Im Forschungsprojekt GeoTief Wien wurde ein detailliertes 3D-Modell vom Wiener Untergrund erstellt. Das Modell zeigt die unterschiedlichen Gesteinsschichten unter der Stadt. Mit dem Aderklaaer Konglomerat, rund 3.000 Meter unter der Erde, konnte das Forcshungsteam ein vielversprechendes Heißwasservorkommen identifizieren. Dieses will Wien Energie für Tiefe Geothermie und damit die umweltfreundliche Wärmeversorgung in Wien nutzen.
Wien Energie/APA-Auftragsgrafik
Wien Energie/APA-Auftragsgrafik
Chronik

Raus aus Gas: Wien lernt von München

München hat bereits sechs Geothermiekraftwerke, wo mit Thermalwasser aus 3.000 Metern Tiefe Fernwärme erzeugt wird. Wien plant ebenfalls solche Kraftwerke, nun wurde ein Kooperationsabkommen zwischen München und Wien abgeschlossen.

Sechs Geothermiekraftwerke betreibt München bereits, zwölf weitere sind in Planung. Bis 2040 will die bayrische Metropole Fernwärme ausschließlich mit Geothermie erzeugen. In Wien gibt es bis jetzt einen Forschungsstandort in der Donaustadt, wo Thermalwasser gefördert wird. Die Wiener Stadtwerke sind bereits an der Detailplanung des ersten Wiener Geothermiekraftwerks dran. Auch hier hat man mit dieser grünen Energieform viel vor: Bis 2040 soll ein Drittel der Wiener Haushalte so geheizt werden – mehr dazu in Großes Heißwasservorkommen unter Wien (wien.ORF.at).

Kooperationsabkommen unterzeichnet

Eine Delegation der Stadt Wien mit Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke unterzeichnete in München nun ein Kooperationsabkommen. Ziel ist es, Wissen auszutauschen. Aus Wiener Sicht ist vor allem das Know-how Münchens bei der Errichtung von Geothermiekraftwerken interessant.

Geothermie: Neue Technologie

Die Abhängigkeit von russischem Gas hat der Krieg in der Ukraine verdeutlicht. Aufgrund dessen sucht man nach Alternativen. Geothermie ist eine relativ neue Technologie, bei der heißes Thermalwasser für die Fernwärme genutzt wird.

Die Stadt München verfolgt bereits seit 2012 den Auf- und Ausbau dieser Energiegewinnung. Jährlich werden rund eine Milliarde Euro in den Ausbau alternativer Kraftwerke investiert, der Großteil der Mittel fließt in die Geothermie. Hohe Entstehungskosten also. Laut dem Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter im „Wien heute“-Interview soll sich diese Investition aber mittel- und langfristig lohnen. Denn nach der Errichtung sind die Betriebskosten vergleichsweise niedrig.

Wien hingegen hat laut Hanke einen Wissensvorsprung im Bereich öffentlicher Verkehr und Digitalisierung und kann das in die Kooperation einbringen. In den nächsten Wochen sollen Expertenarbeitsgruppen in mehreren Bereichen eingerichtet werden.

„Grüne“ Energie aus der Tiefe

Die Delegation der Stadt Wien besichtigte in München auch ein erst vergangenes Jahr fertiggestelltes Geothermiekraftwerk. Rund 80.000 Menschen werden von dieser Anlage mit Fernwärme versorgt. Aus 2.000 bis 3.000 Meter Tiefe wird über sechs Bohrlöcher heißes Thermalwasser gefördert und abgekühltes Wasser wieder zurückgepumpt. Dazwischen wird die Energie entnommen und ins Fernwärmenetz eingespeist. So der sehr vereinfachte Ablauf der Energiegewinnung.

Abhängigkeit von russischem Gas

Sowohl Wien als auch München haben schon vor Längerem beschlossen, bis 2040 klimaneutral zu sein und aus der Abhängigkeit von Gas aussteigen zu wollen. Das hat nun durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine neue Dringlichkeit bekommen. Denn beide Städte beziehen bis zu 80 Prozent ihres Gasverbrauchs aus Russland.

Im städtischen Bereich kann man die Abhängigkeit von Gaslieferungen reduzieren. Die Fernwärmeerzeugung etwa soll weitgehend auf Geothermie umgestellt werden. Auch Wärmepumpen sollen in Wien bis 2040 eine bedeutende Rolle einnehmen. Ein erstes Vorzeigeprojekt, bei dem warmes Abwasser der Simmeringer Kläranlage in Fernwärme umgewandelt werden soll, startete Ende Februar – mehr dazu in Wärme aus Klärwasser für 112.000 Haushalte (wien.ORF.at).

Weitgehend ungeklärt ist aber noch die Situation bestehender Gasheizungen in privaten Häusern oder Wohnungen. Denn in Wien wird noch rund die Hälfte der Haushalte mit Gas geheizt. In München sind es gar bis zu 75 Prozent. Hier wird es wohl staatliche Anreize brauchen, um einen Umbau auf nachhaltige Wärmesysteme wie etwa Wärmepumpen attraktiv zu machen.