Regal in einem Sozialmarkt wird eingeräumt
ORF
ORF
Wirtschaft

Menschen strömen in Sozialmärkte

Nicht nur Gas und Strom sind extrem teuer. Auch die Kosten für Miete oder Lebensmittel steigen. Sozialmärkte haben immer mehr Kundinnen und Kunden. Auch die Schuldnerberatung rechnet für die nächsten Monate mit mehr Klienten.

Sie habe für die Lebensmittel für drei Personen 250 Euro im Monat zur Verfügung, erzählte eine Frau, die auf das Öffnen eines Sozialmarkts in Hernals wartet. Hier bekommt sie Lebensmittel, die kurz vor dem Ablaufdatum stehen, um die Hälfte oder zwei Drittel billiger. Dafür zahlt sie jährlich einen symbolischen Euro Mitgliedschaft. Die steigenden Preise sorgen in den acht Wiener Sozialmärkten für steigende Zahlen bei der Kundschaft.

Teuerungen: Mehr Kunden in Sozialmärkten

Egal ob Heizen, Miete oder Lebensmittel: Die Preise steigen. Die Teuerung wird für immer mehr Wienerinnen und Wiener zur finanziellen Belastung. Und das spüren auch die Sozialmärkte in der Stadt.

Arthur Kamarad von den Foodpoint-Sozialmärkten nennt für den September 2021 einen Mitgliederstand von rund 43.000: „Jetzt sind es über 50.000. Der Zustrom wird immer stärker.“ Nicht nur die Zahl der Kunden ändert sich, auch die Kunden selbst: „Auch der ganz normale Normalverdiener, der 40 Stunden arbeitet, kommt zu uns einkaufen. Er sagt ‚Ich kann mir gewisse Lebensmittel draußen einfach nicht mehr leisten‘.“ Damit Lebensmittel leistbar bleiben, wollen die Sozialmärkte zumindest vorerst auf Preiserhöhungen verzichten.

Schuldenabbau beginnt mit vertraulicher Beratung

Dass die Zahl der Kundinnen und Kunden von Sozialmärkten weiter steigt, ist durchaus möglich. Denn die Schuldnerberatung verzeichnet jetzt bereits rund 550 Neuanmeldungen pro Monat und spricht dabei von einem leichten Anstieg. „Aber wir gehen stark davon aus, dass es in den nächsten Monaten noch mehr wird“, sagte Gudrun Steinmann von der Schuldnerberatung im „Wien heute“-Gespräch. Das gehe darauf zurück, dass etwa Stundungen und staatliche Unterstützungen auslaufen würden.

Wenn es darum geht, Schulden in den Griff zu bekommen, wird zuerst auf eine vertrauliche, kostenlose Beratung gesetzt. Laut Steinmann werden Einnahmen und Ausgaben detailliert betrachtet und die Frage geklärt, um welche Schulden es sich handelt. Da gebe es gefährliche Schulden, also alle, die die Existenz gefährden könnten wie etwa Miete, Strom oder Heizung. Daneben gebe es auch „normale“ Schulden, die Kredite, Versandhäuser, Handy und anderes mehr betreffen. Da sei der Privatkonkurs oft der letzte Ausweg.

Auch Budgetberatung wird angeboten

Doch die Schuldnerberatung kann nicht nur bei Schulden helfen. Sie bietet auch kostenlose Budgetberatung an, „wo wir uns ausreichend Zeit nehmen, auch die Einnahmen, die Ausgaben zu besprechen. Habe ich noch Möglichkeiten, die Einnahmen zu erhöhen oder die Ausgaben zu senken? Stichwort ein Auto, das schon in den letzten Jahren viel Geld gekostet hat, aber durch die steigenden Benzinpreise nochmals teurer wird im Vergleich zu den günstigen öffentlichen Verkehrsmittel in Wien“, so Steinmann.

Sie verwies auch auf die Möglichkeiten, Versicherungen ruhend zu stellen oder bei Ausgaben von Lebensmitteln über Möbel bis hin zu Elektrogeräten die Preise zu vergleichen. Was oft gerne vergessen werde seien etwa der Kaffee zum Mitnehmen oder der Energydrink, der teuer an der Tankstelle gekauft werde. Das seien zum Beispiel Einsparungsmöglichkeiten, an die man nicht oft denke.

Ein Thema ist laut Steinmann auch die Art des Bezahlens. Zehn oder 20 Euro Bargeld in der Brieftasche würden ein Limit setzen. Wer mit Karte zahle, solle zumindest regelmäßig die Ausgaben kontrollieren. "Und die gute alte „Ausgaben-Rechnung" kann dabei auch hilfreich sein“, so Steinmann. Ebenso wie Finanzbildung. Die Schuldnerberatung spreche dieses wichtige Thema daher auch in Schulen, in der Wohnungslosenhilfe oder in Mutter-Kind-Einrichtungen an.