Renate Holm auf einem ASrchivbild aus dem Jahr 1973
APA/dpa/Dieter Klar
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Kultur

Opernstar Renate Holm ist tot

Die Sopranistin Renate Holm ist am Donnerstag im Alter von 90 Jahren in Wien verstorben. Das teilte die Wiener Volksoper mit. Das Ehrenmitglied des Hauses war über Jahrzehnte Fixpunkt im Opernbetrieb Österreichs und darüber hinaus.

Es war so etwas wie die europäische Variante des US-Traums vom Tellerwäscher zum Millionär, den Renate Holm absolvierte. Ihr Weg führte sie einst von der Sprechstundenhilfe beim Zahnarzt über die Zwischenstation als Schlagerstar auf die internationale Opernbühne. Die gebürtige Berlinerin, die am 10. August 1931 in der deutschen Hauptstadt das Licht der Welt erblickte, studierte neben ihrer Ausbildung zur zahnärztlichen Assistentin Gesang in Berlin, später bei Maria Hittorf in Wien.

Anfang als Schlagersängerin

Bei einem öffentlichen Probesingen des Rundfunksenders RIAS Berlin schnitt sie mit dem „Lied der Nachtigall“ so blendend ab, dass man eigens für sie ein „Schwipslied“ komponierte. In der Folge machte sie sich als Schlagersängerin einen Namen und wirkte von 1953 bis 1957 in insgesamt 15 Musikfilmen mit (unter anderem „Fräulein von Amt“, „Wunschkonzert“ und „Wo die Lerche singt“).

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Placido Domingo, Renate Holm, Otto Schenk, Gwyneth Jones
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Holm, Stadler, Deix, Holecek
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Holm, Stadler, Deix
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Renate Holm
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Otto Schenk Renate Holm
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Renate Holm
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Dennoch verbaute sich die Künstlerin den Weg zum klassischen Fach nicht. 1957 debütierte die Sopranistin mit großem Erfolg als Helen in Oscar Straus’ „Walzertraum“ an der Wiener Volksoper. Es folgten zahlreiche Schallplattenaufnahmen, Gastspiele im In- und Ausland, Fernseh- und Rundfunksendungen. 1960 engagierte sie Herbert von Karajan für ihren ersten Auftritt an der Wiener Staatsoper als Gretchen im „Wildschütz“, 1964 wurde sie Mitglied des Ensembles.

Papagena bei den Salzburger Festspielen

1961 feierte sie als Papagena in der „Zauberflöte“ auch ihr Debüt bei den Salzburger Festspielen. Gastauftritte führten sie aber auch noch in entferntere Gefilde wie Buenos Aires, Moskau und London. Holms Repertoire spannte sich von der Operette und dem Wienerlied über Wolfgang Amadeus Mozart, Gioachino Rossini, Giuseppe Verdi und Giacomo Puccini bis hin zu Richard Strauss.

In Wien, wo sie 1971 zur Kammersängerin ernannt wurde, zählte die Musetta in Puccinis „La Boheme“ zu ihren Glanzrollen, aber auch die als Zerbinetta („Ariadne auf Naxos“), Blondchen („Entführung aus dem Serail“), Susanna und Gräfin Almaviva („Nozze di Figaro“) und Zerlina („Don Giovanni“) brachten ihr Lob ein.

Ausflüge ans Theater

Daneben galt die besondere Liebe des jahrzehntelangen Volksopernmitglieds stets der Operette. 1975 erhielt Holm für eine Einspielung mit Operettenmelodien ihre erste Goldene Schallplatte. 1987 übernahm die Sängerin am Theater am Kurfürstendamm in Berlin dann erstmals eine Sprechrolle, 1989 trat sie in Lina Wertmüllers „Liebe und Magie in Mammas Küche“ am Wiener Volkstheater auf.

Als Fernsehautorin schrieb die viele Jahre in Wien und einer jahrhundertealten Wassermühle im niederösterreichischen Altenmarkt im Thale lebende Künstlerin und aktive Tierschützerin für den ORF eine Fernsehreihe, in der tierliebende Künstler zu Wort kamen.

Vielfach ausgezeichnet

Dieses aufregende Leben zeichnete Renate Holm in ihrer Autobiografie „Wer seiner Seele Flügel gibt …“ 2017 im Amalthea Verlag nach. Aber auch ansonsten blieb die Karriere der Erfolgssängerin nicht ungewürdigt. An Auszeichnungen erhielt Holm unter anderem den Goldenen Ehrenring der Wiener Staatsoper (1986) und die Ehrenmedaille in Gold der Stadt Wien (1987), den Robert-Stolz-Ehrenring, das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse, das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien sowie das deutsche Bundesverdienstkreuz – und den Berufstitel Professorin.

TV-Hinweis: ORF III würdigt die Verstorbene heute um 19.45 Uhr mit einem Künstlergespräch im Rahmen von „Kultur Heute“, das Peter Fässlacher 2019 mit Holm in Grafenegg geführt hatte.

Und auch am Donnerstag zollten Renate Holm zahlreiche Institutionen und Kulturproponenten Respekt. „Renate Holm hat die Opernstadt Wien über Jahrzehnte mitgestaltet und ihrer Wahlheimat damit wunderbare Geschenke gemacht“, konstatierte Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne): „Österreich kann stolz sein, dass sie sich die Volksoper als künstlerische Heimat ausgesucht hat.“ Auch die Staatsoper trauerte um die bedeutende Sopranistin, die ab 1960 insgesamt 470 Mal im Haus am Ring zu hören war. „Sie begeisterte nicht nur mit ihrer Stimme, sondern war auch für ihr Spieltalent bekannt“, beschied eines der Holm’schen Stammhäuser.