Mädchen bei „Alles gurgelt“-Test
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Coronavirus

Falsche Zeit für weniger Schultests

Im Vergleich zur Vorwoche sind diese Woche in Wien weniger CoV-Infektionen bei Schülerinnen und Schülern registriert worden. Nach Ostern soll das Testsystem an Schulen reduziert werden. Das löst Kritik bei Schülern und Lehrern, aber auch Experten aus.

In Wien wurde in dieser Schulwoche bei 4.763 Schülerinnen und Schülern eine Infektion registriert. In der Vorwoche waren es 6.023. Wien hat mit „Alles gurgelt“ ein anderes Testsystem als die restlichen Bundesländer. Bis zu den Osterferien wird an den Schulen noch pro Woche dreimal getestet, davon zweimal mittels der aussagekräftigeren PCR-Methode und einmal mit Antigen-Schnelltests.

Zusätzlich müssen die Schüler abseits ihrer Klassen- bzw. Gruppenräume Mund-Nasen-Schutz bzw. ab der Oberstufe FFP2-Maske tragen. Nach Ostern wird dann lediglich einmal pro Woche PCR-getestet, Antigentests sind nur noch nach dem Auftreten von positiven Fällen vorgesehen.

Anpassung im Sinne allgemeiner Teststrategie

Zwar sinken die Infektionszahlen an Schulen österreichweit, aber von einem hohen Niveau aus. Die Gruppe der fünf- bis 14-Jährigen weist immer noch eine 7-Tage-Inzidenz von 2.616 aus und liegt damit an der Spitze. Laut Bildungsministerium werden Coronatests an Schulen im Sinne der allgemeinen Teststrategie angepasst: „Nach enger Abstimmung mit dem Gesundheitsressort redimensionieren wir die Coronatests nach den Osterferien auf einen Test pro Woche. Das entspricht monatlich vier bis fünf PCR-Tests an den Schulen“.

Corona: Viel Kritik an weniger Schul-Tests

Nach Ostern gibt es nur noch einen Corona Test pro Woche an den Schulen. In Wien gibt es viel Kritik daran.

Wenig nachvollziehbar ist das Handeln von Bildungsminister Martin Polaschek für Schüler. Sie verweisen darauf, dass sich in Polascheks Amtszeit fast die Hälfte aller Pflichtschüler in Österreich mit dem Virus infiziert hat: „Also, das ist eine Entwicklung, die in die völlig falsche Richtung geht. Es wurde immer von diesem Sicherheitsnetz gesprochen an Schulen (…). Jetzt werden die Tests auch noch abgeschafft und ich frag mich, wo da noch irgendein Sicherheitsnetz ist“, so Mati Randow, Schulsprecher Rahlgasse.

Gegenwind verspürt Polaschek auch von den Lehrern, die skeptisch sind. Thomas Krebs von der Gewerkschaft der PflichtschullehrerInnen etwa wünscht sich, dass möglichst rasch reagiert werde, wenn sich das neue Testformat nicht bewährt, „um wieder auf entweder ein stärkeres Testformat umzusteigen, oder eben dieses Testformat grundsätzlich zu überdenken“.

„Weniger Tests bei hohem Infektionsgeschehen“

Unterstützung für die Kritik kommt auch von wissenschaftlicher Seite. Der Mikrobiologe Michael Wagner von der Uni Wien verwies im „Wien heute“-Gespräch darauf, dass die Tests an Schulen auch den Zweck hatten, Infektionsketten zu unterbrechen: „Und da kam aus der Wissenschaft die Ansage schon vor vielen, vielen Monaten, dass man eigentlich dreimal die Woche mit PCR testen müsste, um das in den Schulen so zu unterbrechen, dass von den Schulen keine große Verbreitung des Virus ausgeht“.

Das sei „ganz gut“ umgesetzt geworden, dennoch habe es nicht ganz ausgereicht. Gerade Omikron habe gezeigt, dass viele Infekte aus den Kindergärten und Schulen gekommen sind. Wenn man jetzt bei noch hohem Infektionsgeschehen Tests reduziere, „wird es natürlich wieder noch größere Cluster geben und es ist eine besondere Herausforderung für Risikofamilien“. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind das Virus unbemerkt nach Hause bringt, werde ansteigen.

Verknüpfung mit Datum für Wagner „falsch“

Wagner findet, es sei falsch, die Teststrategie an ein Datum zu knüpfen. Man müsse diese vielmehr an ein Ziel knüpfen: „Also ich glaube, man sollte als Politik sagen, was will ich als Ziel erreichen? Aus der Wissenschaft wäre das Ziel, eine niedrige Inzidenz zu haben, weil damit erspare ich mir ganz viele der Probleme, die wir auch gerade erleben.“ Ist ein Ziel definiert, sei die nächste Frage, wie das Ziel erreicht werden könne. Erst dann könne die Testfrequenz heruntergefahren werden, wenn die Inzidenz in einer Altersgruppe sinke.

„Wenn ich merke, das fällt unter einen vorher festgelegten Grenzwert, kann ich sagen ‚Jetzt reduziere ich das Testen‘ und dann, wenn es wieder ansteigt, dann steigere ich halt wieder die Frequenz. Ich halte es nur für überhaupt nicht sinnvoll, das zu irgendwelchen Zeitpunkten zu machen – unabhängig von Daten“, sagte Wagner.

Masken „ein sehr mächtiges Instrument“

Zum Thema Maske bezog Wagner als Mikrobiologe eindeutig Stellung. Es müssten auch in Schulklassen wieder Masken getragen werden, nicht nur im Schulgebäude. Auch hier plädiere er für einen Grenzwert, basierend auf der Frage „Was will ich erreichen?“. Gehen die Zahlen über den Grenzwert, sei die Maske ein sehr mächtiges Instrument (zur Eindämmung, Anm.). Gehen die Zahlen unter den Grenzwert, sei es möglich, den Gebrauch der Maske zu hinterfragen. Aber es sei immer notwendig zu sagen „Was möchte ich erreichen?“.

Jetzt, im dritten Jahr der Pandemie, müsse man endlich aus den Lektionen, die das Virus erteilt habe, lernen, sagte Wagner und nannte als Beispiel evidenzbasiertes Handeln: „Nicht ein Datum setzen, sondern Daten hernehmen und sagen ‚Was ist das Ziel? Welche Maßnahmen bringen mich zu dem Ziel?‘“ Eine solche Maßnahme wäre etwa die Luftqualität in den Klassen zu verbessern. Das würde nicht nur CoV-Infektionen vermeiden helfen, auch die Konzentration steigern und andere Atemwegserkrankungen vermeiden. Solche mechanischen Lüftungsanlagen könnte man jetzt schon für den Herbst vorbereiten.