Gesundheit

Nur noch 76 Kassenkinderärzte in Wien

Die Wiener ÖVP hat Ende April vor einem Versorgungsengpass in Sachen Kassenärztinnen und -ärzte gewarnt. Stadt, Gesundheitskasse und Ärztekammer müssten gemeinsam aktiv werden. So gebe es etwa nur mehr 76 Kassenkinderärztinnen bzw. -ärzte in Wien.

„Eklatant“ seien die Versorgungslücken vor allem bei den Kassenpraxen für die Behandlung von Kindern, so die Wiener ÖVP. 2010 habe es noch 91 Kinderärztinnen und -ärzte gegeben. Während ihre Zahl im vergangenen Jahrzehnt deutlich gesunken sei, sei die Zahl der Wahlärztinnen und -ärzte für Kinderheilkunde von 76 auf 135 angewachsen.

Rund 60 Prozent aller unbesetzten Kassenstellen betreffen laut Wiener ÖVP den Bereich der Kinder- und Jugendheilkunde. Insgesamt habe es im Jahr 2010 noch 1.745 Kassenärztinnen und -ärzte in Wien gegeben, bis 2021 habe sich die Zahl auf 1.561 verringert. Gleichzeitig sei die Zahl der Wahlärztinnen und -ärzte im selben Zeitraum von 3.033 auf 3.967 gestiegen.

Korosec: „Eigentlich Revolution fällig“

Um den Trend zu stoppen, müssten Stadt, Ärztekammer und Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) nun gemeinsam Maßnahmen ergreifen, forderten Wiens ÖVP-Chef Karl Mahrer und Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec in einer Pressekonferenz.

Die ÖGK müsse etwa das System der Honorierung überdenken. „Eigentlich ist dort eine Revolution fällig“, befand Korosec. Die Volkspartei urgierte nicht nur eine Erhöhung der Abgeltungen, sondern auch einen neuen Modus. Es würde etwa die Zeit, die Ärzte für Gespräche aufwenden, derzeit nicht honoriert. Das veraltete System solle dahingehend geändert werden, dass es statt der Verrechnung einzelner Untersuchungen künftig Pauschalabgeltungen gibt, sagte Mahrer.

Mehr Primärversorgungszentren gefordert

Zudem sollten die Primärversorgungszentren ausgebaut werden. Dass das von der rot-pinken Stadtregierung formulierte Ziel von 36 derartiger Einrichtungen bis 2025 umgesetzt wird, wird eher bezweifelt. Derzeit gebe es nur sechs Primärversorgungszentren, gab man zu bedenken. Ein Problem sei, dass ÖGK und Ärztekammer hier nicht wirklich an einem Strang ziehen würden, konstatierte die Volkspartei.

Hier kommt nun auch die Stadt ins Spiel, die aufgefordert wird, sich vehementer einzumischen. „Alle diese Maßnahmen müssen koordiniert werden“, so Korosec. Sie forderte Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) auf, in den genannten Bereichen mehr Druck zu machen. Denn auch wenn Wahlärzte ihre Berechtigung hätten, nur die Kassenärzte könnten das System aufrechterhalten, versicherte Mahrer. Viele könnten sich den Gang zum Wahlarzt nicht leisten, die Folge sei auch eine unnötige Belastung der Spitalsambulanzen.

Hacker mit Wahlarztsystem unzufrieden

Hacker hatte sich kürzlich bereits selbst kritisch zum Wahlarztsystem und zur aktuellen Versorgungssituation geäußert. Im SPÖ-Rathausklub zeigte man sich angesichts der ÖVP-Forderungen „sehr verwundert“. „Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, wenn dieselbe ÖVP, die vor drei Jahren das Krankenkassensystem radikal umgebaut hat, die Arbeitnehmer*innenvertretung aus der Steuerung der Gesundheitskasse gestoßen hat, um ÖVP-nahe Arbeitgeber*innenvertretung zu installieren, nun feststellt, dass die Situation in der ärztlichen Versorgung im niedergelassenen Bereich immer schlechter wird“, so SPÖ-Gesundheitssprecherin Claudia Laschan in einer Aussendung.