Ukrainische Nationalfarben hinter dem Russendenkmal
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Chronik

Kränze am Schwarzenbergplatz verschoben

Am Jahrestag der Befreiung Wiens haben Aktivisten auf dem Schwarzenbergplatz auf die historische Rolle ukrainischer Soldaten hingewiesen. Ukrainische Diplomaten hinterlegten Kränze, die bei einer russischen Kranzniederlegung in den Hintergrund gerückt wurden.

Mit ihrer ganztägigen Veranstaltung zeigte die ukrainische Community einmal mehr Präsenz am symbolträchtigen Wiener Schwarzenbergplatz, den sie am 8. und 9. Mai ein weiteres Mal bespielen möchte. Für Mittwoch hatten die Ukrainer ein kleines Musikprogramm sowie eine improvisierte Ausstellung zusammengestellt, darunter Fotografien, die „Bilder von Butscha und anderen von der russischen Armee zerstörten Städten“ zeigten. Der Wiener Slawist Michael Moser hielt einen kurzen Vortrag zu Fragen der ukrainischen Identität. Zumindest am Nachmittag war der Besuch mit etwa 100 Personen eher spärlich.

Polizei sperrte Denkmalbereich ab

Zum offiziellen Auftakt der Veranstaltung hatten bereits am frühen Vormittag ukrainische Diplomaten drei Kränze am Sockel des Heldendenkmals der Roten Armee hinterlegt. Als einige Zeit später Diplomaten aus Russland sowie unter anderem aus Armenien, Kasachstan, Tadschikistan und Usbekistan ihre Kränze hinterlegten, wurden zwei von drei ukrainischen Kränzen in den Hintergrund verschoben. Als die russischen Diplomaten dort waren, wurde das weitere Umfeld des Denkmals von der Polizei abgesperrt. Russlands Botschafter Dmitri Ljubinski schrieb in diesem Zusammenhang auf Facebook von „verstärkten Sicherheitsmaßnahmen“.

Nach den Kranzniederlegungen sperrte die Polizei schließlich zumindest den engeren Denkmalbereich ab. Damit sollte verhindert werden, dass die hinterlegten Kränze willkürlich oder auch unabsichtlich betreten werden könnten, erläuterte eine Polizeisprecherin. Die Maßnahme hinderte gleichzeitig aber auch einfache Bürger, unmittelbar am Denkmal Kränze zu hinterlegen.

Kundgebung verschoben

Dass die Präsenz ukrainischer Aktivisten am Rande der traditionellen russischen Kranzniederlegung am Jahrestag der Befreiung Wiens brisant sein könnte, war im Vorfeld bei Verhandlungen zwischen den ukrainischen Veranstaltern und der Wiener Polizei deutlich geworden. Eigentlich hätte er die Kundgebung am Mittwoch für einen größeren Teil des Wiener Schwarzenbergplatzes angemeldet, erzählte Mitveranstalter Andrij.

Doch am Montag habe ihn die Polizei informiert, dass man die Russen zum Denkmal lassen müsse und die Ukrainer sich in dieser Zeit vom Denkmal entfernen müssten. Er habe das so verstanden, dass bei fehlender Zustimmung zu dieser Vorgabe die ukrainische Kundgebung von der Polizei untersagt worden wäre.

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Diskussion über bemalte Mauer

Abgehen von dieser Kundgebungsfrage gab es zuletzt zumindest in der russischen Community auch eine Diskussion über jene private Mauer hinter dem Heldendenkmal, die im Auftrag der Familie Schwarzenberg am 1. März wenige Tage nach Kriegsbeginn mit den ukrainischen Nationalfarben angemalt worden war. Der Koordinationsrat der Organisationen russischer Landsleute in Österreich wandte sich am Wochenende an den ehemaligen tschechischen Außenminister Karel Schwarzenberg.

In diesem offenen Brief war die Rede von „unzufriedenen Beschwerden“ (sic!) und der Kritik, dass die Bemalung als „Verzerrung der historischen Wahrheit“ sowie als „Verhöhnung der gefallenen Bürger der Sowjetunion im Kampf um die Befreiung Europas und Österreichs vom Faschismus“ wahrgenommen werde.

„Es gibt kein Verständnis für die Verknüpfung aktueller Ereignisse mit dieser großen und heiligen Erinnerung“, schrieb der russische Dachverband. Auf Nachfrage erklärte Koordinationsratschef Dmitri Jerochin, dass er persönlich einige dutzend Beschwerden über die „ukrainische“ Bemalung der Mauer hinter dem Denkmal erhalten habe, weitere Beschwerden seien bei Teilorganisationen eingegangen. Er versicherte gleichzeitig, dass der offene Brief an Schwarzenberg nicht mit der russischen Botschaft in Wien abgestimmt gewesen sei.

Ukrainer an Befreiung Wiens beteiligt

Die Befreiung Wiens sei von Truppen der ukrainischen Front durchgeführt worden, in der es viele Ukrainer gegeben habe, kommentierte Karel Schwarzenberg diese Kritik in einem Telefonat am Mittwochabend. „Deshalb finde ich es wichtig, dass dort ukrainische Farben sind. Das ist nicht gegen Russland gerichtet, sondern proukrainisch“.

Die Mauer blau und gelb anzumalen sei die Entscheidung seines Sohns Johannes gewesen, der das Haus bereits verwalte, gestand der ehemalige Politiker. „Aber mit meinem Einverständnis. Es ging darum, unsere Sympathien für die angegriffene Ukraine auch deutlich zu zeigen“, erläuterte er.