Chronik

Kopf unter Polizeibus: Urteil bestätigt

Fast drei Jahre liegt eine Demonstration zurück, bei der ein Polizist einem auf dem Boden fixierten Mann mit einem Polizeibus fast über den Kopf gefahren wäre. Nun hat ein Berufungsgericht das Ersturteil – 2.250 Euro Geldstrafe – bestätigt.

Der Beamte wäre ursprünglich von der Staatsanwaltschaft gar nicht angeklagt worden, lehnte aber eine diversionelle Erledigung ab. Danach war er in erster Instanz wegen Gefährdung der körperlichen Sicherheit schuldig erkannt worden. Er fasste eine unbedingte Geldstrafe in Höhe von 2.250 Euro aus, was er nicht akzeptierte. Er legte dagegen Nichtigkeitsbeschwerde und Strafberufung ein. Ein Berufungssenat im Grauen Haus bestätigte nun das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt und wies beide Rechtsmittel zurück.

Demonstrant unter Polizeibus
Privat
Demonstrant unter Polizeibus fixiert

Polizist beharrt darauf, nichts gesehen zu haben

Die Vorsitzende machte am Ende in der Urteilsbegründung deutlich, der Fahrer des Polizeibusses habe „eindeutig und ohne jeden Zweifel“ aus seiner Position sehen können, dass sich unmittelbar neben dem Fahrzeug jemand am Boden befand. Unter Bezugnahme auf ein Video, das die Abläufe dokumentiert hatte, bemerkte die Richterin, der Polizist habe sogar zwei Mal nach hinten geblickt. Es sei „ein Glücksfall, dass nicht mehr passiert ist“.

„Ich hab’ nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt“, hielt demgegenüber der Angeklagte fest. Er habe den Mann nicht wahrgenommen. Für ihn sei es „nicht augenscheinlich“ gewesen, „dass jemand neben oder unter dem Fahrzeug zu liegen kommt“. Sein Anwalt argumentierte damit, sein Mandant habe sich zwar aus dem Fenster gebeugt und nach hinten geblickt. Aus seiner Blickrichtung habe er den Aktivisten am Boden aber nicht wahrnehmen können und außerdem habe ihn ein Kollege eingewiesen.

Urteil für Aktivisten „unfassbar“

Der Vorfall hatte sich am 31. Mai 2019 vor der Urania ereignet, als Aktivisten mit einer Sitzblockade die Ringstraße für den Verkehr lahmlegten. Nach Auflösung der Blockade wurden Manifestanten weggetragen. Ein deutscher Student wurde zu Boden gebracht, neben einem Polizeibus in Bauchlage fixiert und festgenommen, als der Bus plötzlich anfuhr. Ein Beamter riss im letzten Moment den wehrlosen jungen Mann zur Seite. Dieser habe „für wenige Momente dem Tod ins Angesicht geschaut“, sagte sein Rechtsvertreter.

"Dass der Polizist, der mich fast absichtlich überfahren hat, mit einer kleinen Geldstrafe davonkommt, ist unfassbar“, meinte der betroffene Aktivist nach der Verhandlung. Die Einrichtung einer von der Bundesregierung versprochenen unabhängigen Ermittlungs- und Beschwerdestelle für Polizeiübergriffe lasse bis heute auf sich warten.