Fahrgastanzeige im Inneren einer Straßenbahn vom Typ Ulf
Wiener Linien/Johannes Zinner
Wiener Linien/Johannes Zinner
Verkehr

Neue Bim-Linie 72 bis nach Schwechat

Wien und Niederösterreich werden mit einer neuen Straßenbahnlinie miteinander verbunden. Die Linie 72 soll von Simmering nach Schwechat führen. Das kündigten die Landeshauptleute von Wien und Niederösterreich am Freitag an. Auch sollen weitere Park-&-Ride-Anlagen gebaut werden.

Schon in drei Jahren könnte der Fahrbetrieb aufgenommen werden. Die Planung für die Linie 72 sei großteils abgeschlossen, hieß es bei einer gemeinsamen Pressekonferenz von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Insgesamt soll die neue Straßenbahnlinie 6,4 Kilometer lang sein.

Neu gebaut werden müssen dafür 2,75 Kilometer, 1,75 Kilometer davon in Niederösterreich. In Schwechat wird der Europaplatz Endstation sein. Allerdings gebe es aktuell noch keine Finanzierungszusage des Bundes für den Ausbau der 2,6 Kilometer langen Strecke. Hier kündigten Ludwig und Mikl-Leitner noch Gespräche mit dem Bund an.

„MOBILITÄTSMASSNAHMEN IN WIEN UND NIEDERÖSTERREICH“ LUDWIG/MIKL-LEITNER/SIMA/SCHLERITZKO
APA/ROBERT JAEGER
Verkehrslandesrat Schleritzko, Landeshauptfrau Mikl-Leitner, Bürgermeister Ludwig, Verkehrsstadträtin Sima

Auf eigenem Gleiskörper ohne Stau

Angedacht sei eine Finanzierung ähnlich wie bei der Badner Bahn, wie Wiens Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) erläuterte. Das würde bedeuten, dass nicht nur die beiden Bundesländer, sondern auch der Bund Teile der Kosten für die Infrastruktur bzw. des Betriebes mitzahlt. Laut Sima ist die Streckenführung jedenfalls prinzipiell fixiert. Die neue Straßenbahnlinie wird von der U3-Station Simmering, entlang der Simmeringer Hauptstraße, über Kaiserebersdorf nach Schwechat-Europaplatz geführt.

Im Einzugsgebiet würden bis zu 20.000 potenzielle Kundinnen und Kunden leben, wurde betont. Die Inbetriebnahme könne im Idealfall 2025 erfolgen, hieß es. Geplant wird die neue Strecke als Verbindung mit eigenem Gleiskörper, um zu verhindern, dass die Bim im Stau steht. Eine mögliche Verlängerung des 72ers bis nach Rannersdorf wird ebenfalls geprüft. Schon früher gab es übrigens eine Straßenbahnlinie 72 in Wien – bis 1961 fuhr sie die Simmeringer Hauptstraße entlang, und zwar ebenfalls bis nach Schwechat.

Grafik: Routenführung der Linie 72
ORF/Stadt Wien
Der 72er könnte künftig bis Rannersdorf führen

Grüne und ÖVP erfreut, FPÖ will lieber U-Bahn

Der Bund sieht das Projekt mit Wohlwollen: „Eine Straßenbahn von Wien nach Niederösterreich – und wieder retour – ist genau der richtige Ansatz für moderne Mobilität in und um die Stadt. Wir stehen jederzeit für Gespräche bereit und werden das Projekt nach Kräften unterstützen“, sagte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne). Erfreut zeigten sich auch die Grünen Niederösterreichs und Wiens. Sie appellierten, beim Bau Gas zu geben. Eine Fertigstellung 2025 sei zu spät. Klima und Brieftaschen bräuchten jetzt Entlastung.

Die SPÖ Niederösterreich begrüßte das Projekt und sah es als ersten Schritt eines umfassenden Ausbaus der Verkehrsinfrastruktur in Niederösterreich. „Die Zusammenarbeit von Wien und Niederösterreich im Verkehrsbereich ist klar zu begrüßen“, konstatierte auch die Verkehrssprecherin der Wiener ÖVP, Elisabeth Olischar. Verkehrspolitik dürfe nicht an der Stadtgrenze enden. Die Volkspartei habe eine Verlängerung der öffentlichen Verkehrsmittel über die Stadtgrenze hinaus „seit Ewigkeiten“ gefordert.

Straßenbahn nach Schwechat

Die Wiener Wirtschaftskammer sprach von einem „guten Tag für Pendler“. Wiens FPÖ-Verkehrssprecher Anton Mahdalik kommentierte die Ankündigung mit „lieb gemeint“. Sie gehe aber an der Lebensrealität einmal mehr komplett vorbei, befand er in einer Aussendung. Sinnvoller wäre der Ausbau der U3 nach Schwechat.

Neue Park-&-Ride-Anlagen angekündigt

Bereits beschlossene Sache ist hingegen der Bau weiterer Park-&-Ride-Anlagen in Niederösterreich. Konkret werden insgesamt rund 1.400 weitere Stellplätze im Umland gemeinsam finanziert. Sie sollen bis 2023 entstehen. Nötig wurde der Ausbau nicht zuletzt deswegen, weil die Stadt Wien ja am 1. März das flächendeckende Parkpickerl eingeführt hat.

Die Auswirkungen davon bekommen vor allem Pendlerinnen und Pendler aus Niederösterreich zu spüren. Laut Niederösterreichs Verkehrslandesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP) macht sich das auch bemerkbar, weil die Fahrgastzahlen auf den Verbindungen von und nach Wien um fünf bis zehn Prozent gestiegen seien.

Gemeinsame Klage wegen Lobautunnels

Was den Lobautunnel betrifft, wollen Wien und Niederösterreich gemeinsam vor Gericht ziehen. Das kündigte der niederösterreichische Verkehrslandesrat Schleritzko an. Verkehrsministerin Leonore Gewessler kündigte ihrerseits an, bis Jahresende eine Alternative zum Lobautunnel präsentieren zu wollen.