Andre Heller beim „Wien heute“-Interview zu seinem neuen Album „Spätes Leuchten“
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Kultur

Universalkünstler Andre Heller wird 75

Am Dienstag feiert Andre Heller seinen 75. Geburtstag. In seinem Leben beschäftigte er sich mit einem breiten Spektrum von Kunstformen, von Lied- und Gartenkunst bis hin zu Zirkus und Pyrotechnik. Zudem ist er Autor, Moderator, Regisseur, Kunstsammler und Impresario.

Zuletzt war Heller als Gastgeber von „Hauskonzerten“ im Fernsehen präsent. Derzeit bereitet er die Wiederaufnahme seiner „Rosenkavalier“-Produktion vor, die an der Berliner Staatsoper Unter den Linden im Februar 2020 Premiere feierte, bevor die folgenden Vorstellungen pandemiebedingt ausfielen. Die Premiere der Wiederaufnahme wurde am Sonntag gefeiert.

Andre Heller ist 75

Journalist, Zirkusdirektor, Sänger, ein Künstler durch und durch, Andre Heller feiert seinen 75. Geburtstag, nicht in Wien sondern in seinen Gärten in Marakesch. In einem seiner seltenen Interviews spricht er über seine Vaterrolle.

„Wie ich lernte, bei mir selbst Kind zu sein“

Franz Andre Heller wurde am 22. März 1947 in Wien in eine Zuckerbäckerfamilie geboren. Seine Kindheit zwischen einem unnahbaren Vater und einer Erziehung im Klosterinternat verarbeitete er 2008 in der Erzählung „Wie ich lernte, bei mir selbst Kind zu sein“, die 2019 auch als Kinofilm erschien.

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Andre Heller spricht auf einer Pressekonferenz über das Stück „Der Rosenkavalier“ an der Staatsoper 2020
dpa/Britta Pedersen
Heller 2020 bei der Pressekonferenz zum Stück „Der Rosenkavalier“ an der Berliner Staatsoper
 Andre Heller im marokkanischen Paradiesgarten „Anima“
APA/ANIMA/Stefan Liewehr
Heller im marokkanischen Paradiesgarten „Anima“
Andre Heller 2012 im Rahmen der Buchpräsentation „Andre Heller – Feuerkopf. Die Biografie“ in Wien
APA/Georg Hochmuth
2012 erschien die Biografie „Andre Heller – Feuerkopf“
Andre Heller während der  Pressekonferenz anlässlich  der neuen Show „Magnifico“   2010 in Tulln. APA-FOTO: HERBERT PFARRHOFER
APA/Herbert Pfarrhofer
Die Produktionsfirma für „Magnifico“ musste nach kurzer Zeit Insolvenz anmelden
Andre Heller während einer Pressekonferenz zum Zirkusspektakel „Afrika! Afrika!“ in Frankfurt am Main 2005
dpa/Arne Dedert
Heller 2005 bei der Pressekonferenz zum Zirkusspektakel „Afrika! Afrika!“, einem seiner größten Erfolge
Andre Heller im Hörsaal zu Beginn seiner dreitägigen Poetik-Dozentur 2004
dpa/Bernd Weißbrod
2004 trat Heller seine dreitägige Poetik-Dozentur an
Der Kuenstler Andre Heller mit seinem Fussball-WM-Globus in Berlin. 2003
DPA/Tim Brakemeier
Fußball-Weltmeisterschafts-Globus mit Heller in Berlin 2003
(v.l.n.r.) Luc Bondy, Andre Heller, Doron Rabinovici und Heide Schmid vor Beginn der Pressekonferenz der Demokratischen Offensive mit dem Thema „Nein zur Koalition mit dem Rassismus“  in Wien.    (2000)
APA/Guenter Artinger
Heller mit Luc Bondy, Doron Rabinovici und Heide Schmid 2000 bei der Pressekonferenz „Nein zur Koalition mit dem Rassismus“
Andre Heller auf der Frankfurter Buchmesse mit zwei Bänden der neuen Brockhaus Enzyklopädie 2000.  (1998)
dpa/Katja Lenz
Auf der Franfurther Buchmesse präsentierte Heller 1998 zwei Bände der Brockhaus Enzyklopädie

Seine künstlerische Laufbahn begann Heller 1964 als Autor von Prosa, Lyrik und Liedern. Ab 1965 war er als Schauspieler auf Wiener Avantgarde-Bühnen zu sehen. Er war Gründungsmitglied von Ö3 und als Autor für Fernsehsendungen wie „Wünsch dir was“ tätig. 1968 erschien seine erste Platte, der bis 1983 über ein Dutzend weitere folgen sollte. 1972 veröffentlichte er den Fernsehfilm „Wer war Andre Heller?“, einen „Nachruf zu Lebzeiten“.

Sendungshinweis

ORF III zeigt am heutigen Dienstag eine fünfteilige Andre-Heller-Nacht, die um 20.15 Uhr mit der Neuproduktion „Andre Heller: Ich hab’ kein Talent zur Mutlosigkeit“ startet.

