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Winzer haben Top-Weine und Probleme

Ein ausgezeichneter Jahrgang 2021, Hotels und Restaurants geöffnet, der Tourismus im Aufschwung: Eigentlich beste Voraussetzungen, um Zweigelt und Gemischten Satz aus Wien an den Mann und die Frau zu bringen. Doch die Wiener Winzer haben Probleme.

Ein besonders gutes Jahr war 2021 für den Sauvignon Blanc aus Wien: Sortentypische Weine, klare Stilistik, viel Trinkfreude – mit dieser Qualität ergibt Sauvignon Blanc auch außerhalb der Steiermark Sinn, hieß es bei der Vergabe des Wiener Weinpreis 2022. Insgesamt „sehr fein und ausbalanciert“ sei der Jahrgang 2021, dessen Genuss eigentlich nichts im Wege steht. Doch hinter dieser fast perfekten Fassade der Weinprodukte kämpfen die Wiener Weinproduzenten gleich mit mehreren Problemen.

Flaschen fehlen, Personal fehlt, Gäste fehlen

Viele dieser Probleme sind auch aus anderen Branchen und besonders auch in der Landwirtschaft bekannt: Es sind einerseits die immer höheren Betriebskosten. Dazu kommt laut dem Präsidenten des Wiener Weinbauverbandes, Norbert Walter, dass man nach der Bestellung rund drei Monate auf Flaschen oder Verschlusskapseln warten muss, oder dass es kein Papier für Etiketten gebe.

Außerdem gebe es „ganz veritable“ Personalprobleme. Wenn ein qualifizierter Traktorfahrer ausfalle, sei kein Ersatz zu finden. In den Heurigenbetrieben fehle es an Bedienungspersonal „obwohl wir sogar einen neuen Kollektivvertrag abgeschlossen haben, der deutlich über dem normalen Gastronomie-Kollektivvertrag liegt“, so Walter. Trotzdem sei kein Personal zu finden.

Edelmoser Heurigen Hof Weinbauer
Edelmoser
Am Stadtrand fehlen den Winzern Gäste.

Auch ein sehr spezielles Wiener Problem dämpft laut Walter die Freude über den gelungenen aktuellen Jahrgang: die stadtweiten Kurzparkzonen und das Parkpickerl. Davon betroffen sind vor allem jene Buschenschänken und Heurigenbetriebe am Stadtrand, „wo die öffentlichen Verkehrsmittel leider Gottes nicht in dem Maße ausgebaut sind wie in der Wiener Innenstadt oder innerhalb des Gürtels“. Und dadurch verlagere sich der Besuch von Heurigen und Buschenschank in Gebiete rund um Wien. Das Fehlen der Gäste sei besonders unter der Woche zu bemerken.

Weinkeller mit alten Jahrgängen noch gut gefüllt

Ein weiteres Problem ist direkt der Pandemie und den Lockdowns geschuldet. Durch lange und wiederholte Schließzeiten von Hotels und Restaurants lagern in deren Keller noch viele Flaschen älterer Jahrgänge. Die würden sich aktuell auch oft auf den Weinkarten finden und dadurch dem aktuellen Jahrgang weniger Platz lassen, so Walter. Aus dem selben Grund seien auch die Bestellungen der Gastronomie in Westösterreich noch nicht wieder auf dem Niveau wie vor der Coronavirus-Pandemie.

Allerdings sieht Walter auch einen gewissen Lerneffekt in der Pandemie, durch den die Menschen Gefallen an älteren Jahrgängen gefunden hätten. Dazu kämen die erklärten Jungweintrinker „und dadurch hoffen wir, dass sich mit Ende des Jahres auch diese Lagerflächen leeren und die Leute durchaus auch bereit sind, einen guten gereiften Wein zu einem guten Abendessen oder zu einem guten Anlass wählen“.

Weinlese
dpa/dpaweb/Frank May
Die nächste Weinlese kommt bestimmt

Fässer müssen für Jahrgang 2022 geleert werden

Trotz all der Schwierigkeiten meinte Walter, „dass wir doch hoffnungsfroh in das Jahr bis in den Herbst gehen wollen und müssen.“ Denn es sei in jedem Fall eine Perspektive nötig. Es sei ja bereits Mitte Mai, in ein paar Monaten schon komme der nächste Jahrgang in die Keller. Insofern sei auf einen guten Absatz in den nächsten Monaten zu hoffen, um die vorhandenen Reserven an Wein aufzubrauchen.