Eine Frau sitzt auf dem Bett, ihren Kopf auf ihre Arme gestützt
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Coronavirus

Komplizierte Hilfe gegen „Long Covid“

„Long Covid“, also die Spätfolgen einer Covid-19-Erkrankung, umfasst mehrere Symptomkomplexe. Rund zehn Prozent aller Infizierten leiden unter „Long Covid“. Zwar gibt es schon spezielle Ambulanzen, aber die Wartezeiten sind lang.

Erschöpfung, die es nicht mehr erlaubt, den Alltag zu bewältigen: Das ist eine der „Long Covid“-Folgen, die in speziellen Ambulanzen behandelt werden. Es gibt im AKH eine „Long Covid“-Ambulanz der Neurologie und eine „Long Covid“-Ambulanz der pulmologisch-kardiologischen Abteilung, eine in der Klinik Hietzing und eine für Kinder in der Klinik Ottakring. Laut Wiener Gesundheitsverbund wurden seit Pandemiebeginn mehr als 16.000 Covid-19-Patienten oft über Wochen hinweg behandelt. Wer über den Zeitraum eines positiven Testergebnisses hinaus Behandlung braucht, gilt als „Long Covid“-Patient.

Anlaufstelle Nummer eins sind die praktischen Ärztinnen und Ärzte. Die meisten Erkrankten durchlaufen die Infektion zu Hause. Treten danach Symptome auf, werden sie von Haus- und Fachärzten in eine der Kliniken des Wiener Gesundheitsverbundes überwiesen. Diese fungieren als Drehscheibe einer „risikoadaptierten Nachsorge“. Die Abteilung für Atemwegs- und Lungenkrankheiten der Klinik Penzing verfügt etwa über eine Nachsorgestation für CoV-Intensivpatienten, die noch nicht nach Hause gehen können.

Spezieller Fragebogen für Hausärzte

Das Krankheitsbild „Long Covid“ ist sehr komplex. In der Fachliteratur werden laut Gesundheitsverbund mehr als 200 Symptome aufgelistet. Um Ärzten die Diagnose zu erleichtern, stellt die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) einen Fragebogen zur Verfügung. Damit wird die Einschätzung des Gesundheitszustandes nach einer Covid-19-Erkrankung erleichtert. So wird etwa das persönliche Befinden vor, während und nach der Infektion in Verbindung mit Symptomen wie Schwindel, sexuelle Störungen und Kurzatmigkeit abgefragt.

Je nach Beschwerdebild werden Patienten dann an die richtigen Anlaufstellen der entsprechenden Fachabteilungen und Fachambulanzen im Wiener Gesundheitsverbund überwiesen. Zumeist handelt es sich um die Kardiologie, die Pulmologie und die Neurologie. Es kann natürlich vorkommen, dass sich durch Covid-19 bestehende Grunderkrankungen, wie etwa rheumatologische Erkrankungen, verschlechtern. Das heißt, hier sind wieder jeweils andere Fachabteilungen gefragt.

Ein Therapieraum der Platz für Gruppentherapie bietet
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Viele Formen der Hilfe gegen „Long Covid“

„Long Covid“-Ambulanz für Kinder in Ottakring

Bei Kindern ist die Diagnose schwieriger als bei Erwachsenen. Daher müssen Kinderärzte zuerst die Beschwerden abklären. Erst wenn die Symptome auf „Long Covid“ hindeuten, wird zuerst in eine allgemeine Kinderambulanz zur weiteren Abklärung überwiesen. Erst danach folgt die Überweisung in die „Long Covid“-Kinderambulanz in Ottakring.

Der komplizierte Weg der Abklärung ist deshalb notwendig, weil ausgeschlossen werden muss, dass keine anderen Erkrankungen hinter den Symptomen stecken. Aktuell werden in der Ambulanz in Ottakring 20 bis 30 Kinder wegen „Long Covid“ behandelt, wobei es noch kein Medikament zur Behandlung gibt. Vielen hilft aber schon die Diagnose, viele Betroffene reagieren dann erleichtert. In der Kinderambulanz werden, falls nötig, auch eine Überweisung in die Reha-Klinik und Bestätigungen für die Schule ausgestellt.

Teilnahme an Studien wird empfohlen

Derzeit sind 23 Post-Covid-Patientinnen und -patienten auf Intensivstationen und 68 auf Normalstationen im Wiener Gesundheitsverbund in Behandlung. Alle betroffenen Fachabteilungen im Wiener Gesundheitsverbund sind eng vernetzt mit den Studienzentren. Die Teilnahme an Studien ist freiwillig. Patienten, die aufgrund ihrer Covid-19-Erkrankung im Wiener Gesundheitsverbund behandelt wurden, wird sie immer empfohlen.

Je nach Fachrichtung erfolgt die Nachbeobachtung durch verschiedene Screenings, Untersuchungen und Evaluierungsgespräche. Die Studienzentren leisten einen unverzichtbaren Beitrag für zunehmenden Erkenntnisgewinn im Zusammenhang mit Covid-19 und „Long Covid“.

Teilnehmerinnen einer Reha nach einer Corona-Erkrankung, drei Frauen auf Gymnastikbällen
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„Long Covid“ überwinden in der Reha

Stabilisierung durch Neubeginn im Alltag

Ein neues ambulantes Programm für „Long Covid“-Patienten bietet die III. Medizinische Abteilung für Innere Medizin und Psychosomatik am Barmherzige-Schwestern-Krankenhaus-Wien in Mariahilf. Hier wird das Angebot der Vinzenz Gruppe aus stationärer und intensivmedizinischer Behandlung sowie Rehabilitation um ein ambulantes Post-Covid-Programm mit medizinischer, psycho- und physiotherapeutischer Komponente als letzter Schritt im Genesungsprozess angeboten.

„Die aktuelle Covid-19-Pandemie ist in sozialer, körperlicher und mentaler Hinsicht eine große Herausforderung für jeden einzelnen. Besonders belastend ist sie für Patientinnen und Patienten, die die Erkrankung selbst durchgemacht haben“, beschreibt Primaria Dr.in Larisa Dzirlo, Vorständin der III. Medizinischen Abteilung. Das Post-Covid-19-Programm für Patientinnen und Patienten findet zweimal pro Woche ambulant von 8.30 bis 15.30 Uhr statt und erstreckt sich über sechs Wochen.

Es besteht aus psychotherapeutischen Modulen, medizinischer Visite, körperlicher Betätigung (Training), Entspannung und Einzelpsychotherapie. „Aus unserer bisherigen Praxis bzw. aus der internationalen Literatur ist bekannt, dass Patientinnen und Patienten, die an Covid-19 erkrankt sind, eine hohe Rate an Angststörungen, Depressionen, Panikattacken oder einem posttraumatischen Stresssyndrom aufweisen“, so Primaria Dzirlo.