UKRAINE-KRIEG: TAGESZENTRUM DER CARITAS AM ERSTE BANK CAMPUS
APA/ROLAND SCHLAGER
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SOZIALES

Neues Tageszentrum für Flüchtende

Die Caritas der Erzdiözese Wien hat am Mittwoch ein Tageszentrum für ukrainische Flüchtlinge am Wiener Hauptbahnhof eröffnet. In einem Gebäude des Erste Campus sollen Menschen, die auf die Weiterreise warten, tagsüber zur Ruhe kommen können.

„Derzeit kommen Hunderte Menschen am Hauptbahnhof an, die teilweise mehrere Stunden warten, bis sie weiterreisen können“, berichtete Caritas Wien-Geschäftsführer Klaus Schwertner. „Die Not, das Leid und die Verzweiflung in der Ukraine verschärft sich stündlich, die Lage ist dramatisch“, sagt er und sprach von der „schnellst anwachsende Flüchtlingskatastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg“.

Warme Speisen und Kinderbetreuung

Man könne im Tageszentrum in der Canettigasse 5 gleichzeitig etwa 150 Menschen betreuen, die Rede sei vor allem von Frauen, kleinen Kindern, aber auch älteren Menschen, sagte Schwertner im Gespräch mit der APA. Er ging davon aus, dass es ihm zwischen 7.00 und 19.00 Uhr geöffneten Zentrum eine Art Schichtbetrieb geben werde und die Anzahl der betreuten Personen somit deutlich größer als die Maximalbelegung zu einem konkreten Zeitpunkt sein werde.

„Wir versuchen hier, ihnen die Wartezeit möglichst gut zu gestalten“, betonte der Caritas-Vertreter. Abgesehen vom Aufenthalt im Warmen gebe es warme Mahlzeiten, SOS Kinderdorf habe eine Kinderbetreuung eingerichtet, erzählte er. Betrieben werde dieses Tageszentrum von Mitarbeitern der Erste Bank sowie von Freiwilligen der Caritas, schilderte er.

„Hier haben sie die Möglichkeit, sich auszurasten, auf Anschlusszüge zu warten und auch verpflegt zu werden“, wandte sich der Botschafter auf Ukrainisch an Frauen und Kinder in der ÖBB Lounge. Er wisse, dass es die Situation für alle schwierig sei, aber man mache das Mögliche, sagte er und brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, dass eine Rückkehr in die Heimat bald möglich würde. „Alles ist gut! Vielen Dank!“, reagierte eine Frau mittleren Alters. Chymynez verabschiedete sich schließlich mit einem patriotischen „Ruhm der Ukraine!“ und erntete von den anwesenden Frauen laut und deutlich die übliche Replik „Den Helden Ruhm!“.

Fotostrecke mit 4 Bildern

UKRAINE-KRIEG: UKRAINISCHER BOTSCHAFTER BEI …BB-LOUNGE F†R ANKOMMENDE FL†CHTLINGE
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Der Botschafter der Ukraine Vasyl Khymynets (Mitte), der Geschäftsführer der Caritas der Erzdiözese Wien, Klaus Schwertner (links) sowie ÖBB-Chef Andreas Matthä (rechts) bei einem Besuch der Einrichtungen
UKRAINE-KRIEG: UKRAINISCHER BOTSCHAFTER BEI …BB-LOUNGE F†R ANKOMMENDE FL†CHTLINGE
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Die Menschen werden dort mit Speisen Getränken und Mahlzeiten
UKRAINE-KRIEG: TAGESZENTRUM DER CARITAS AM ERSTE BANK CAMPUS
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Die Kantine im Canetti-Tower steht normalerweise den Mitarbeiter*innen der Erste Group zur Verfügung. Jetzt finden hier bis auf weiteres ukrainische Geflüchtete einen Rückzugsort mit warmer Verpflegung
UKRAINE-KRIEG: UKRAINISCHER BOTSCHAFTER BEI …BB-LOUNGE F†R ANKOMMENDE FL†CHTLINGE
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Betreuung von auf die Weiterreise wartenden Ukrainerinnen und Ukrainern am Wiener Hauptbahnhof ist eine Kooperation von Caritas, Erste Bank und SOS Kinderdorf

52.000 Kriegsflüchtlinge mit Zügen der ÖBB angekommen

Die meisten Ukrainerinnen und Ukrainer, die in den letzten Tagen in Wien angekommen sind, reisten derzeit noch weiter und der Wiener Hauptbahnhof fungiere vor allem als „Drehscheibe und Durchgangsstation“, erläuterte am Mittwoch der Chef der ÖBB-Holding AG, Andreas Matthä. Seit Kriegsbeginn haben die ÖBB mit Stand von Dienstag mehr als 52.000 aus der Ukraine Vertriebene mit den ÖBB befördert, alleine am Dienstag waren es 49 Züge mit rund 3.700 Vertriebenen.

