Gericht

Lebenslang für Mord an 37-jähriger Frau

Ein 46-Jähriger muss wegen Mordes lebenslang in Haft. Er wurde zudem in eine Anstalt eingewiesen. Die Interventionsstelle für Gewalt sprach von einem schwarzen Tag für den Opferschutz, der Mord geschah trotz dreier Polizeieinsätze.

Der Verurteilte hatte am 14. November 2021 in einer Einrichtung für betreutes Wohnen in Floridsdorf die Frau erstochen und einen Mann lebensgefährlich verletzt. Das Urteil ist rechtskräftig. Die Frau hätte ihm seine Drogenersatzpräparate gestohlen gehabt, so der Angeklagte. Da habe ihn der Zorn gepackt: „Es ging um die Substitution. Sie hat sie mir weggenommen. Die Wochenration! Ich bin auf sie zu und habe sie mit massivem Messerangriff zu Tode gebracht. Ich war so zornig, dass sie mir meine Medikation g’stohlen hat.“

13 Stichverletzungen in Gesicht, Hals, Brust und Bauch der Frau wurden bei der Obduktion gezählt. Auf die Frage des Richters, welcher Stich seiner Erinnerung nach tödlich gewesen sei, erwiderte der Angeklagte: „Um ehrlich zu sein, war der erste sehr unmittelbar.“ Die Frau sei gleich „tot zusammengesackt“.

Angeklagter hat 21 Vorstrafen

Die Bluttat spielte sich in der Wohnung eines anderen Mieters in der sozialen Einrichtung ab. Nach der Attacke auf die 37-Jährige ging der Angeklagte auch noch auf diesen Mann los. Dieser habe „wild gestikuliert und geschrien“, so der Angeklagte. Da habe er „auf alle Fälle auch auf ihn eingestochen. Ich wollte ihn nicht umbringen, habe aber den Tod billigend in Kauf genommen“, so der Angeklagte.

Der 42-Jährige wurde „am ganzen Oberkörper zerstochen“, wie er als Zeuge dem Gericht darlegte. Ein weiterer in der Einrichtung untergebrachter Mann dürfte ihm das Leben gerettet haben. Er lenkte den Täter ab, zog den lebensgefährlich Verletzten in seine Wohnung, verriegelte diese und alarmierte die Rettung. Dank einer funktionierenden Rettungskette und einer geglückten Notoperation überlebte der Mann 25 Stich- und Schnittverletzungen.

Psychiater hält Angeklagten für gefährlich

„Es ist eine Wahnsinnstat. Ich bereue es“, sagte der Angeklagte abschließend. Er sehe ein, dass er „eine Behandlung“ brauche. Weil ihn ein Psychiater für gefährlich hält, hatte die Staatsanwaltschaft auch die Unterbringung im Maßnahmenvollzug beantragt. „Ich werd’ schauen, dass ich die Behandlung nutze“, meinte der Angeklagte. Bei seiner Festnahme hatte er gegenüber der Polizei angemerkt, im Gefängnis wolle er studieren und Sport betreiben.

Anwalt Rudolf Mayer hatte in seinem Schlussvortrag das Gericht ersucht, „von einer lebenslangen Freiheitsstrafe abzusehen“. Dem leistete das Gericht keine Folge. Ungeachtet des Geständnisses sei aufgrund der Fülle an Vorstrafen nur mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe das Auslangen zu finden, sagte der Richter in der Urteilsbegründung. „Ich habe das Urteil verstanden“, bemerkte der 46-Jährige nach kurzer Rücksprache mit seinem Verteidiger, „ich nehme das Urteil an“. Bevor er von der Justizwache abgeführt wurde, hielt er noch fest: „Ich möchte mich entschuldigen, es tut mir leid.“

Interventionsstelle sieht Lücken im Gewaltschutz

Die Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie forderte nach dem Prozess von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) eine Mordfall-Analyse unter Einbeziehung des Opferschutzes, um Lücken im Gewaltschutz zu schließen. Vor dem Mord an der Frau habe die Polizei zahlreiche Einsätze gefahren, die Angelegenheit sei jedoch als „Streit im Drogenmilieu“ abgetan, die Gefährdung der Frau nicht erkannt worden.

Den ersten Polizeieinsatz um 12.21 Uhr hatte der spätere Täter bewirkt, indem er die Polizei rief, weil ihm die 37-Jährige die Drogenersatzpräparate gestohlen habe. Die Frau stellte das in Abrede, um 13.00 Uhr war der Einsatz beendet. Fünf Minuten später alarmierte dann die Frau die Polizei und meldete eine gefährliche Drohung. Beim Eintreffen der Beamten gab die 37-Jährige an, der 46-Jährige habe sie als „die billigste Nutte, die ich je hatte“ beschimpft. Für die Polizeibeamten war kein Straftatbestand gegeben, der Versuch, mit dem späteren Täter zu sprechen, misslang.

Doch der 46-Jährige hatte sich nur schlafen gelegt. Gegen 14.00 Uhr sei er erwacht, schilderte er, ging mit einem Klappmesser in der Hosentasche zu der 37-Jährigen. Um 14.14 Uhr war die Polizei dann zum dritten Mal binnen zwei Stunden in der Einrichtung. „Da habe ich sie schon umgebracht“, merkte der 46-Jährige vor Gericht zu den zeitlichen Abläufen an. „Keine Opferschutzeinrichtung wurde informiert, keine Fallkonferenz wurde einberufen“, kritisierte die Interventionsstelle. Sie ortete einen „schwarzen Tag für den Opferschutz“.