwiegend Frauen arbeiten – gebe es derzeit große regionale Unterschiede, so die AK-Expertin. Während viele Hotels nach Arbeitskräften suchen würden, habe die Stadthotellerie in Wien weiterhin große Probleme. Diese Situation werde sich durch den Krieg in der Ukraine weiter verschlechtern.

Die Pandemie würde Themen, die für Frauen immer schon schwierig waren, noch problematischer machen, so Hofbauer. Frauen mit Kindern würden unter der vor allem in ländlichen Gegenden nicht optimalen Kinderbetreuungssituation leiden. Sie seien weniger flexibel und könnten beispielsweise nicht einfach ein halbes Jahr lang in einem von ihrem Wohnort weit entfernten Hotel arbeiten. Auch hätte nicht jede Familie zwei Autos, somit wird im ländlichen Raum auch die Mobilität beim Wiedereinstieg zum Problem.

Arbeitsmarkt umgestalten

Der Rückfall in alte Geschlechterrollen sei bis heute spürbar, erklärte Hofbauer, es brauche noch „einiges an Unterstützungsarbeit für die Frauen“. Die Gesellschaft müsse erkennen, dass es schwierig sei, in der Arbeitswelt Anschluss zu finden, wenn man lange zu Hause geblieben ist oder in geringer Teilzeit gearbeitet hat. Hofbauer spricht hier von einem „Weg in die Altersarmut“. Sie plädierte für einen Ausbau der Kinderbetreuung, Ausbildungsgeld und Motivation für Mädchen, weniger gängige und besser bezahlte Berufe zu ergreifen.

Mit Ausbildungsprogrammen und der CoV-Joboffensive habe man bereits während der Krise versucht, der negativen Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt entgegenzuarbeiten. „Damit darf man aber auch jetzt nicht aufhören, diese Perspektiven muss es weiterhin geben“, sagte Hofbauer. Die Angebote müssten so gestaltet werden, dass sie auch für Frauen zugänglich sind.