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Chronik

Missbrauch: MA-10-Leiterin wird abgesetzt

Nach den mutmaßlichen Missbrauchsfällen in einem Kindergarten in Wien-Penzing wird die Leiterin der MA 10, Daniela Cochlar, abgesetzt. Zudem gibt es einen zweiten Beschuldigten. Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) hat am Dienstagabend seine Vorgangsweise verteidigt.

„Ich habe gemerkt in den letzten Tagen, dass wir zunehmend unterschiedlicher Auffassung sind, was das Krisenmanagement betrifft“, begründete Wiederkehr Dienstagvormittag bei einem Gespräch vor Journalistinnen und Journalisten die geplante Absetzung der Leiterin der Wiener Kindergärten (MA 10). Er sei unzufrieden mit der Art und Geschwindigkeit der Informationsweitergabe gewesen.

Wiederkehr habe Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) gebeten, Cochlar von ihrer Leitungsfunktion zu entbinden. Das könne nur der Bürgermeister oder der Magistratsdirektor. Ludwig kündigte am Rande einer Pressekonferenz an, dem Wunsch entsprechen zu wollen. Sobald das erfolgt sei, werde der Posten neu ausgeschrieben.

Missbrauch: MA-10-Leiterin wird abgesetzt

Die mutmaßlichen Missbrauchsfälle in einem Kindergarten in Penzing haben eine neue Entwicklung genommen. Die Leiterin der MA 10, Daniela Cochlar, soll abgesetzt werden. Zudem gibt es einen zweiten Beschuldigten, teilte Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) mit.

„Konsequenz“ bei Handlungen nach Missbrauch

In „Wien heute“ hat Wiederkehr am Dienstagabend Vorwürfe zu seiner Vorgangsweise zurückgewiesen. Er habe von Beginn an „konsequent gehandelt“, Elternabende organisiert und Unterstützung für Eltern und Pädagoginnen angeordnet sowie eine unabhängige Kommission zur Aufklärung einberufen. Zur Abberufung von Daniela Cochlar hätten neue Vorwürfe gegen einen weiteren Pädagogen geführt.

Interview mit Bildungsstadtrat Wiederkehr (NEOS)

Zum Thema rund um die abgesetzte MA-10-Leiterin ist Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr zu Gast bei ORF-Wien-Chefredakteur Oliver Ortner.

„Das war eine neue Entwicklung in diesem Fall. Vor allem, weil wir auch gewusst haben, dass der Pädagoge, gegen den diese Vorwürfe auch erhoben werden, dann in einem anderen Kindergarten war. Und da war für mich klar: Volle Kommunikation mit den Eltern. Wir haben gleich am Freitag auch diese Fakten der Staatsanwaltschaft übermittelt und heute im Kindergarten wurden Eltern und Pädagogen aktiv informiert. Und da gab es unterschiedliche Auffassungen von Abteilungsleiterin und mir, wie man in der Krise auch kommunizieren soll, wie das Management in der Krise auch funktionieren soll“, so Wiederkehr in „Wien heute“.

Zu Aussagen von Eltern, dass sie allein gelassen wurden, verwies Wiederkehr auf Unterstützung durch das Kinderschutzzentrum sowie die Kinder- und Jugendanwaltschaft. Am Mittwoch hat Wiederkehr eine Runde von Expertinnen und Experten eingeladen, die Verbesserungen im Bereich des Kinderschutzes beraten soll, auch mögliche Verschärfungen von Gesetzen. „Eine Sache, die schon klar ist, ist ein neues Kinderschutz-Konzept für die Wiener Kindergärten. So ein Kinderschutz-Konzept gibt vor, wie so ein Verfahren ablaufen soll. Vor allem, dass den Eltern auch Glauben geschenkt wird und sehr konsequent auch aufgeklärt wird.“

Zweiter Beschuldigter

Daniela Cochlar war in den letzten Wochen in die Kritik geraten, nachdem an einem Penzinger Kindergarten mutmaßliche Missbrauchsfälle bekanntgeworden waren. Mittlerweile werde gegen zwei Pädagogen ermittelt, teilte Wiederkehr am Dienstag mit. Der Vorwurf der Eltern gegen den zweiten Pädagogen betreffe pädagogisches Fehlverhalten. Sexuelle Übergriffe habe es nicht gegeben.

Mehr Details zu dem Fall wolle er aktuell nicht nennen, so Wiederkehr mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen. Pädagogisches Fehlverhalten könnten aber etwa Einschüchterungsversuche gegen Kinder sein. Jetzt werde ein Zusammenhang mit dem ersten bekannten Pädagogen geprüft.

