Exodus
Mykhaylo Palinchak
Mykhaylo Palinchak
Kultur

Albertina zeigt Schrecken des Krieges

Der Ukraine-Krieg ist nun auch in der Albertina zu sehen. Rund 40 Fotografien von Mykhaylo Palinchak stehen in der Ausstellung „Die Schrecken des Kriegs. Goya und die Gegenwart“ in etwa ebenso vielen Werken des spanischen Künstlers Francisco de Goya gegenüber.

Um keine Ausstellung, sondern „ein Statement“ handle es sich, sagte Albertina-Generaldirektor Klaus Albrecht Schröder bei der Eröffnung am Dienstag in Wien. Er sehe die Zurschaustellung der Radierungen Goyas und der Fotografien Palinchaks – und damit der Werke zweier bedeutender Dokumentaristen des Krieges – als Warnung dafür, alles zu tun, den Ukraine-Krieg so bald wie möglich zu beenden, wobei er keinen Hehl daraus machte, dass trotz aller Wertschätzung der Albertina für russische Kunst in diesem Falle die Sympathien klar bei der Ukraine verortbar seien.

Widerstand und Auswirkungen

In der Schau stehen einander die Werke Palinchaks und Goyas gegenüber. Auf der einen Seite werden die Besucherinnen und Besucher mit flüchtenden Menschen, trauernden Personen, zerstörten Gebäuden, aber auch zugedeckten Leichen und jungen Kämpfern konfrontiert. Versehen sind die Aufnahmen des ukrainischen Fotografen aus Kiew, Butscha, Irpin und auch Borodjanka schlicht mit Ort und Datum. Auf der anderen Seite warten Goyas Radierungen, die erst Jahrzehnte nach dessen Tod 1863 in Madrid herausgegeben wurden und die Grausamkeiten des Spanien-Feldzugs Napeoleons zeigen.

Fotostrecke mit 8 Bildern

ohne Titel
Mykhaylo Palinchak
Los Desastres de la Guerra: Lo mismo – Dasselbe, 1812-1815
Albertina, Wien
Exodus
Mykhaylo Palinchak
Los Desastres de la Guerra: Ya no hay tiempo – Schon ist keine Zeit mehr, 1810-1812
Albertina, Wien
ohne Titel
Mykhaylo Palinchak
Los Desastres de la Guerra: Con razon ó sin ella – Mit oder ohne Vernunft, 1812-1815
Albertina, Wien
War Borodjanka
Mykhaylo Palinchak
Los Desastres de la Guerra: Se aprovechan | Sie machen sich‘s zunutze, 1810 – 1812
Albertina, Wien

Sie zeigen teils explizit Mord, Folter, die Schändung von Frauen, aber auch die trostlosen Umstände der Hungersnot in den Jahren 1811 und 1812. Betitelt sind die in kleinen Gruppen dicht gehängten Werke etwa mit „Barbaren!“, „Warum“, „Schreien nützt nichts“ und „Sie wollen nicht“. Während Goya häufig die grausamen Taten der französischen Besatzer gegen die widerständige spanische Bevölkerung zeigt, sind bei Palinchak viel mehr die desaströsen Auswirkungen des Krieges zu sehen.

Ausstellungshinweis

„Die Schrecken des Kriegs. Goya und die Gegenwart“, Ausstellung in der Albertina, Wien 1, Albertinaplatz 1, 24. Mai bis 21. August, täglich 10.00 bis 18.00 Uhr, mittwochs und freitags 10.00 bis 21.00 Uhr.

Krieg statt Erholungs- und Kurorte

Der Fotograf betonte bei der Präsentation, die Aufnahmen lieber nicht anfertigen zu müssen. „Ich wollte nie Kriegsfotograf sein. Der Krieg kam in meine Stadt, ich hatte keine andere Wahl“, so der Mittdreißiger, der unter normalen Umständen etwa Serien zu einstmals beliebten Erholungs- und Kurorten der Ukraine anfertigt und Einblick in das Leben der ukrainischen Bevölkerung gibt.

„Ich sah Massengräber und Massaker, die auf Straßen, die nach Wien führen, angerichtet wurden“, schilderte er und bat die Besucher, sich anhand der Fotos ein Bild vom Gesicht des Krieges zu machen. Seine Fotos schickt er an Nachrichtenagenturen, um die Welt am Leid der Ukraine teilhaben zu lassen – mit Erfolg. Mehrere seiner ausgestellten Werke dürften aufmerksamen Beobachtern bereits aus den Nachrichten bekannt sein.

Rabinovici mit Eingangsworten

„Ausstellungen wie diese sind wichtig“, zeigte sich Jewhenij Zymbaljuk, ständiger Vertreter der Ukraine bei den internationalen Organisationen in Wien, erfreut über das Engagement der Albertina. Jeder könne anhand der Schau nur zu einer Schlussfolgerung kommen: „Es gibt keinen Platz für Krieg im 21. Jahrhundert. Gemeinsam können wir ihn stoppen“, so der Diplomat. Wassyl Chymynez, außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter der Ukraine in Österreich, sah das ähnlich und zeigte sich optimistisch, dass diese Kunstwerke die Betrachterinnen und Betrachter am Leid und der Trauer der Bevölkerung teilhaben lassen.

Am Eingang der Ausstellung ist ein eigens von Schriftsteller Doron Rabinovici für die Schau angefertigter Text zu lesen. „Der Tyrann erklärt den Krieg nicht, den er entfesselt“, heißt es darin und später: „Seine Macht gründet auf Angst und Terror. Sein Hass gilt seit jeher jener Kunst, die widerspiegelt, was den Opfern widerfährt.“ Denn der Tyrann wisse um ihre Kraft und fürchte ihre Courage. „Da sind die Bilder von den Kämpfenden, von den Fliehenden, von den Ermordeten, von Verstümmelten, von Vergewaltigten, von Gefolterten. Sie schauen uns an. Wer Augen hat, der sehe“, schließt Rabinovici.