„Wir nehmen in unseren Zügen die Vertriebenen mit und versorgen sie bereits im Zug mit Wasser, hier hatte es einen Mangel gegeben“, erklärte Matthä im Gespräch mit der APA. Am Hauptbahnhof sei die Caritas die erste Anlaufstelle, die sich insbesondere auch um Unterbringung kümmere. Die ÖBB selbst habe Warteräume und zusätzliche Möglichkeiten mit der Lounge aufgebaut. „Sie ist für Mütter und vor allem Kinder vorbereitet, die hier ein bisschen spielen und damit aus der Bahnhofssituation wegkommen können“, sagte er.

Flüchtlinge am Hauptbahnhof Wien
ORF
Die meisten Flüchtenden reisen vom Wiener Hauptbahnhof in ein anderes Land weiter

Derzeit würden die meisten Ukrainerinnen und Ukrainer noch weiter reisen und sie könnten bei der ÖBB dafür eine Ticket lösen, das gratis sei. „Wir haben auch gelernt, dass dieses Ticket für die Betroffenen ein Stück Sicherheit bedeutet. Das ist ein Papier, das man in der Hand hält, und auf dem dann etwa ‚München‘ steht“, erzählte der ÖBB-Spitzenmanager.

„Ukrainerinnen keine Angst vor Polizei“

„Wir leben die Tradition ‚Sicherheit und Fürsorge‘“, versicherte der ÖBB-Spitzenmanager dem ukrainischen Botschafter. Auch die Polizei agiere sehr hilfsorientiert, betonten Matthä und Schwertner unisono. „Unsere Ukrainer haben keine Angst vor der Polizei. Wenn sie Polizeipräsenz hier sehen, fühlen sie sich sicher“, sagte der Botschafter.

Während seines Rundgangs am Bahnhof wurde Chymynez wiederholt von gerade angekommenen Ukrainerinnen angesprochen, die über ihre Pläne und Probleme erzählten. „Ich bin gerade dabei, ein Visum für Großbritannien zu besorgen“, schilderte etwa eine Frau aus Krywyj Rih, der Heimatstadt von Präsident Wolodymyr Selenskyj.

Viele Fragen zur Registrierung noch offen

Dass viele Fragen offen sind, verdeutlichen auch die Fragen der aus Odessa geflohenen Sozialarbeiterin Oleksandra. Sie war vergangene Woche in Wien angekommen und ist derzeit im Wiener Hotel Ananas untergebracht, das 450 Zimmer für Vertriebene aus der Ukraine geöffnet hat. Oleksandra wollte von einem Caritas-Vertreter wissen, wann sie mit nötigen Registrierungspapieren rechnen könne. Dieser versicherte, dass dies wohl bald geschehen würde. Sie müsse sich keine Sorgen machen, man kümmere sich hier in Österreich um Notfallunterkünfte und Verpflegung, beruhigte der Caritas-Vertreter.

Die Geschäftsführerin von SOS Kinderdorf, Nora Deinhammer, hat am Mittwoch an österreichische Entscheidungsträger appelliert, sich in Hinblick auf die große Anzahl zu erwartender Kindergarten- und Schulkinder aus der Ukraine auf Herausforderungen im Bildungssektor vorzubereiten.

„Es ist ganz wichtig, dass ukrainische Experten, Psychologen und Lehrer rasch die Möglichkeit erhalten, ihre Qualifikation hier anerkennen zu lassen“, sagte sie bei einer Pressekonferenz in Wien. Konkrete Gespräche mit verantwortlichen Politikern in Bezug auf die Anerkennung von ukrainischen Qualifikation habe sie noch keine geführt. Dies sei einstweilen ein Appell von SOS Kinderdorf, erläuterte sie.