Plastik-Installation von George Nuku
APA/Georg Hochmuth
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Kultur

Plastiklandschaften im Weltmuseum

Das Weltmuseum Wien zeigt ab Donnerstag die Schau „Oceans. Collections. Reflections“. Der Maori-Künstler George Nuku schuf dafür mit rund 170 Freiwilligen Plastiklandschaften. In und mit diesen werden nun Artefakte aus der Sammlung des Museums präsentiert.

„George Nuku hat das Weltmuseum verwandelt – aber nicht nur räumlich, sondern auch die Prozesse“, sagte Weltmuseumsdirektor Jonathan Fine am Mittwoch bei der Presseführung. Er spielte damit auf die Arbeit der vergangenen Monate an – und das Entstehen der Schau zusammen mit den rund 170 Freiwilligen. „Wir sind als Institution ja nicht unbedingt dafür bekannt, besonders flexibel zu sein“, so Fine. „Aber manchmal muss man bereit sein, aus der eigenen Haut hinauszuwachsen.“

Sechs Ausstellungsräume

Begrüßt werden die Besucherinnen und Besucher in der Säulenhalle mit einer Installation zu Konsum und Coronavirus. An der Decke hängen transparente Kugeln, deren Stacheln aus alten „Dreh & Trink“-Flaschen bestehen. In sechs in unterschiedlichen Farben ausgemalten Räumen widmet sich der 1964 geborene Maori-Künstler Themen wie dem Ozean, der österreichischen Novara-Expedition, die auch in Neuseeland Halt machte (1857-1859) oder der Unterwelt.

Fotostrecke mit 5 Bildern

Coronavirus-Installation mit Stacheln aus alten „Dreh & Trink“-Flaschen
KHM-Museumsverband
Die Coronaviren aus alten „Dreh & Trink“-Flaschenverschlüssen hängen in der Säulenhalle
Künstler George Nuku und ein bestickter Wal, der in der Ausstellung gezeigt wird
APA/Georg Hochmuth
George Nuku präsentiert unter anderem einen bestickten Wal
Plastik-Installation von George Nuku
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Die Plastiklandschaften zeigen zum Beispiel Meerestiere
Mehrere Objekte in Glasvitrinen
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Die Ausstellung erstreckt sich über sechs Räume
Kanu in der Ausstellung
APA/Georg Hochmuth
Eines von vielen ausgestellten Objekten: ein Kanu

Den Anfang macht „Das große Blau“ („Te Moananui“): Nebst einem riesigen, bestickten Wal und Zeichnungen von Meerestieren befasst sich Nuku hier mit Artefakten wie etwa dem Kanu („Waka“), das in drei unterschiedlichen Stationen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft mittels des verwendeten Materials (Holz respektive Plastik) repräsentiert. Eine gänzlich andere Perspektive nimmt man im „Studierzimmer“ im Nebenraum ein, der sich mit der Novara-Expedition beschäftigt. Auf die damalige koloniale Sammeltätigkeit angesprochen, zeigte sich Nuku gelassen: „Wenn es Diebstahl war, ist es Diebstahl. Aber ich denke, zu 95 Prozent wurden die Dinge verkauft, verschenkt oder getauscht.“

Kunstvoll arrangierte Müllberge

Aber auch der umgekehrte Weg findet in der Ausstellung Platz, wenn Nuku sich jenen beiden Maori-Männern widmet, die 1858/59 Wien besuchten. Von Kaiser Franz Joseph I. erhielten sie eine Druckerpresse, die danach „zu einem entscheidenden Element der medialen Bemühungen wurde, anderen Stämmen und der ganzen Welt die Ungerechtigkeit der Invasion durch das britische Empire aufzuzeigen“, wie Nuku erläutert.

Ausstellungshinweis:

„Oceans. Collections. Reflections. George Nuku“, Weltmuseum Wien, 23. Juni 2022 bis 31. Jänner 2023)

Die aus der Sammlung ausgewählten Artefakte – Kleidungsstücke, geschnitzte Figuren oder ausgestopfte Tiere – treten angesichts der aus Plexiglas, Müllsäcken und Plastikflaschen aufgebauten Installationen fast in den Hintergrund, erhalten durch die punktuell gesetzte Beleuchtung allerdings umso mehr Strahlkraft.

80 Prozent der Ausstellung ist vor Ort entstanden, von den kunstvoll arrangierten Müllbergen bis zu den beeindruckend gravierten Plexiglasscheiben, die wiederum ornamentale Schatten werfen. Die Mitarbeit der Freiwilligen hat für Nuku noch eine weitere Bedeutung: „Die Ausstellung funktioniert wie ein Spiegel: Die Besucher sehen darin nicht nur den Exoten mit den lustigen Tattoos, sondern Leute wie sich. Die Menschen sind Vertreter der Werke. Sie starren nicht auf etwas aus der Vergangenheit, sondern auf etwas Bewegliches“, so Nuku.

Projekt im Volksgarten

Apropos beweglich: Die Bewegung des Meeresspiegels in den kommenden Generationen macht der Künstler auch im Theseustempel im Volksgarten unter dem Titel „Bottled Ocean 2122“ zum Thema, den er in eine beeindruckende Plastikunterwasserwelt verwandelt hat, die nur auf den ersten Blick durch ihre Schönheit verzaubert. Tintenfische, Schildkröten und Wasserpflanzen – alles Plastik.