Wohnhaus am Rennweg 74
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Chronik

Familie fürchtet wegen Umbau um Wohnung

In Wien-Landstraße fürchtet eine Familie derzeit, dass sie im Zuge eines großangelegten Umbaus aus ihrer langjährigen Wohnung gedrängt wird. Sie sind die letzten Bewohner in dem Gebäude am Rennweg. Die Immobilienfirma weist alle Vorwürfe zurück.

Seit 1988, also seit fast 35 Jahren, wohnt Gerhard Binder mit seinen Kindern am Rennweg 74 in Wien-Landstraße. Seit mehreren Monaten ist die Wohnung jedoch nicht bewohnbar, weil sie wegen der Bauarbeiten einsturzgefährdet ist. Unter der Wohnung wird eine Garageneinfahrt umgebaut. Die Immobilienfirma LNR Development plant an der Adresse einen großen Gebäudekomplex mit Dachgeschoßausbau, über drei Häuser hinweg. „Exklusives Wohnen in zentraler Lage“, ist laut Website der Firma das Ziel.

Unbefristeter Mietvertrag

Die 90-Quadratmeter-Wohnung der Familie sei durch die Arbeiten mittlerweile komplett sanierungsbedürftig, erzählt Gerhard Binder gegenüber „Wien heute“. Ein Angebot, ihm den Mietvertrag abzulösen, lehnte der 55-Jährige bereits vor zwei Jahren ab: „Zwischen 30.000 und 40.000 Euro Ablöse für einen unbefristeten Hauptmietvertrag – da kann man keine neue Wohnung finden. Ich bin ein Mensch, der will gerne in der Stadt leben und nicht irgendwo an den Stadtrand vertrieben werden.“

Garageneinfahrt am Rennweg 74
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Die Arbeiten an der Garageneinfahrt führten zu einer Sperre der Wohnung

Aktuell hat die Familie einen unbefristeten Mietvertrag um 450 Euro, plus extra Terrasse. Nach dem Beginn der Umbauarbeiten habe es im Februar geheißen, er müsse kurzzeitig aus der Wohnung raus und ins Nachbarhaus umziehen, so der Bühnenarbeiter. „Ich hab damals sehr stark das Gefühl gehabt, dass man mich mit meinem sämtlichen Hab und Gut aus der Wohnung raus haben will. Damit, falls diese Wohnung einmal einsturzgefährdet sein könnte oder auch wirklich einstürzt, dass man dann mir nur Bescheid gibt – lieber Herr Binder, es tut uns leid, die Wohnung ist eingestürzt, sie ist weg.“

Mieter fürchtet Rauswurf

Besitzstörungsklage geplant

Einen Umzug ins Nachbarhaus verweigerte Binder. Stattdessen zog die Familie dann in die Nachbarwohnung – will aber in das eigentliche Zuhause zurück. Rechtsanwalt Friedrich Petri, der die Binders vertritt, wurden weder von der Baupolizei (MA 37) noch vom Eigentümer Auskunft gegeben, wann eine Rückkehr möglich ist. „Wir werden jetzt Besitzstörungsklage einbringen aufgrund der neuesten Entwicklungen. Denn jetzt soll ja auch die Terrasse vom Herrn Binder abgerissen werden.“

Es sei für ihn unverständlich, warum der Investor „so über die Mieter drüberfährt“, kritisiert Petri. Es werde überhaupt kein Kontakt gesucht, um eine Vereinbarung zu treffen.

Immobilienfirma: „Wohnung wird zeitnah saniert“

Die Immobilienfirma LNR Development, die etwa auch das ehemalige Verkehrsbüro beim Naschmarkt gekauft hatte, wies die Vorwürfe gegenüber „Wien heute“ zurück. In einer schriftlichen Stellungnahme wurde versichert: „Die Wohnung von Herrn Binder wird zeitnah saniert, sodass er wieder in diese zurück kann, auch hier ist jedoch festzuhalten, dass ihm kostenlos eine größere und sanierte Ersatzwohnung im selben Haus zur Verfügung gestellt wurde.“ Zudem wird betont: „Mietangelegenheiten werden von uns grundsätzlich nicht nach außen hin kommentiert.“

Laut Baupolizei Großteil der Arbeiten erledigt

Laut Baupolizei hatte sich im März im Zuge der Bauarbeiten „ein älteres Baugebrechen gezeigt, wonach ein Träger nicht ausreichend stabil war“. Daher habe das Gebäude gesperrt werden müssen. Und: „Die Bauordnung für Wien bietet keine Handhabe, vor Fertigstellung der Bauarbeiten die gesonderte Behebung des statischen Problems zu erzwingen“, heißt es schriftlich. Die Baupolizei verweist für Unterstützung in solchen Fällen auf die Mieterhilfe der Stadt Wien.

Die MA37 hat aufgrund der Einsturzgefahr im März einen Baustopp veranlasst, dieser sei laut der Immobilienfirma bereits aufgehoben, „da dieser nur bis zur Herstellung der neuen Stahlrahmen in der bis dahin einsturzgefährdeten Einfahrt gegolten hat – und auch hier hat sich der Baustopp nur auf einen baulichen Teilbereich und nicht auf das gesamte Bauvorhaben erstreckt, eine Fortsetzen der Bauarbeiten ist und war somit zulässig“, so LNR Development.

Der schadhafte Träger bei dem Gebäude sei zudem bereits getauscht worden, wurde weiters mitgeteilt. Die Wohnung sei momentan nur deshalb noch immer gesperrt, da noch ein morsches Holzteil unter Wohnung getauscht werden müsse. Gerhard Binder hofft auf eine rasche Lösung. Die Sorge um die Wohnung sei mittlerweile für die ganze Familie eine große Belastung.