Häuser zum Leben arbeiten mit VR-Brillen
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Freizeit

Mit VR-Brillen in eine andere Zeit

VR-Brillen werden in den „Häusern zum Leben“ eingesetzt, um bei Demenzerkrankten Erinnerungen aus der Jugend hervorzuholen. Sie bekommen alte Familienbilder und Orte zu sehen, wodurch die Immobilität kurzzeitig überwunden werden kann. Auch bei den „VR Tours Vienna“ wird man virtuell in eine andere Zeitperiode versetzt.

In der Pflegearbeit kann der Einsatz von VR-Brillen entscheidende Wirkung erzielen. Im Jahr 2019 starteten die „Häuser zum Leben“ ein Pilotprojekt, um Bewohnerinnen und Bewohnern mit Demenzerkrankung mithilfe von VR-Brillen Glücksmomente zu verschaffen. Die Brille hat dabei eine therapeutische Wirkung und fungiert als Ergänzung zur täglichen Pflegearbeit. Das Projekt wurde seitdem auf alle 30 „Häuser zum Leben“ und auch auf Bewohnerinnen und Bewohner ohne Demenz ausgeweitet.

Die Idee für den Einsatz von VR-Brillen bei Menschen mit demenziellen Erkrankungen beruht auf der Erkenntnis, dass technische Lösungen mittels „Virtual Reality“ in der Biografiearbeit einen wertvollen Beitrag leisten. Die Betroffenen werden befragt, welche Bilder sie in einem 360-Grad-Format sehen wollen. Diese können Familienbilder, aber auch frei gewählte Fotos und Videos von beliebigen Orten sein. So sei auch ein virtueller Rundgang durch den Prater oder ein Museum möglich, erzählte Abteilungsleiterin und Demenzexpertin Karin Eder.

Häuser zum Leben arbeiten mit VR-Brillen
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Die Teilnehmenden werden bei der VR-Darbietung von Pflegerinnen und Pflegern begleitet (Symbolbild)

Steigerung der Gehirnaktivität

Während der gesamten Darbietung, die zwei bis fünf Minuten dauert, werden die Teilnehmenden von den Pflegerinnen und Pflegern begleitet und beobachtet. Den Betroffenen werden konkrete Fragen zur Kindheit oder Jugend gestellt, wodurch sie motiviert werden, sich an Erlebnisse und Geschichten zu erinnern. Ziel des Projekts sei es, positive Emotionen in den Menschen zu wecken, den Krankheitsverlauf zu verringern und die Lebensqualität zu erhöhen, so Projektleiterin Nicole Jagodic.

Studien haben ergeben, dass der Einsatz von VR-Brillen als mentale Unterstützung dienen kann, die Gehirnaktivität erhöht und beruhigend wirkt. Vor allem im ersten und am Anfang des zweiten Stadiums der Erkrankung können die VR-Brillen sehr effektiv sein. Die Kommunikation und Geselligkeit werden gefördert. „Wir haben das Gefühl, dass sich die Demenzerkrankten einerseits über die Bilder freuen und dass sie andererseits wieder etwas Neues zu erzählen haben“, berichtete Jagodic.

Sightseeing-Tour mit Zeitreisen

Bei den „VR Tours Vienna“ wird eine Sightseeing-Tour durch die Innenstadt mit mehreren virtuellen Szenen kombiniert, die einen Einblick in ein früheres Jahrhundert geben. Die erste Station ist beim Südturm des Stephansdoms, wo man zunächst historisches Hintergrundwissen erfährt, bevor man die VR-Brillen aufsetzt und 500 Jahre zurückversetzt wird. Mit einer 360-Grad-Sicht erkennt man dicht bebaute Gebäude rund um den Stephansdom und mittelalterlich gekleidete Bewohnerinnen und Bewohner in ihrem alltäglichen Leben.

Für die nächste Szene werden die Teilnehmenden auf die andere Seite des Doms geführt. Dort begibt man sich ins Jahr 1683 und erlebt umgeben von Feuer und Ratten die Osmanische Belagerung virtuell mit. Die Szenen dauern jeweils fünf Minuten und bieten eine Abwechslung zur gewöhnlichen Führung. So führt die Tour zur Pestsäule, über den Burggarten bis zur Wiener Staatsoper. Dabei kann man durch die VR-Brille auch die Kaiserin Sisi beobachten oder den Trubel der Innenstadt in den Goldenen Zwanzigern verfolgen.

Fotostrecke mit 2 Bildern

VR Tours Vienna am Heldenplatz mit Sissi
VR Tours Vienna
In der Szene am Heldenplatz winken die Wienerinnen und Wiener der Kaiserin Sissi zu
VR Tours Vienna vor der Staatsoper
VR Tours Vienna
Durch die VR-Brille wird man vor der Staatsoper in die 1920er Jahre zurückversetzt

Verschiedene Epochen nebeneinander

Die virtuellen Nachempfindungen der Wiener Innenstadt beginnen im Mittelalter und enden beim Zweiten Weltkrieg. Während der Führung, die ungefähr zwei Stunden dauert, kommen die VR-Brillen an insgesamt sechs Standorten zum Einsatz. Ergänzt wird die Tour durch Anekdoten zur Geschichte und Architektur Wiens.

Die „VR Tours Vienna“ gibt es seit dem Sommer 2021. Die Idee stamme von einem ähnlichen Konzept aus Budapest, erklärte Rainer Warrings von „VR Tours Vienna“. Anders ist jedoch, dass die Teilnehmenden dabei nicht in einem Kinosaal sitzen, sondern tatsächlich durch die Stadt gehen und somit auch den Kontrast zwischen den verschiedenen Zeitperioden erfahren. Die Führungen sind laut Warrings ziemlich aufwendig, da die Brillen sehr teuer und empfindlich sind. Besonders bei starker Sonne und Regen muss aufgepasst werden.

VR Tours Vienna vor dem Stepahnsdom
Eva Kelety
Vor dem Stephansdom werden die Teilnehmenden durch die VR-Brille in ein anderes Jahrhundert versetzt

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Die Tour kann sowohl von Touristinnen und Touristen als auch von Personen, die Wien schon gut kennen, besucht werden. Laut Warrings nahmen bis jetzt vor allem Wienerinnen und Wiener, die die wichtigsten Gebäude und Plätze auf eine neue Art kennenlernen wollten, an der VR Tour teil. „Wichtig ist dabei nicht nur, den Stephansdom auf den Zentimeter genau nachzustellen, sondern auch den Teilnehmenden das Gefühl zu geben, in eine frühere Zeit eintauchen zu können“, so Warrings.