„WINTERPAKET DER STADT WIEN“
APA/GEORG HOCHMUTH
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Soziales

Ganzjährige Quartiere für Wohnungslose gefordert

Der Verband Wiener Wohnungslosenhilfe (VWWH) hat am Mittwoch seinen Situationsbericht 2022 präsentiert. Gefordert wird eine Ausweitung der Notquartiere. Diese sollten – so wie in der Pandemie – das ganze Jahr über zur Verfügung stehen.

„Wir stellen nach jeder Saison fest, dass es den Menschen nach ihrem Aufenthalt in den Notquartieren besser geht. Zu Beginn der neuen Saison hat sich der Gesundheitszustand dann aber wieder verschlechtert“, berichtete Oliver Löhlein, Geschäftsführer des Samariterbund Wien. Während der Pandemie wurden die Winterquartiere ausgeweitet und waren ganztätig und das ganze Jahr über betretbar. Das solle auch beibehalten werden, meinte Löhlein.

900 nutzen Notunterkünfte im Wiener

Auch volkswirtschaftlich sei es sinnvoll, Menschen eine Unterkunft zur Verfügung zu stellen. Dadurch würden Menschen weniger krank und Kosten für Rettungseinsätze und Spitalsaufnahme vermieden werden, betonte der Wiener Samariterbund-Geschäftsführer.

Rund 900 Personen würden die niederschwelligen Notunterkünfte jeden Winter nutzen, so Löhlein. 34 Prozent der Männer und 43 Prozent der Frauen würden jedoch nicht länger als zehn Tage in den Quartieren bleiben. Rund ein Viertel der Menschen verbringt mindestens 90 Nächte in einem Quartier und ist dringend auf einen kontinuierlichen Schlafplatz angewiesen.

„Viel zu viele fallen durch das soziale Netz“

„Armut ist saison- und herkunftsunabhängig, es braucht dauerhafte, zielgerichtete und nachhaltige Lösungen“, forderte auch Elisabeth Hammer, Geschäftsführerin im neunerhaus. Derzeit würden viel zu viele Menschen durch das soziale Netz fallen, weil sie die rechtlichen Ansprüche nicht erfüllen würden, so Hammer. Der VWWH fordert deshalb auch niederschwelligen Zugang zu Gesundheitsversorgung. Vor allem Menschen aus Drittstaaten bzw. EU-Ländern sollten so bessere Versorgung erhalten.

Menschen aus anderen EU-Staaten bzw. Drittstaaten haben keinen Anspruch auf Leistungen der städtischen Wohnungslosenhilfe. Diese würden zwar kurzfristige Hilfe erhalten wie etwa die Unterbringung in saisonal begrenzten Notquartieren im Winter, nachhaltige Unterstützung bei der Lösung des Problems sei jedoch nicht vorgesehen, sagte Hammer.

Die Ankündigung zur Verbesserung des Sozialhilfegesetzes unterstütze sie, es brauche aber auch eine Ausweitung der Härtefallregel, denn zu viele Personen seien nicht anspruchsberechtigt. Es handle sich dabei vor allem um Menschen zwischen 30 und 50 Jahren, die auf der Suche nach Arbeit nach Österreich gekommen seien.

Langfristige Unterkünfte für Vulnerable gefordert

Neben der Ausweitung von Notquartieren fordert der VWWH auch langfristige, gesicherte Unterkünfte für die besonders Vulnerablen. Es handle sich dabei um rund 230 Personen, die aufgrund ihres Alters, psychischen oder chronischen Krankheiten besonderen Schutz bräuchten, sagte Joschi Sedlak, Geschäftsführer von ARGE Wien. Der Verband Wiener Wohnungslosenhilfe ist ein Zusammenschluss von zehn Organisationen, eingebettet in die Struktur der Stadt Wien. Ziel des Verbandes ist die Unterstützung der Mitglieder in der Wohnungshilfe.

Grüne für ganzjährige Notquartiere

Die Wiener Grünen unterstützen die Forderung, die Winternotquartiere ganzjährig zu öffnen. „Wohnen ist ein Menschenrecht und die Stadt Wien muss dieses Recht auf Wohnen ganzjährig, niederschwellig und diskriminierungsfrei ermöglichen. Die Ausweitung des Winterpakets auf das ganze Jahr ist auch relevant, um obdachlose Menschen nicht nur vor extremer Kälte sondern auch vor Hitze zu schützen“, forderte die grüne Sozialsprecherin Viktoria Spielmann in einer Aussendung.

Außerdem solle die Qualität der Unterkünfte verbessert werden, so Spielmann. Durch Einzel- oder Doppelzimmer sollte den Menschen mehr Privatsphäre zugestanden werden. Vor allem für Frauen sei ein geschützter Rahmen wichtig, um sich vor Übergriffen zu schützen. Die Stadt Wien müsse konkrete Zahlen zu Obdach- und Wohnungslosigkeit in Erfahrung bringen, diese gäbe es bis jetzt nicht, kritisierte Spielmann. „Nur so kann die Stadt Wien ihr Angebot entsprechend adaptieren“.