Faulbehälter mit Nachklärbecken in Kläranlage in Simmering
Christian Houdek, ebswien
Christian Houdek, ebswien
Wirtschaft

Klärschlammasche soll zu Düngemittel werden

Die MA 48 arbeitet derzeit gemeinsam mit Wien Energie und der Borealis Agrolinz Melamine daran, den im Wiener Klärschlamm vorhandenen Phosphor als Düngemittel zurückzugewinnen und so den Stoffkreislauf zu schließen.

Phosphor ist ein essentieller Nährstoff für Pflanzen, Tiere und Menschen und ist daher ein Hauptbestandteil vieler Düngemittel. Über den Konsum von Nahrungsmitteln kommt Phosphor in die Kläranlage, wo er nach der energetischen Verwertung des Klärschlamms in die Klärschlammasche gelangt und mit dieser derzeit noch ungenutzt abgelagert wird.

Jährlich rund 12.500 Tonnen als Mineraldünger

Der Klärschlamm wird derzeit zur Gänze energetisch verwertet. Bei der Verbrennung des ausgefaulten Klärschlamms fallen jährlich 12.000 Tonnen Klärschlammasche an, die derzeit auf der Deponie Rautenweg abgelagert werden. Darin sind 1.500 Tonnen Phosphor enthalten, der derzeit noch ungenützt deponiert wird.

Phosphor gehört neben Stickstoff und Kalium zu den weltweit wichtigsten Düngemitteln und ist daher wesentlich für die Nahrungsmittelproduktion. Österreichweit werden jährlich rund 12.500 Tonnen Phosphor als Mineraldünger in der Landwirtschaft ausgebracht.

Auf Liste der 20 „kritischen“ Rohstoffe

Rohphosphat, der Ausgangsstoff für Düngemittel, gibt es nur in wenigen Ländern – etwa in Marokko, Russland, China, Brasilien. Bisher ist Wien zu 100 Prozent auf Importe angewiesen. Fachleute warnen aufgrund dieser unsicheren Rahmenbedingungen bereits von einer möglichen Phosphor- und somit Düngemittelknappheit ­ insbesondere für Europa. Nicht zuletzt aufgrund dieser Abhängigkeit wurde Rohphosphat 2014 von der EU-Kommission in die Liste der 20 „kritischen“ Rohstoffe aufgenommen.

Ein großer Teil der Importmenge könnte durch Phosphor-Recycling aus Klärschlamm ersetzt werden. In Österreichs Kläranlagen fallen jährlich etwa 7.800 Tonnen Phosphor an. Klärschlamm wird derzeit in Österreich nach der energetischen Verwertung in Form von Klärschlammasche deponiert bzw. teilweise direkt oder nach einer Kompostierung auf die Felder aufgebracht.

Vom Abfall zur wertvollen Ressource

Bei der Klärschlammausbringung bzw. Klärschlammkompostierung wird der Phosphor zwar genutzt, aber es werden auch die enthaltenen organischen Schadstoffe und Mikroplastik auf die landwirtschaftlich genutzten Flächen verteilt. Bei der künftigen Wiener Lösung soll das nicht der Fall.

In Wien reinigt die ebswien Hauptkläranlage in Simmering rund um die Uhr die gesamten Abwässer. Nach der mechanischen Reinigung wird bei den beiden biologischen Reinigungsstufen die Natur zum Vorbild genommen. Neben sauberem Abwasser bleibt Klärschlamm als „Restprodukt“ des Reinigungsprozesses zurück – rund 70.000 Tonnen Trockensubstanz jährlich.

Vorreiterrolle in der Phosphorrückgewinnung

Derzeit gibt es in Österreich noch keine verbindlichen Vorgaben, Phosphor zurück in den Kreislauf zu führen. Gemäß dem vorliegenden Entwurf des Bundesabfallwirtschaftsplans 2022 soll im Rahmen der Novelle der Abfallverbrennungsverordnung eine thermische Behandlung kommunaler Klärschlämme und eine Rückgewinnung des Phosphors aus der Verbrennungsasche durchgeführt werden. Die tatsächliche Verpflichtung dürfte erst in einigen Jahren in Kraft treten. Wien will diese sinnvolle Maßnahme allerdings bereits jetzt umsetzen.

„In Wien kann neben Metallen aus der Schlacke dann auch die Klärschlammasche mit dem lebenswichtigen Phosphor stofflich verwertet werden. Phosphorrecycling ist ein wichtiger Schritt in Richtung Zero-Waste in Wien“, so Wiens Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky in einer Aussendung am Sonntag.

„Nutzung noch heuer“

Die nötigen Vorarbeiten sind bereits angeschlossen. Ein Projekt mit der Borealis Agrolinz Melamine GmbH startete bereits 2018. Nach Adaptierung der Anlage wurde in Linz im Jahr 2021 ein erfolgreicher Großversuch mit mehreren hundert Tonnen Klärschlammasche abgeschlossen. Voraussichtlich noch heute soll mit der Nutzung des aus Klärschlamm rückgewonnenen Phosphors in der Düngemittelproduktion im großen Stil begonnen werden, heißt es in der Aussendung weiter.

Von Montag an findet dazu in Wien die europäische Phosphor-Nachhaltigkeitskonferenz statt. Die MA 48 und Wien Energie präsentieren dabei ihre Aktivitäten.