CHRONIK

Zahl der Raucher weiter hoch

Die Zahl der Raucherinnen und Raucher in Österreich ist zwar gesunken, ist aber im europaweiten Vergleich weiter hoch. Zum Weltnichtrauchertag fordert die Suchtkoordination Wien einen besseren Jugendschutz.

Im Visier hat die Sucht- und Drogenkoordination Wien dabei Nikotinprodukte, die nicht erhitzt werden. Unter Jugendlichen werden etwa Nikotinbeutel immer mehr zum Trend: Weiße Täschchen, die zwischen Lippen und Zahnfleisch geklemmt werden. Der Nikotinkonsum erfolgt dabei nicht wie bei Zigaretten über die Lunge, sondern über die Mundschleimhaut.

Die letzte grundlegende Novelle des Tabak- und Nichtraucherinnen-bzw. Nichtraucherschutzgesetzes (TNRSG) stammt aus dem Jahr 2016. Umfasst sind darin Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse und E-Zigaretten. „Doch die Realität hat die gesetzlichen Rahmenbedingungen mittlerweile wieder überholt, sodass Produkte wie Nikotinbeutel nicht vom Gesetz reguliert werden“, erklärte Ewald Lockner, Koordinator für Psychiatrie, Sucht- und Drogenfragen der Stadt Wien, in einer Aussendung am Montag.

„Neues Phänomen“ Nikotinbeutel

„Das bedeutet, dass diese Produkte keiner Kontrolle bezüglich Qualität oder Dosis unterliegen, der Verkauf an Jugendliche je nach Jugendschutzgesetz in jedem Bundesland anders gehandhabt werden kann und – im Gegensatz etwa zu Zigaretten – auch beworben werden dürfen.“ Lochner forderte nun, dass die gesetzlichen Gegebenheiten rasch an die Realität angepasst werden sollten.

Bei den Nikotinbeuteln handle es sich um ein „relativ neues Phänomen“, hieß es. Bisher spielen die Produkte laut Sucht- und Drogenkoordination eine eher untergeordnete, aber stetig wachsende Rolle. Rund 1,7 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher hätten laut einer Umfrage angegeben, sie im vergangenen Monat konsumiert zu haben. Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen sei die Zahl mit fünf Prozent bereits heute deutlich höher.

„Die Produkte werden durch Farb- und Namensgebung als modern und leicht vermarktet und suggerieren, eine gesunde Alternative zur Zigarette zu sein. Die Werbung zielt ganz bewusst auf eine junge Zielgruppe ab. Die Gefahr einer Abhängigkeit ist bei einem Nikotinbeutel ebenso gegeben, wie bei herkömmlichen Nikotinprodukten. Nikotin ist schnell und hochgradig abhängig machend“, erklärte Lisa Brunner, Leiterin des Instituts für Suchtprävention, die Problematik.

Online-Vorträge am Weltnichtrauchertag

Anlässlich des Weltnichtrauchertags ruft der Dachverband der Sozialversicherungs-träger gemeinsam mit der Österreichischen Gesundheitskasse ÖGK dazu auf, sich das Rauchen abzugewöhnen – mit Hilfe von kostenlosen Unterstützungsangeboten, die heuer auch online angeboten werden. Ein Schwerpunkt ist dabei auch neuen Tabak- und Nikotinprodukten gewidmet.

Um sich das Rauchen abzugewöhnen greifen viele Personen etwa zu E-Zigaretten. Von Sophie Meingassner, Leiterin des rauchfrei-Telefons, kommt dazu keine Empfehlung: „Unser Ziel ist ja die Suchtfreiheit und dazu sind diese Produkte nicht hilfreich.“ Weitere Online-Vorträge befassen sich etwa mit „Rauchfrei werden in der Schwangerschaft“ oder dem Thema „Rauchfrei für die Umwelt“.

Mehr Umsatz während der Pandemie

Österreich hat im europaweiten Vergleich einen hohen Anteil an Raucherinnen und Raucher und liegt etwa im oberen Drittel. Etwa jeder fünfte Österreicher raucht täglich, in den vergangenen Jahren ist die Zahl gesunken, bei Jugendlichen etwa von 30 Prozent im Jahr 2002 auf zehn Prozent.

Die Coronavirus-Pandemie könnte den Abwärts-Trend bremsen, so Ernest Gromann, wissenschaftlicher Leiter des Nikotin Instituts Wien, gegenüber Radio Wien: „In der Pandemie sind die Umsatzzahlen in den Trafiken gestiegen. Wir gehen davon aus, dass im Home Office schon mehr geraucht wird und wurde und dass man dann natürlich auch leichter rauchen kann.“

Wesentlich für einen Rückgang des Zigarettenkonsums ist der Preis, mit höheren Ausgaben für die Zigaretten sinkt die Zahl der Raucher. Rund ein Drittel der Raucherinnen und Raucher ist unzufrieden und möchte aufhören. „Im Prinzip hat jeder eine realistische Chance aufzuhören. Wenn wir Programme machen, die gut laufen, kann das bis 80 Prozent rauf gehen“, erklärte Gromann.