1976 gründete Heller gemeinsam mit Bernhard Paul den „Circus Roncalli“, der in Bonn uraufgeführt wurde. Nach Differenzen mit Paul zog sich Heller allerdings noch im Gründungsjahr vom Unternehmen zurück. Mit dem „Theater des Feuers“ brachte er 1983 in Lissabon ein Millionenpublikum auf die Beine und sich selbst an den Rand des Ruins. Es folgten „Begnadete Körper“, „Luna Luna“ oder „Body and Soul“ sowie die 50 Meter hohe Skulptur „Bamboo Man“ im Hafen von Hongkong.

Erfolge und Krisen

Im Auftrag des Kristallherstellers Swarovski baute Heller 1995 die Kristallwelten im Tiroler Wattens. Mit bis zu 720.000 Besuchenden im Jahr wurden sie zu einem seiner größten kommerziellen Erfolge. Mit dem Auftrag für die Inszenierung der finalen Präsentation Deutschlands als Bewerber für die Fußballweltmeisterschaft 2006 sowie die spätere Verantwortung für das Kulturprogramm der Weltmeisterschaft erreichte Heller endgültig ein Millionenpublikum. Die geplante Eröffnungsshow wurde allerdings kurzfristig abgesagt.

„Afrika! Afrika!“ von Heller wurde zum erfolgreichsten Zirkustheater Europas und mehrfach erneuert und wieder aufgenommen. Weniger erfolgreich verlief dahingegen seine Pferdeshow „Magnifico“, deren Produktionsfirma wegen zu geringer Einnahmen nach kurzer Zeit Insolvenz anmelden musste.

Andre Heller beim „Wien heute“-Interview zu seinem neuen Album „Spätes Leuchten“ mit Redakteur Georg Holzer
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Nach 33 Jahren musikalischer Pause veröffentlichte Heller 2019 sein Album „Spätes Leuchten“

Mit Missgriffen dieser Art lernte Heller umzugehen. Seine zum 65. Geburtstag erschienene Biografie „Feuerkopf“ erzählt von Medikamentenabhängigkeit, tiefen gesundheitlichen Krisen und vom Aufrappeln, oft auch in Zusammenspiel mit einem neuen künstlerischen Medium.

Zuflucht im Schreiben

Sein mit 100.000 verkauften Exemplaren zum Bestseller avancierter Roman „Das Buch vom Süden“. Es folgte 2017 „Uhren gibt es nicht mehr. Gespräche mit meiner Mutter in ihrem 102. Lebensjahr“ und 2018 gemeinsam mit Kulturjournalistin Andrea Schurian und Lebensgefährtin Albina Bauer den Bildband „Anima. Der Zaubergarten in Marrakesch“ über seinen 2016 eröffneten marokkanischen Paradiesgarten.

André Heller – Paradies in Marrakesch

2019 initiierte er ein Buch über die drei Häuser Thomas Bernhards und deren Inventar, 2020 kam mit „Zum Weinen schön, zum Lachen bitter“ ein Band mit „Erzählungen aus vielen Jahren“ heraus. 2021 legte er mit „Tullios Geburtstag“ ein Kinderbuch vor, das in der Coronavirus-Pandemie „eine Trostgeschichte im Wirrwarr unserer Zeit“ bieten sollte.

Zudem beschäftigte Heller in den vergangenen Jahren wieder vermehrt die Musik: 2019 und damit nach 33 Jahren Pause erschien sein Album „Spätes Leuchten“ mit 16 neuen Liedern. Ein wesentlicher Antrieb sei sein Sohn Ferdinand Sarnitz alias Left Boy gewesen, sagte er damals.

Lebenswerk-Preisträger Andre Heller
APA/Amadeusawards Betterimages/Martin Haslinger
Van der Bellen überreichte Heller den Amadeus Awars für sein Lebenswerk im Cafe Hawelka

Best of Andre Heller

Nach Ausbruch der Pandemie entwickelte Heller das Konzept von „Hauskonzerten“ und widmete sich dem „Great American Songbook“. Im Jänner performte er in seiner Wohnung ein Best-of seiner Werke. Dabei versammelte er Gäste wie Ernst Molden, Voodoo Jürgens, Ursula Strauss oder auch den Nino aus Wien um sich. 2020 wurde er mit dem Amadeus Award für das Lebenswerk geehrt. Die goldene Trophäe wurde Heller von Bundespräsident Alexander Van der Bellen bei einem gemeinsamen Besuch im Cafe Hawelka überreicht.

Van der Bellen hatte er im Präsidentschaftswahlkampf unterstützt. Bereits in der Vergangenheit hatte sich Heller als politischer Kopf und Aktivist gezeigt. So war er 2015 Mitbegründer von „Act.Now“, einer Initiative, die sich für wertschätzendes Zusammenleben in Zeiten von Migration und Globalisierung einsetzt. Auch, als es 2018 galt, das Urania-Puppentheater vor der Schließung zu bewahren, unterstützte er mit Geld und Namen.