Wechsel in Leitungsfunktion

Laut Wiederkehr wechselte der Mann nach seiner Tätigkeit im Penzinger Kindergarten in eine Leitungsfunktion in einen anderen Kindergarten in einem anderen Bezirk. Von dort wurden bisher aber keine Vorwürfe gemeldet, wurde am Dienstag betont. Der Mitarbeiter wurde nach Bekanntwerden der Vorwürfe nun ebenfalls in den Innendienst versetzt. Eine Vertragsauflösung sei laut Dienstrecht erst bei einer Verurteilung vorgesehen, hieß es.

Von dem zweiten Kindergarten gebe es bisher keine Vorwürfe. Die Stadt habe die Meldung der Eltern am Freitag an die Staatsanwaltschaft übermittelt. Insgesamt ermittelt die Staatsanwaltschaft in fünf Fällen, vier davon wegen sexuellen Fehlverhaltens. Für Mittwoch hat Wiederkehr Expertinnen und Experten eingeladen, das Thema Gewalt- und Kinderschutz zu analysieren.

Möglicherweise doch sexueller Missbrauch

Dem Vernehmen nach sollen die konkreten Verdachtsmomente gegen den zweiten Kindergärtner allerdings von Ex-Kolleginnen und -Kollegen am Standort Penzing gekommen sein, berichtet das Ö1-Mittagsjournal. Die Vermutungen gehen nicht nur in Richtung pädagogisches Fehlverhalten, sondern sexuellen Missbrauch. Insbesondere soll der Mann mehrfach mit Kindergartenkindern alleine gewesen sein.

Außerdem wird ihm vorgeworfen, dass er am Standort in Penzing zur Strafe ein Kind im Klo eingesperrt habe. Eltern erhielten Dienstagfrüh ein vages Informationsschreiben. Darin heißt es, dass der Pädagoge vom Kinderdienst abgezogen und Eltern und Bezugspersonen informiert wurden.

Gutachten entlastet ersten Beschuldigten

Der erste Beschuldigte wird von einem Gutachten, das Ö1 vorliegt, zumindest zum Teil entlastet. Er wurde offenbar auch von Kolleginnen in Schutz genommen. So heißt es, was den Vorwurf sexueller Übergriffe unter anderem beim Wickeln betrifft: „Der Kindergärtner war nie alleine mit dem Kind und es gab auch keine Wickelsituation.“ Über die Einschätzung des Jugendamts heißt es im Gutachten: „Durch die Zeugenbefragungen bei der MA 11 Jugendamt und den daraus resultierenden Sachverhalt können vonseiten der Behörde die Vorwürfe nahezu ausgeschlossen werden.“

Das Gutachten kommt zudem zum Schluss, dass Aussagen des knapp dreijährigen Mädchens, um das es zunächst ging, nicht zu einer Verurteilung führen würden. „Die Sprache und die Kommunikation der Minderjährigen reichen – wie für das Alter des Kindes typisch – für eine verwertbare Zeugenaussage nicht aus, und es wäre die Gefahr von Fehlinterpretationen ihrer Aussagen sehr groß.“

Aus dem Gutachten geht auch hervor, dass die Gutachterin Gabriele Wörgötter schon im April des Vorjahres mit dem Mädchen gesprochen hat, aber erst vor Kurzem ihr Gutachten an die Staatsanwaltschaft geliefert hat – über ein Jahr später. Mittlerweile gibt es ein weiteres Gutachten, der Inhalt ist noch nicht bekannt.

Kritik von Opposition

Die ÖVP zeigte sich mit der Absetzung zufrieden. „Doch dies kann sicher nicht das Ende der zu ergreifenden Maßnahmen sein. Es müssen daher nun schleunigst weitere Schritte seitens des verantwortlichen Stadtrats Wiederkehr gesetzt werden“, sagten Klubobmann Markus Wölbitsch und Bildungssprecher Harald Zierfuß in einer Aussendung.

Für die FPÖ kam die Reaktion zu spät. „Nach wie vor fühlen sich die Eltern im Stich gelassen, während der nächste Missbrauchsfall bekanntwurde“, sagte FPÖ-Klubobmann Maximilian Krauss. „Wie hier mit den Betroffenen umgegangen und wie zögerlich gehandelt wird, zeigt deutlich die Überforderung des Stadtrates.“

Die Grünen begrüßten in einer Aussendung die Absetzung. „Es muss rasch eine objektive und transparente Aufklärung erfolgen, insbesondere da nun weitere potenzielle Vorfälle und Verfehlungen bekanntwurden. Zudem fordern wir, dass bei möglichen Verdachtsmomenten die betroffenen Personen bis zur lückenlosen Aufklärung nicht in elementarpädagogischen Bildungseinrichtungen eingesetzt werden dürfen“, so Bildungssprecherin Julia Malle und Bildungssprecher Felix Stadler in einer Aussendung.