KULTUR

Benefizlesung: Worte gegen den Krieg

Mit einer Benefizlesung hat das Volkstheater dem russischen Angriff auf die Ukraine Literatur entgegengesetzt. Die Texte kamen von ukrainischen und russischen Autoren und von Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek.

„Wir dürfen nicht neutral bleiben!“, appellierte Autor Martin Pollack eingangs. Die Bilder aus der Ukraine seien peinigend und kaum erträglich, so Pollack. Er kritisierte die von Putin betriebene Täter-Opfer-Umkehr, wobei behauptet werde, dass Russland von der Ukraine angegriffen werde. Dabei entscheide sich derzeit das Schicksals Europas und der Demokratie. Autoren hätte keine Waffen, sondern Worte, die sie einsetzen sollten, pochte er.

Der Veranstaltungstitel „Der Krieg ist wie Giftmüll im Fluss“ stammt von dem ukrainischen Schriftsteller Serhij Zhadan. Fortgesetzt wird das Zitat mit „er erreicht jeden, der in Flussnähe wohnt“. Das Wiener Volkstheater hat der Krieg in der Ukraine zumindest auf emotionaler Ebene erreicht – zwischen gedimmten Lichtern, drückender Stille abseits der Lesungen und der meist schwarzen Kleidung der Lesenden herrschte eine andächtige Atmosphäre. Die Schriftsteller auf der Bühne waren teils zu Tränen gerührt.

„Worte gegen den Krieg“

Am Freitag sind im Wiener Volkstheater bekannte österreichische Autorinnen und Autoren aus Solidarität mit der Ukraine aufgetreten, darunter Christoph Ransmayr, Maja Haderlap und Franz Schuh.

Texte aus der Ukraine

Sichtlich berührt las die ukrainische Schriftstellerin Tanja Maljartschuk einen Text ihres Freundes Artem Tschech. Aus der Ukraine habe er ihr geschrieben, sie möge auch ein bisschen Liebe beimengen, obwohl der Krieg „viel Böses in uns hineingebracht“ habe. Ferdinand Schmalz las Zhadans „Luhansker Tagebuch“ und ermöglichte damit Einblicke in die Situation des Jahres 2015: Zhadan beschreibt eine von einem Geschoß getroffenen Schule und Bibliothek. Auch die Bücher hätten niemanden zur Einsicht gebracht.

Doron Rabinovici las aus „Vom Mut, zu bleiben“ des belarussischen Autors Viktor Martinowitsch. Dieser nennt sich selbst einen „Mensch, den es nicht gibt“. Alle Medien, in denen seine Bücher früher besprochen wurden, seien geschlossen worden, er lebe unter Angst, verhaftet zu werden. Dass sich nicht sämtliche Russen von Putins Propaganda – wie es Pollack beschrieb – verleiten lassen, zeigte Christoph Ransmayr. Der Autor las aus „Der fünfte Tag des Krieges“ des Russen Maksim Osipov. Dieser verurteilte den Krieg mit Bezug auf die Geschichte von Kain und Abel als Brudermord.

Und auch heimische Autoren schreiben gegen den Krieg an. Elfriede Jelinek legte ihren Text „Brüder, Schwestern, es brennt!“ vor, der von Anna Rieser aus dem Ensemble des Volkstheaters gelesen wurde. Die Literaturnobelpreisträgerin schreibt darin vom Krieg in Europa als etwas, das nicht gedacht werden konnte, beschreibt die Situation von flüchtenden Ukrainerinnen, die nichts mitnehmen können und Männern, die ohne Erfahrung kämpfen müssen. Den Hilflosen, die alles verlieren, helfen – das sei nun unsere Aufgabe, appellierte Jelinek.