Das Wiener Heumarkt-Areal, aufgenommen am Donnerstag, 6. Juli 2017
APA/Hans Punz
APA/Hans Punz
Politik

Heumarkt: Welterbestatus wackelt weiter

Überarbeitete Pläne für das Hochhausprojekt am Heumarkt hätten den Welterbestatus der historischen Innenstadt sichern sollen. Doch ein neuer Bericht von ICOMOS, einem Beratungsgremium der UNESCO, stellt dem Entwurf kein gutes Zeugnis aus. Der Ärger bei der Stadt ist groß.

Die neuen Plänen könnten dazu führen, dass Wien weiterhin nicht von der Roten Liste der UNESCO gestrichen wird, berichtete der „Kurier“ (Samstag-Ausgabe). Statt eines 74 Meter hohen Wohnturms sehen die adaptierten Pläne ein 56,5 Meter hohes Gebäude vor.

Seit 2017 auf Roter Liste

Das historische Zentrum von Wien wurde im Juli 2017 auf die Rote Liste der bedrohten Welterbestätten der UNESCO gesetzt.

Noch im Februar hatte die Stadt ein Gutachten an die UNESCO geschickt, laut dem diese Pläne als nicht mehr welterbe-gefährdend beurteilt werden. Von „irreversiblen schädlichen Auswirkungen“ auf das Welterbeareal sprechen jetzt jedoch Fachleute von ICOMOS in einem Schreiben an die Stadt.

„Papier ist nicht ernst zu nehmen“

Landtagspräsident und Welterbeauftragter Ernst Woller (SPÖ) spricht dem siebenseitigen Papier – das Wort Gutachten lehnt er ab – allerdings die Wissenschaftlichkeit ab. „Dieses Papier ist unwissenschaftlich, es ist oberflächlich, es ist anmaßend, es gibt uns Empfehlungen, die ein Gutachter eigentlich nicht machen kann“, sagte er gegenüber „Wien heute“ am Samstag. Woller war am Freitag auf Einladung des Welterbezentrums bei der UNESCO in Paris.

UNESCO Erbe wackelt wegen Heumarkt

Obwohl die Baupläne rund um das Heumarkt-Projekt überarbeitet worden sind, damit die Wiener Innenstadt nicht seinen Weltkultur-Erbe-Status verliert, wackelt nun dieser. ICOMOS, das Beratergremium der UNESCO, stellt dem neuen Entwurf kein gutes Zeugnis aus.

Eine der Empfehlungen laute, den Investor auszuzahlen und auf das Projekt insgesamt zu verzichten. Woller erklärt sich das Schreiben unter anderem damit, dass bei Icomos seit März ein komplett neues Team im Einsatz ist. „Dieses Papier ist nicht ernst zu nehmen, wir haben es als Republik Österreich striktest zurückgewiesen und wir haben dafür sehr, sehr viel Verständnis von Seiten der Vertreter des Welterbezentrums erhalten“, zeigte er sich verärgert, aber auch optimistisch.

„Wie ein Musterschüler“ gearbeitet

Wer genau das Papier verfasste, ist Woller namentlich nicht bekannt. „Wir können daher nicht einmal einen Dialog führen.“ Der überarbeitete Plan wurde Anfang Februar nach Paris geschickt, alle Hausaufgaben seien erledigt worden, heißt es von der Stadt. Man habe die 59 Seiten langen Änderungsvorschläge, die man vor drei Jahren erhalten habe, genauestens berücksichtigt.

„Wir haben wie ein Musterschüler alle diese Empfehlungen aufgearbeitet, wir sind mit der ganzen Arbeit fertig.“ Mit dem Investor sei ein neues reduziertes Projekt ausgearbeitet worden. Bei der UNESCO habe es geheißen, dass man denselben Gutachter wolle, der bereits vor vier Jahren das sehr negative Gutachten erstellt hatte. Nach neunmonatiger Überprüfung habe man im Dezember mitgeteilt bekommen, dass das reduzierte Projekt welterbekonform sei.

Ernst Wollner im ORF-Interview
ORF
Wiens oberster Welterbebeauftragter ist gerade aus Paris zurückgekehrt und zeigt sich über die Entwicklung erbost

Neue Führungsspitze mit „strengerer Lehre“

Woller erklärt sich das jetzige Schreiben unter anderem damit, dass es bei ICOMOS seit März eine neue Führungsspitze gibt. „Und da ist es offensichtlich so, dass sich eine andere Lehre durchgesetzt hat, nämlich eine ungleich strengere Lehre.“ An den überarbeiteten Heumarktplänen will man weiter festhalten. Diese sehen einen Neubau des Hotels Intercontinental vor. Der viel kritisierte Hochhausturm kommt nicht, stattdessen ein breiteres Gebäude mit Wohnungen für Senioren – 56 Meter hoch statt der ursprünglichen 74 Meter.

Eine Lösung für das Projekt hält Woller für noch möglich. Allerdings kommt es zu einer Verzögerung. Denn die für Juni geplante Sitzung des Welterbekomitees in Russland wurde abgesagt. Die Entscheidung, ob Wien von der Roten Liste der gefährdeten Welterbestätten gestrichen wird, verzögert sich damit.

Kritik von ÖVP und FPÖ

Kritik an der Stadt kam unterdessen von der Opposition. „In der Causa Heumarkt sind offensichtlich weiterhin viele Fragen offen. Was es jetzt braucht, sind konsequente und konstruktive Entscheidungen“, so der designierte Landesparteiobmann der Volkspartei Wien Stadtrat Karl Mahrer und Planungssprecherin Gemeinderätin Elisabeth Olischar in einer gemeinsamen Aussendung am Samstag.

„Die aktuell durchgesickerten Neuigkeiten in der Causa Heumarkt und UNESCO-Welterbe bestätigen unsere Forderung nach einem völligen Projektstopp“, erneuert Wiens FPÖ-Landesparteiobmann und Stadtrat Dominik Nepp eine freiheitliche Kernforderung.