Handwerker mit Leiter
ORF.at/Dominique Hammer
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Wirtschaft

Wirtschaft hat zu wenige Fachkräfte

Der Wiener Wirtschaft fehlt es an qualifiziertem Personal. Für Arbeitgeber herrscht Alarmstufe Rot. Nicht nur die Gastronomie ist betroffen. Besonders gefragt sind Handwerker und IT-Kräfte.

Im Februar 2022 lag die Arbeitslosenquote in Österreich bei rund sieben Prozent, deutlich besser als noch im Vorjahr. Arbeitnehmer haben derzeit eher gute Aussichten, einen Job zu finden, denn es gibt genügend Jobs. Auf der anderen Seite stehen aber viele Arbeitgeber vor einem Problem: Es gibt zu wenig qualifiziertes Personal. Zu sehen etwa am Beispiel einer Bäckerei in der Wiener Operngasse: geschlossen wegen Personalmangels.

Das ist kein Einzelfall, neben dem Handel haben etwa auch die Gastro-Betriebe zu kämpfen. Gastronom Bernd Schlacher, Chef der Motto-Betriebe: „Es hat vorher (…) einen enormen Fachkräftemangel gegeben. Und es fallen jetzt alle, die keinen Job hatten, auch die Studenten, natürlich weg. Die haben sich natürlich alle einen anderen Job gesucht. Es hat ja auch keine Kurzarbeit gegeben für die Studenten, die geringfügig Beschäftigten. Also es ist Alarmstufe rot.“

Computer und Bildschirme im Rechenzentrum Wien
ORF
So mancher IT-Arbeitsplatz bleibt unbesetzt

Es fehlt an gut ausgebildeten Menschen

Die Pandemie verstärkte das Problem zweifelsohne, doch die Wiener Wirtschaft leidet unter einem strukturellen Problem. Es fehlt grundsätzlich an Fachkräften, wie auch der Chef des Baukonzerns Porr, Karl-Heinz Strauss, betonte: „Bei uns ist es so: Bauen ist people business. Das heißt, wir brauchen gut ausgebildete Kollegen und Kolleginnen. Wir brauchen Betonbauer (…), Zimmerer, Asphaltierer, Brunnenbauer bis hin zum kaufmännischen Personal. Das ist nicht genug, was derzeit der Markt hergibt.“

Laut einer Studie des Instituts für Bildungsforschung der Wirtschaft im Auftrag der Wirtschaftskammer Österreich aus dem Vorjahr war es für 45 Prozent der Unternehmen am schwierigsten, Kollegen mit Lehrabschluss zu finden. Bei der Anforderung Höhere Berufsbildung, also Meister, Werkmeister, Fachakademien, waren es 23 Prozent, für 24 Prozent war die Suche nach HTL-Absolventen am schwierigsten und für 22 Prozent die Suche nach Menschen mit Fachhochschul-Abschluss.

Glaube an Besserung nicht sehr ausgeprägt

Fast jedes zweite Unternehmen in Wien glaubt demnach, dass der Mangel an Fachkräften künftig sehr stark zunehmen wird. Jeder fünfte meint, dass dieser etwas zunehmen wird. Aktuell sind vom Personalmangel in Wien besonders betroffene Branchen

  • Handwerksberufe (36 Prozent der Betriebe sind selbst stark betroffen)
  • Techniker und Technikerinnen allgemein (24 Prozent der Betriebe)
  • Techniker und Technikerinnen im IT/IKT-Bereich (26 Prozent der Betriebe). Hier ist der Mangel in Wien eklatant höher als im Österreichschnitt mit 13 Prozent
  • Verkauf/Handel (15 Prozent der Betriebe)
  • Gastgewerbe/Fremdenverkehr (8 Prozent der Betriebe)

Wenig Nachfolger für Baby-Boomer in Pension

Nach Branchen gerechnet gibt es also am häufigsten im Handwerk und in technischen Berufen ein Überangebot an Stellen. In Wien ist es speziell die IT-Technik, wo man verzweifelt nach Personal sucht. „Der wirkliche und auch reale und auch statistisch belegbare Grund für einen Fachkräftemangel ist die demographische Entwicklung. Die können wir nicht wegdiskutieren, die können wir auch kurzfristig nicht ändern, die ist so wie sie ist“, sagte Maria Smodics-Neumann von der Wirtschaftskammer.

Konkret bedeutet dies, dass die Baby-Boomer, also die geburtenstarken Jahrgänge, nun kurz vor der Pension stehen. Aktuell aber kommen nur weniger Fachkräfte nach. Wirtschaftsforscher machen dafür auch die Hire-and-Fire-Mentalität mancher Betriebe verantwortlich, die sich nun eben räche. Aber das Problem sei prinzipiell lösbar. Man müsse das Personal eben gut aus- und weiterbilden sowie langfristig an die Betriebe binden.