Fahrrad an einem Fahrradständer
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Wirtschaft

Keine Entspannung in Fahrradbranche

Die Fahrradbranche kämpft aktuell mit Lieferschwierigkeiten. Die große Nachfrage könne nicht bedient werden, heißt es. Voraussagen sind kaum möglich, aber selbst ohne neue Coronavirus-Welle könnte es noch Jahre bis zur Normalisierung dauern.

Die Nachfrage nach Fahrrädern boome in Wien nach wie vor. Jetzt, mit der hohen Inflation, den hohen Treibstoffpreisen und auch durch Förderungen biete sich das Fahrrad ganz besonders als günstige und nachhaltige Alternative an. Aber das Problem sei die Verfügbarkeit, sagte Michael Nendwich, Sprecher des Sportartikelhandels in der Wirtschaftskammer. Diese sei nämlich gleichbleibend, teilweise sogar rückläufig. Es könnten also nicht mehr Fahrräder verkauft werden, weil nicht mehr Fahrräder in den Handel kommen.

Lieferketten und ferne Produktion als Probleme

Das Problem seien demnach Lieferengpässe, bedingt durch unterbrochene Lieferketten, die weltweit durchaus recht komplex seien. Das betreffe nicht nur ganze Fahrräder, sondern auch Teile. Denn auch die Fahrräder selbst seien mittlerweile ein hoch technisches, komplexes Produkt. Wenn dafür spezielle Teile benötigt würden, könnten Fahrräder nicht fertig montiert und somit auch nicht in den Verkauf kommen, sieht Nendwich hier nach wie vor Probleme.

Drei Menschen liegen in Wiese vor Fahrrad
ORF.at/Christian Öser
Wer ein neues Fahrrad kaufen will, braucht zur Zeit sehr viel Geduld

Hinzu komme ein zweites Problem, nämlich dass viele Teile in Fernost produziert werden. Auch wenn Räder in Wien verkauft werden sollen, viele Teile dafür kämen aus Fernost, wo es aber auch längere Lockdowns gegeben habe. Und es gebe nach wie vor Lockdowns, gerade jetzt in China wieder an ganz neuralgisch wichtigen Umschlagplätzen, betonte Nendwich.

Nachfrage-Boom versus Verkaufs-Boom

Bei E-Bikes ist demnach im Schnitt kein großer Unterschied zwischen Wien und anderen Bundesländern zu bemerken. Etwa die Hälfte der verkauften Fahrräder sind E-Bikes. Aber man muss eben deutlich unterscheiden zwischen Nachfrage und Angebot: „Es gibt keinen Verkaufsboom, weil nicht mehr Fahrräder da waren. Wir haben im letzten Jahr weniger Räder verkauft als im Jahr zuvor. Das hängt nicht damit zusammen, dass die Leute nicht Räder kaufen wollen, sondern damit, dass viele nachfragen, aber wir nicht mehr Räder haben – das ist dann dieser vermeintliche Boom“, so Nendwich.

Im Vergleich der Jahre 2020 und 2019 habe es vor dem ersten Lockdown noch eine deutliche Steigerung im Verkauf gegeben. Die Probleme mit den Lieferketten hätten erst Mitte des Jahres begonnen. Dennoch sei die Verkaufssteigerung höher gewesen als im Jahr darauf, also 2022 im Vergleich zu 2021.

Rückkehr zur Normalität vielleicht erst in zwei Jahren

Zu spüren bekommen dieses Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage auch die Werkstätten. Wenn neue Fahrräder nicht zur Verfügung stünden, werde vermehrt versucht, alte Fahrräder wieder flott zu machen. Das sorge etwa gerade jetzt im Frühjahr mancherorts für längere Wartezeiten bei der Reparaturannahme.

Mit einer schnellen Entlastung rechnete Nendwich nicht. Zunächst gäbe es sicher noch längere Wartezeiten beim Kauf neuer Fahrräder. Denn selbst manche Lieferanten oder Produzenten würden jetzt nicht wissen, wann die Lieferprobleme ein Ende finden. Eine Vorausschau sei schwierig, denn man habe keinen Einfluss auf die Lieferketten. Aber vorausgesetzt, es komme keine neue Corona-Welle, „dann rechnen wir mit zumindest zwei Jahren, wo diese Lieferketten noch angespannt bleiben“.