Lobau
wien.ORF.at/Doris Manola
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Klima & Umwelt

Experte: Der Lobau geht das Wasser aus

„Der Lobau geht das Wasser aus“, warnt der Ökologe Thomas Hein. Eine Zufuhr von Wasser würde helfen, wurde aber wegen des Risikos einer Verunreinigung des Trinkwassers bisher unterlassen. Am Mittwoch und Donnerstag findet in Wien das Symposium „Lobau soll leben“ statt.

„Sie verliert seit Jahrzehnten Gewässerflächen, und wir sehen ihrem Trockenfallen und damit dem Sterben als Au zu“, so der Forscher, der am Institut für Hydrobiologie und Gewässermanagement (IHG) der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien arbeitet. Laut Bildervergleichen und anderer Untersuchungen ging die Gewässerfläche in der Lobau seit den 1930er-Jahren um rund die Hälfte zurück, erklärte Hein.

Längere Trockenphasen tragen dazu bei

Vor allem die kleineren, stark strukturierten Seitenarme verlanden und sind als Lebensraum für die Wasserorganismen nicht mehr verfügbar. „Der Prozess verläuft nicht gleichmäßig, sondern nimmt noch an Geschwindigkeit zu“, sagte Hein: Denn je flacher ein Gewässer wird, umso mehr Vegetation wächst ein und umso rascher lagern sich dort pflanzliche Biomasse und Sedimente ab, die eine Verlandung beschleunigen. Auch der Klimawandel trägt sein Scherflein dazu bei: Längere Trockenphasen in der Vegetationsperiode bescheren der Donau ausgeprägte Niederwasserphasen und in Folge sinkt der Wasserpegel in der Au.

Geringe Mengen an Wasserzufuhr würden helfen

Mit Modellen untersuchten er und sein Team, was eine Wasserzufuhr bringen könnte. Auch hier gäbe es sehr klare Ergebnisse: Selbst geringe Mengen würden helfen, und umso mehr Wasser die Au bekommt, umso deutlicher würde sich ihr Gesundheitszustand bessern. Es könnte etwa mittels „Dotationen“ aus der Neuen Donau eingeflößt werden.

„Weil dieses Wasser sehr wenig Trübe und Partikelfracht aufweist, wäre mit geringen Mengen viel erreichbar“, so der Forscher: „Man könnte so zum Beispiel Gewässer verbinden und kleine Autümpel, die zum Beispiel für Amphibien sehr wichtig sind, würden sich bilden“. Zumindest der Status quo bliebe so erhalten und lokale Verbesserungen wären möglich.

Josefsteg in der Lobau
ORF
Wasserzufuhr aus der Donau würde „Sterben als Augebiet“ verhindern

Auch Wasser direkt aus dem Donaustrom in die Lobau fließen zu lassen, wäre eine Option. Dann sollten es aber größere Mengen sein, die auch wieder ausfließen können, denn es bringt sonst zu viele Partikel und Nährstoffe in die Au. So wie bei anderen Gewässersystemen entlang der Donau stromabwärts von Wien, wie dem Spittelauer Arm, dem Altarmsystem Haslau-Regelsbrunn und bei Orth könnte man auf diese Art sogar ein intaktes Gewässersystem in der Lobau herstellen, meint Hein. Die Au wäre dann wiederbelebt.

Der Schifffahrt würde das Wasser nicht fehlen. „So wie bei anderen Gewässerrestaurierungen würde man etwa bei Niedrigwasser – wenn die Donau etwa 900 Kubikmeter pro Sekunde führt – nicht mehr als fünf Kubikmeter pro Sekunde abzweigen müssen“, erklärte Hein: „Das ist für die Schifffahrt verkraftbar“. Unterhalb der Lobau würde es außerdem wieder in die Donau gelangen.

Forscher: Stadt handelt nicht

Die Forschungsprojekte sind mittlerweile schon seit ein paar Jahren abgeschlossen und wurden in Kooperation mit der Gemeinde Wien durchgeführt, berichtet Hein. Gehandelt wurde aber nicht. „Das ist frustrierend“, sagte er. Warum nichts passiert ist, obwohl diverse Lösungsvarianten auf dem Tisch liegen, erklärt er sich damit, dass „es in anderen Sektoren noch Problemstellungen gibt, die noch nicht ganz gelöst sind“.

Es wurde nicht eindeutig geklärt, ob die Wasserdotation in die Au tatsächlich Auswirkungen auf das als Trinkwasser verwendete Grundwasser hätte. „Das könnte man aber im Versuch herausfinden, indem man gezielt und mit begleitenden Sicherungsmaßnahmen Wasser in die Au führt und schaut, ob dieses befürchtete Risiko gegenüber dem Grundwasser beobachtbar wird“. In diesem Falle könnte man sichernde Maßnahmen setzen.

Für Bevölkerung als Naherholung erhalten

„Das andere Risiko, nämlich das Trockenfallen und damit Sterben des Auenaspektes dieses Gebietes ist hingegen Realität, und wir schauen tatenlos zu“, so der Gewässerökologe. Beim umstrittenen Lobautunnel wird vonseiten der Gemeinde Wien neben dem Schutz der Bevölkerung vor Verkehr auch der Schutz der Au als Vorteil genannt. „Wenn man die Lobau mit solchen sehr hohen Investitionen schützen will, ist es für mich widersinnig, wenn man sie als Augebiet gleichzeitig massiv vernachlässigt und vertrocknen lässt“, erklärte Hein.

Die Besuchernutzung sei für die Lobau gewässerökologisch kein großes Problem. „Ich sehe die Erholungsfunktion sehr positiv“, sagte er: „Mehr als eine Million Menschen besuchen im Jahr die Lobau und es ist wichtig, dass das einstig kaiserliche Jagdgebiet für die Bevölkerung zur Naherholung nutzbar gehalten wird“.

Symposium: Bedeutung als Augebiet

Das Symposium „Lobau soll leben – Wasser für die Au – Erkenntnisse und Perspektiven aus der Wissenschaft“ findet am 27. und 28. April am Naturhistorischen Museum (NHM) in Wien statt. „Es thematisiert die Lobau als Teil eines der letzten großen zusammenhängenden Augebiete Mitteleuropas sowie ihre ökologische Bedeutung, die Bemühungen zum Erhalt ihrer Biodiversität und die aktuelle Forschungslage dazu“, so die Veranstalter.

Das sind neben dem NHM der Verein zur Erforschung der Flora Österreichs „Flora Austria“, das Forum Wissenschaft & Umwelt, die Internationale Arbeitsgemeinschaft Donauforschung (IAD), das Lobaumuseum – Verein für Umweltgeschichte, das Österreichische Komitee Donauforschung (ÖK-IAD) und die Zoologisch-Botanische Gesellschaft Österreichs.