Yurii Ryzhkov | Ukraine Flüchtling / Angestellter Maschinenbau-Familienunternehmen Gotschlich
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WIRTSCHAFT

Hürden für Ukrainer auf Arbeitsmarkt

Einen Job zu bekommen gestaltet sich für einige ukrainische Flüchtlinge schwierig. Firmen sind gewillt, Geflüchtete anzustellen – die Bürokratie würde aber bremsen. Von den rund 15.000 erwachsenen Flüchtlingen sind momentan knapp 880 Personen in einem Arbeitsverhältnis.

Eine große Hürde ist laut Firmen die Bürokratie in Österreich. Das Warten auf die Blaue Karte, die Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht, würde eine rasche Anstellung oft verzögern, sagte Junior-Chef Michael Wotke von der Firma „Maschinenbau Gotschlich“ im „Wien heute“-Interview. Seit Mitte April arbeitet der 50-jährige Ukrainer Yurii Ryzhkov im Unternehmen im 21. Bezirk, das Drehkreuze herstellt.

Blaue Karte verzögerte Anstellung

Der 50-Jährige ist mit seiner Frau direkt aus dem Urlaub in Ägypten nach Wien geflohen und nicht mehr in seine Heimat zurückgekehrt. Über Bekannte ist er zu dem Job bei Michael Wotke gekommen. In der Ukraine hatte er eine eigene Holzfirma, die Möbel hergestellt hat. In Wien hat er eine Vollzeitanstellung bekommen. „Es ist super, ich kann es hier wie Zuhause machen. Ich arbeite mit Holz und es gefällt mir wirklich sehr. Der Weg bis hierher war aber schwierig. Alles war sehr bürokratisch. Ich habe ein Monat versucht, Arbeit zu bekommen“, sagte der Ukrainer.

Die Firma wollte den Handwerker sofort anstellen. Das Warten auf die Blaue Karte hätte allerdings gebremst. „Wir haben jeden Tag nachgefragt. Aber das war wirklich mühsam, bis das endlich da war. Das waren echt drei verschwendete Wochen. Und dann konnten wir eben erst um die Arbeitsbewilligung ansuchen“, so Wotke gegenüber „Wien heute“.

„Kein Rückstau“ laut Innenministerium

Laut dem Innenministerium (BMI), das für die Registrierungen der Flüchtenden aus der Ukraine zuständig ist, würde es keine Probleme mehr mit der Versendung der Blauen Karten geben. Österreichweit wurden laut BMI 71.850 ukrainische Kriegsgeflüchtete erfasst und 62.000 Vertriebenenausweise ausgestellt, davon 59.904 verschickt. 70 Prozent der Flüchtenden seien Erwachsene und 30 Prozent Minderjährige.

Von dem Sprecher des Innenministeriums hieß es, dass es „keinen übermäßigen Rückstau“ bei der Ausstellung der Vertriebenenausweise gebe. „Nach Einlagen aller Daten erfolgen Produktion und Versand durch die Österreichische Staatsdruckerei binnen weniger Tage“, so Sprecher Harald Sörös.

Denis Kuzmenko | Ukraine Flüchtling / Angestellter Video-Cutter LOLA x MEDIA
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Denis Kuzmenko aus Charkiw arbeitet als Video- und Audiocutter in einer Film-Produktionsfirma

Langes Warten auf Beschäftigungsbewilligung

Auch die Bearbeitungsdauer der Beschäftigungsbewilligungen beim AMS könnte schneller gehen, sagte die Geschäftsführerin von „LOLA x MEDIA“ Miriam Steurer. Bevor Flüchtlinge in Unternehmen angestellt werden dürfen, müssen die Firmen beim AMS eine sogenannte Beschäftigungsbewilligung beantragen. Das hat sich im Fall von Denis Kuzmenko als Herausforderung herausgestellt. Seit Ende April ist der Ukrainer in der Produktionsfirma angestellt.

