Grafik Rückgang Operationen
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Entspannung in Spitälern dauert

Tausende Operationen sind 2020 und 2021 an Wiener Spitälern verschoben worden. Auch jetzt, in einer entspannteren Pandemielage, ist der OP-Betrieb noch nicht störungsfrei. Und eine schnelle Entspannung ist auch aus anderen Gründen nicht zu erwarten.

Das Herz-Jesu-Krankenhaus ist ein Krankenhaus mit Schwerpunkt auf orthopädischen Operationen. Nach wie vor wird im Pandemiemodus gearbeitet, rund zehn Prozent weniger Operationen als normal können derzeit durchgeführt werden. Von einer Entspannung könne man noch nicht sprechen, sagte der Ärztliche Leiter Manfred Greher: „Es ist besser, die Zahlen gehen hinunter. Aber wir haben auch beim Personal leider viele Menschen, die sich auch angesteckt haben und dann kurzfristig ausfallen.“

Zahl der Operationen deutlich zurückgegangen

Planbare Operationen müssen demnach nach wie vor immer wieder abgesagt werden. Hauptgrund dafür sei in dem einen Spital, dass Patientinnen und Patienten kurz vor einer Operation positiv auf Covid-19 getestet würden. Wie stark der Operationsbetrieb überhaupt durch die Pandemie beeinflusst wurde, hat jetzt das Forschungsinstitut des Bundes erhoben.

Künstliche Hüft- und Kniegelenks-Operationen wurden 2020 um 16 Prozent weniger durchgeführt als 2019. 2021 waren es um neun Prozent weniger. Graue-Star-Operationen gab es 2020 um 24 Prozent weniger als im Jahr vor der Pandemie, 2021 um 16 Prozent weniger. „Aber man hat in beiden Pandemiejahren gesehen, dass in den Sommermonaten, wo die Pandemie ein wenig Pause gemacht hat, Operationen nachgeholt wurden, da die Fallzahlen in den Sommermonaten über den Jahren 2019 und 2018 gelegen sind“, sagte Studienleiterin Karin Eglau von der Gesundheit Österreich GmbH.

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Künstliche Hüft- und KniegelenksOperationen gab es österreichweit von Juni bis September 2020 und 2021 zwar mehr als im Sommer 2019, insgesamt, so die Studienleiterin, ist die Zahl der Operationen in der Pandemie aber gesunken und somit gäbe es Nachholbedarf. Bei der Wiener Patientenanwältin beschweren sich jedenfalls nicht mehr viele wegen abgesagter Operationen. 15 Patienten waren es 2022 seit Jahresbeginn, davor seien es 15 pro Woche gewesen.

Aufgeschobene Urlaube verzögern Entspannung

Die Zahl der Patienten mit Covid-19 wird aktuell kleiner, das Pflegepersonal ist aber weiter belastet. Auch wenn es aktuell eine Entlastung zu geben scheint, für das Personal sei sie noch nicht spürbar, sagte Edgar Martin, Union Personalvertreter in „Wien heute“: „Wir befinden uns in einem Marathon. Wir sind irgendwie bei Kilometer 52, möchte ich fast sagen, und es geht immer noch so weiter.“

Wenn die Zahlen weiter so wie gerade sinken, dann könne man in Spitälern und Pflegeeinrichtungen damit rechnen, dass sich das in rund 14 Tagen auch bemerkbar mache. Aber Personal werde quer durch alle Bereiche hängeringend gesucht. Für das Personal selber werde sich dann auch zeigen, „wie wir im Sommer dann auch mit dem mittlerweile angesparten Zeitguthaben und den Urlaubsrückständen umgehen können“.

Hoffen auf Nachwuchs für Pflegeberufe

In der Pandemie sei Personal verlorengegangen, sagte Martin. Jetzt werde Personal eigentlich in allen Bereichen gebraucht. Es sei zu hoffen, dass sich manche entscheiden, wieder in den Beruf zurückzukehren und dass auch viele junge Menschen sich für Gesundheitsberufe und Krankenpflege interessieren. Menschen, die sagen würden, trotz der Anstrengungen, von denen in der Pandemie immer zu hören war, „das ist mein Job“, die würden mit offenen Armen aufgenommen.

Manche haben gekündigt, andere haben durchgearbeitet und viel Urlaub und Überstunden angesammelt. Darüber werde bereits gesprochen. Es werde wohl darauf hinauslaufen, dass Stationen gesperrt werden müssten. Es gelte abzuwarten, man könne das Programm nicht sofort wieder auf 100 hochfahren, auch was Operationen betreffe. Das Personal müsse zuerst einmal sein Zeitguthaben aufbrauchen und vor allem die Rückstände bei der Erholung wettmachen. Erholung sei jetzt das Um und Auf.

Für den Herbst äußerte sich Martin vorsichtig optimistisch. Wenn die Menschen sich jetzt erholen könnten, Zeit für die Selbstpflege finden würden, das wäre im Moment das Wichtigste. Auf der anderen Seite müsse man auch lernen, mit Prognosen und der Pandemie selbst umzugehen. Das werde die Menschen noch viele Jahre begleiten. Wichtig sei, dass sich trotzdem Menschen finden, die bereit seien, einen Pflegeberuf zu ergreifen und dass die gehalten würden, die jetzt dabei seien.