Zahlreiche Grabkerzen rund um einen Baum, am Fundort der Leiche
APA/Herbert Neubauer
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Chronik

Fall Leonie: Verfahren könnten getrennt werden

Weil die Auslieferung des vierten Verdächtigen im Fall der toten 13-jährigen Leonie noch andauert, wollen die Anwälte der Hinterbliebenen eine schnellere Verfahrensabwicklung erwirken.

Florian Höllwarth und Johannes Öhlböck haben deshalb die Trennung des Verfahrens nach § 27 Strafprozessordnung (StPO) angeregt. Für die Familie sei die Verzögerung eine „unzumutbare Belastung“. Die Staatsanwaltschaft kann auf Antrag des Beschuldigten oder von Amts wegen nämlich anordnen, dass das Ermittlungsverfahren wegen einzelner Straftaten oder gegen einzelne Beschuldigte getrennt zu führen ist, um Verzögerungen zu vermeiden oder die Haft eines Beschuldigten zu verkürzen.

Vergewaltigung mit Todesfolge

Die Privatbeteiligtenvertreter Höllwarth und Öhlböck können dies nur anregen. Das bedeutet, dass das Verfahren zunächst gegen die drei in Österreich inhaftierten Verdächtigen verhandelt wird und gegen den Viertangeklagte zu einem späteren Zeitpunkt prozessiert wird. Eine Option, die laut Sprecherin der Behörde, Nina Bussek, nicht auszuschließen ist, wenn die Ermittlungsergebnisse abgeschlossen, aber eine Auslieferung nicht absehbar sei.

Denn laut § 9 StPO hat jeder Beschuldigte Anspruch auf Beendigung des Verfahrens innerhalb angemessener Frist. Das Verfahren sei „stets zügig und ohne unnötige Verzögerung durchzuführen“. Verfahren, bei denen sich Beschuldigte in Haft befinden, sind „mit besonderer Beschleunigung zu führen“, heißt es im Gesetzestext.

Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt in diesem Zusammenhang gegen insgesamt vier Afghanen wegen Vergewaltigung mit Todesfolge. Während drei im Alter zwischen 16 und 23 Jahren in Österreich in Haft sind – zwei sind in Wien in Untersuchungshaft, ein dritter aufgrund einer Verurteilung wegen anderer Delikte in Strafhaft –, war der Vierte nach England geflohen. Ende Juli 2021 wurde er festgenommen und sitzt seitdem in Auslieferungshaft, wogegen er im Jänner 2022 Rechtsmittel einlegte – mehr dazu 13-Jährige getötet: Auslieferung verzögert sich.

Anwältin eines Verdächtigen dagegen

Es sei derzeit nicht absehbar, wann die britischen Behörden dem Auslieferungsantrag der Staatsanwaltschaft Wien nachkommen werden bzw. können, argumentierten die Anwälte der Hinterbliebenen in ihrer Anregung. Auch wenn es verfahrenstechnisch ökonomisch sei, gegen alle Beschuldigten ein gemeinsames Verfahren zu führen, sei aber die Aussage des Viertbeschuldigten für „eine schuld- und tatangemessene Verurteilung der übrigen Beschuldigten nicht notwendig“.

Ein Argument, das Astrid Wagner, die Anwältin des jüngsten Beschuldigten, nicht gelten lässt. Das Verfahren stehe in „untrennbarem Zusammenhang“. Ihres Erachtens hänge das Beweisverfahren von den wechselseitigen Aussagen der Beschuldigten ab.

Bewusstloses Mädchen an einen Baum gelehnt

Die 13-Jährige aus dem niederösterreichischen Bezirk Tulln soll den bisherigen Ermittlungen zufolge am 25. Juni den jüngsten Verdächtigen am Donaukanal getroffen haben, wo sie Ecstasy verabreicht bekommen haben soll. Dann soll sie vom dem vorgeblich 16-Jährigen in die Wohnung eines 18-Jährigen gebracht worden sein. Dort wurden dem Mädchen angeblich weitere Drogen verabreicht. Mindestens zwei der vier Verdächtigten sollen sie vergewaltigt haben.

Als die 13-Jährige das Bewusstsein verlor, wurden die Männer nervös. Sie dürften ihr Milch und Joghurt eingeflößt und sie unter eine Dusche gehalten haben. Doch der junge Teenager zeigte keine Lebenszeichen mehr. Sie sollen das Mädchen daraufhin in einen Teppich gewickelt und auf einem Grünstreifen an einen Baum gelehnt haben. Passanten entdeckten am nächsten Morgen die Leiche.