Bevor die Medienfirma den Alleinerzieher anstellen konnte, hätte das Unternehmen vier Wochen lang auf die Beschäftigungsbewilligung vom AMS gewartet. „Man ist gewillt, jemanden was zu bezahlen, jemanden anzustellen und dann wartest du und wartest du und wartest du, weil du brauchst den Mitarbeiter schon und der natürlich das Geld. Weil was machst du in Österreich ohne Geld?“, so Steurer.

Firmen zur Anstellung von Ukrainern

„LOLA x MEDIA“-Geschäftsführerin Miriam Steurer und Maschinenbau-Gotschlich Junior-Chef Michael Wotke über die Herausforderungen Flüchtende aus der Ukraine anzustellen

Der 40-Jährige ist alleine mit seinem 12-jährigen Sohn nach Wien gekommen. In Charkiw hatte er ein eigenes Ton- und Videostudio. In Wien ist er Vollzeit angestellt worden und schneidet Werbefilme. „Der Unterschied zur Arbeit in der Ukraine ist hier in Wien wirklich riesig. Ich habe noch nie in so einer entspannten und guten Atmosphäre gearbeitet. In der Ukraine war es viel stressiger. Hier arbeite ich in einer guten Firma, mit echt tollen und lustigen Leuten. Ich bin so dankbar für die Unterstützung, die ich in Österreich bekomme“, so Denis Kuzmenko.

AMS sieht keine Probleme

Laut der Stadt Wien sind momentan rund 21.000 Flüchtlinge aus der Ukraine mit Haupt- oder Nebenwohnsitz in Wien gemeldet. Von den rund 15.000 erwachsenen ukrainischen Flüchtlingen in Wien sind momentan knapp 880 Personen in einem Arbeitsverhältnis, hieß es vom AMS Wien.

In Summe waren es laut AMS 1.100 Firmen, die bisher um eine Beschäftigungsbewilligung für Ukrainerinnen und Ukrainer angesucht haben. 190 davon werden gerade noch vom AMS bearbeitet. Es gibt aber auch Firmen, die es sich anders überlegt haben, so das AMS: 21 haben die Beantragung zurückgezogen. Vier Unternehmen wurden vom AMS abgelehnt. 112 Anträge seien es momentan ohne Blaue Karte – die Bewilligung dieser stünden noch an.

„Probleme gibt es bei der Antragsstellung seitens des AMS keine. Die Diskussion um die Zuverdienstgrenze zur Grundversorgung beschäftigt aber sehr wohl Dienstgeber_innen und Dienstnehmer_innen“, sagte AMS-Sprecher Sebastian Paulick – mehr dazu in Karner pocht auf Sonderstellung der Ukraine-Flüchtlinge. Aktuell befinden sich 51.300 Vertriebene aus der Ukraine in der Grundversorgung. Registriert wurden hierzulande bisher 71.850 Personen.

Hohe Nachfrage im Tourismus

„Ein Drittel der Bewilligungen in Wien wurde für Beherbergung und Gastronomie erteilt. Generell ist der Dienstleistungssektor mit 90 Prozent in Wien am stärksten. Im Österreich-Vergleich ist der Dienstleistungssektor mit 70 Prozent auch am stärksten. Die 20% Unterschied sind mit den Branchen Landwirtschaft und Produktion zu erklären“, so Sebastian Paulick, Sprecher des AMS Wien.

Die Beratungseinrichtungen des AMS würden von einem hohem Engagement berichten, einige Job-Vermittlungen seien bereits passiert. „Allerdings stellen die Deutschkenntnisse und Kinderbetreuung sich derzeit noch als Hürde heraus“, hieß es weiter.

Flüchtlingskoordinator Michael Takacs hat angekündigt, dass das Problem mit den Deutschkursen „gelöst wurde“. Bis dato waren Deutschkurse beim Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) nur mit einer Sozialversicherungsnummer möglich. Nun könnten Vertriebene ohne SV-Nummer mit dem Kurs starten und diese dann nachreichen. Bei Deutschkursen gebe es österreichweit aktuell 3.000 Förderzusagen, 1.300 Kursplätze seien gebucht. Zudem gebe es geradezu einen „Online-Boom“ von 6.500, die den Deutschkurs online absolvieren.