Gerhard Jelinek
APA/Herbert Pfarrhofer
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Politik

Ex-OLG-Chef Jelinek neuer Patientenanwalt

Jetzt ist es fix: Wien bekommt mit 1. Juli einen neuen Patientenanwalt. Der ehemalige Präsident des Oberlandesgerichtes Wien, Gerhard Jelinek, folgt auf Sigrid Pilz, die nach zwei Funktionsperioden nicht verlängert wird.

Jelinek habe sich für die Leitung der Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft in einem „mehrstufigen Hearingverfahren durchgesetzt, zu dem sich 24 Bewerberinnen und Bewerber mit höchst unterschiedlicher Qualifikation beworben haben“, teilte Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) Dienstagmittag nach der Vorstellung des neuen Patientenanwalts im Wiener Gesundheitsausschuss mit.

Und weiter: "Ich bin überzeugt, dass er die Rechte und Interessen von Personen in allen Angelegenheiten des Gesundheitswesens und Pflegebereichs in Wien bestens vertreten wird und gegebenenfalls auch durchsetzen kann“, so Hacker. Am Montag hatte die bisherige Patientenanwältin, die diese Funktion zehn Jahre lang ausübte, erklärt, dass sie nicht mehr verlängert werde.

Dank an Pilz für „unermüdliches Engagement“

Hacker bedankte sich bei ihr für „ihr unermüdliches Engagement für die Anliegen der Patientinnen und Patienten oder deren Angehörigen im Pflege- wie Gesundheitsbereich“. Pilz habe niemals davor zurückgescheut, auf Mängel oder Missstände im Pflege- oder Gesundheitswesen hinzuweisen. „Viele ihrer Empfehlungen oder Anregungen führten dazu, die Unterbringung oder Versorgung sowie die Behandlung von Patientinnen und Patienten zu verbessern“, würdigte Hacker die scheidende Patientenanwältin.

Die ehemalige grüne Gemeinderätin selbst hatte sich wenig erfreut über ihre Ablöse gezeigt. Sie werde nach zwei Amtsperioden nicht erneut bestellt, twitterte sie am Montag. „Schade! Dafür hätte ich mich gerne weiter eingesetzt: starke Patientenrechte, mehr Schutz in der Pandemie, Solidarität & Qualität im Gesundheitswesen“, teilte Pilz mit.

Experte für Handelsrecht

Jelinek tritt am 1. Juli sein Amt an. Der heute 65-Jährige hatte sich bisher als Justizexperte und Präsident des Oberlandesgerichts Wien einen Namen gemacht. Der Jurist war ab 1984 Richter, wurde 2008 Vizepräsident des Wiener Oberlandesgerichts (OLG) und mit 1. Jänner 2015 zu dessen Präsidenten bestellt.

Gerhard Jelinek wird neuer Patientenanwalt

Der 65-jährige Jurist Gerhard Jelinek löst damit ab 1. Juli Sigrid Pilz ab, die von der Wiener Landesregierung nicht mehr als Patientenanwältin verlängert worden ist.

Mit 1. November 2021 ging der Handelsrechtsexperte in den Ruhestand. Als Patientenanwalt hat der Jurist ab Juli Beschwerden von Patienten und Patientinnen und deren Angehörigen zu behandeln – in allen Belangen des Wiener Gesundheitswesens und der Pflege.

Unabhängig und weisungsfrei

Außerdem hat die Patientenanwaltschaft die Aufgabe, etwaige Missstände aufzuklären. Sie handelt dabei unabhängig und weisungsfrei. Wer Patientenanwalt oder -anwältin wird, beschließt die Landesregierung, also Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und die Stadträte. Die Funktionsperiode des Patientenanwaltes dauert fünf Jahre. Er oder sie kann mehrmals bestellt werden. Voraussetzung für die Position ist unter anderem die Absolvierung eines rechtswissenschaftlichen, medizinischen oder sonst einschlägigen Studiums.

Wohlwollen und „Vertrauensvorschuss“

Mit Wohlwollen kommentiert Johannes Steinhart, Präsident der Ärztekammer für Wien, den Wechsel an der Spitze der Wiener Patientenanwaltschaft. Man freue sich auf die künftige Zusammenarbeit, so Steinhart in einer Aussendung. Auch der Gesundheitssprecher der Wiener FPÖ, Wolfgang Seidl, sieht die Bestellung Jelineks „grundsätzlich positiv". „Im Unterschied zu seiner Vorgängerin ist Dr. Jelinek fachlich qualifiziert für diese Position.“ Von Seiten der Wiener Freiheitlichen gebe es einen „Vertrauensvorschuss“.

Entscheidung für Grüne „mehr als verwunderlich“

Die Grünen bedauern indes in einer Aussendung am Dienstag, dass Pilz in ihrem Amt nicht bestätigt wurde. "Pilz scheute nie davor zurück, auch Finger in die Wunden der gesundheitspolitischen Akteure zu legen – von der Ärztekammer bis hin zum Gesundheitsministerium. Es ist schade, dass diese Stimme in Zukunft nicht mehr hörbar sein wird“, so die Parteivorsitzende der Grünen Wien, Judith Pühringer.

Die Bestellung ihres Nachfolgers Jelinek entspreche der „klassischen Bestellungspolitik der SPÖ der 70er Jahre: Ein Jurist wird aus der Pension zurückgeholt, die Entscheidung fällt in letzter Minute per Umlaufbeschluss“. Die Entscheidung für einen „Juristen mit Schwerpunkt Insolvenzrecht“ sei „mehr als verwunderlich“. Man sei gespannt auf das Konzept des neuen Patientenanwalts und sein Funktionsverständnis, das zu seiner Erstreihung geführt habe, so die Gesundheitssprecherin der Grünen Wien, Barbara Huemer.