Zuletzt war Heller als Gastgeber von „Hauskonzerten“ im Fernsehen präsent. Derzeit bereitet er die Wiederaufnahme seiner „Rosenkavalier“-Produktion vor, die an der Berliner Staatsoper Unter den Linden im Februar 2020 Premiere feierte, bevor die folgenden Vorstellungen pandemiebedingt ausfielen. Die Premiere der Wiederaufnahme wurde am Sonntag gefeiert.
Andre Heller ist 75
Journalist, Zirkusdirektor, Sänger, ein Künstler durch und durch, Andre Heller feiert seinen 75. Geburtstag, nicht in Wien sondern in seinen Gärten in Marakesch. In einem seiner seltenen Interviews spricht er über seine Vaterrolle.
„Wie ich lernte, bei mir selbst Kind zu sein“
Franz Andre Heller wurde am 22. März 1947 in Wien in eine Zuckerbäckerfamilie geboren. Seine Kindheit zwischen einem unnahbaren Vater und einer Erziehung im Klosterinternat verarbeitete er 2008 in der Erzählung „Wie ich lernte, bei mir selbst Kind zu sein“, die 2019 auch als Kinofilm erschien.
Seine künstlerische Laufbahn begann Heller 1964 als Autor von Prosa, Lyrik und Liedern. Ab 1965 war er als Schauspieler auf Wiener Avantgarde-Bühnen zu sehen. Er war Gründungsmitglied von Ö3 und als Autor für Fernsehsendungen wie „Wünsch dir was“ tätig. 1968 erschien seine erste Platte, der bis 1983 über ein Dutzend weitere folgen sollte. 1972 veröffentlichte er den Fernsehfilm „Wer war Andre Heller?“, einen „Nachruf zu Lebzeiten“.
Sendungshinweis
ORF III zeigt am heutigen Dienstag eine fünfteilige Andre-Heller-Nacht, die um 20.15 Uhr mit der Neuproduktion „Andre Heller: Ich hab’ kein Talent zur Mutlosigkeit“ startet.
1976 gründete Heller gemeinsam mit Bernhard Paul den „Circus Roncalli“, der in Bonn uraufgeführt wurde. Nach Differenzen mit Paul zog sich Heller allerdings noch im Gründungsjahr vom Unternehmen zurück. Mit dem „Theater des Feuers“ brachte er 1983 in Lissabon ein Millionenpublikum auf die Beine und sich selbst an den Rand des Ruins. Es folgten „Begnadete Körper“, „Luna Luna“ oder „Body and Soul“ sowie die 50 Meter hohe Skulptur „Bamboo Man“ im Hafen von Hongkong.
Erfolge und Krisen
Im Auftrag des Kristallherstellers Swarovski baute Heller 1995 die Kristallwelten im Tiroler Wattens. Mit bis zu 720.000 Besuchenden im Jahr wurden sie zu einem seiner größten kommerziellen Erfolge. Mit dem Auftrag für die Inszenierung der finalen Präsentation Deutschlands als Bewerber für die Fußballweltmeisterschaft 2006 sowie die spätere Verantwortung für das Kulturprogramm der Weltmeisterschaft erreichte Heller endgültig ein Millionenpublikum. Die geplante Eröffnungsshow wurde allerdings kurzfristig abgesagt.
„Afrika! Afrika!“ von Heller wurde zum erfolgreichsten Zirkustheater Europas und mehrfach erneuert und wieder aufgenommen. Weniger erfolgreich verlief dahingegen seine Pferdeshow „Magnifico“, deren Produktionsfirma wegen zu geringer Einnahmen nach kurzer Zeit Insolvenz anmelden musste.

Mit Missgriffen dieser Art lernte Heller umzugehen. Seine zum 65. Geburtstag erschienene Biografie „Feuerkopf“ erzählt von Medikamentenabhängigkeit, tiefen gesundheitlichen Krisen und vom Aufrappeln, oft auch in Zusammenspiel mit einem neuen künstlerischen Medium.
Zuflucht im Schreiben
Sein mit 100.000 verkauften Exemplaren zum Bestseller avancierter Roman „Das Buch vom Süden“. Es folgte 2017 „Uhren gibt es nicht mehr. Gespräche mit meiner Mutter in ihrem 102. Lebensjahr“ und 2018 gemeinsam mit Kulturjournalistin Andrea Schurian und Lebensgefährtin Albina Bauer den Bildband „Anima. Der Zaubergarten in Marrakesch“ über seinen 2016 eröffneten marokkanischen Paradiesgarten.
André Heller – Paradies in Marrakesch
2019 initiierte er ein Buch über die drei Häuser Thomas Bernhards und deren Inventar, 2020 kam mit „Zum Weinen schön, zum Lachen bitter“ ein Band mit „Erzählungen aus vielen Jahren“ heraus. 2021 legte er mit „Tullios Geburtstag“ ein Kinderbuch vor, das in der Coronavirus-Pandemie „eine Trostgeschichte im Wirrwarr unserer Zeit“ bieten sollte.
Zudem beschäftigte Heller in den vergangenen Jahren wieder vermehrt die Musik: 2019 und damit nach 33 Jahren Pause erschien sein Album „Spätes Leuchten“ mit 16 neuen Liedern. Ein wesentlicher Antrieb sei sein Sohn Ferdinand Sarnitz alias Left Boy gewesen, sagte er damals.

Best of Andre Heller
Nach Ausbruch der Pandemie entwickelte Heller das Konzept von „Hauskonzerten“ und widmete sich dem „Great American Songbook“. Im Jänner performte er in seiner Wohnung ein Best-of seiner Werke. Dabei versammelte er Gäste wie Ernst Molden, Voodoo Jürgens, Ursula Strauss oder auch den Nino aus Wien um sich. 2020 wurde er mit dem Amadeus Award für das Lebenswerk geehrt. Die goldene Trophäe wurde Heller von Bundespräsident Alexander Van der Bellen bei einem gemeinsamen Besuch im Cafe Hawelka überreicht.
Van der Bellen hatte er im Präsidentschaftswahlkampf unterstützt. Bereits in der Vergangenheit hatte sich Heller als politischer Kopf und Aktivist gezeigt. So war er 2015 Mitbegründer von „Act.Now“, einer Initiative, die sich für wertschätzendes Zusammenleben in Zeiten von Migration und Globalisierung einsetzt. Auch, als es 2018 galt, das Urania-Puppentheater vor der Schließung zu bewahren, unterstützte er mit Geld und Namen.