Eine „Feuertaufe“ erlebte die neue FM4-Bühne, auf der großen zentralen Festbühne. Auch angesichts des Traumwetters strömten die Besucherinnen und Besucher in großer Zahl zur Mainstage. Headliner war dort der deutsche Sänger Jan Delay – begleitet von seiner Livecombo Disko Nr. 1.
Zuvor standen heimische Künstlerinnen und Künstler – vorwiegend im Genre Deutschrap beheimatet – im Fokus: etwa die Wiener Rapperin Verifiziert, das Trio Sharktank sowie die Sängerin Eli Preiss und Mavi Phoenix. Namhafte Acts waren aber auch auf anderen Inselarealen anzutreffen. So enterte der Song-Contest-Mehrfachsieger Johnny Logan die Schlagerbühne. Im Ö1-Kulturzelt traten unter anderem Ernst Molden und Ursula Strauss auf.
Die „Sonne ballert“
„Es ist so heiß“, konstatierte einer der ersten Akteure auf der FM4-Bühne, der Wiener Nachwuchsrapper Lawrenco. Es sei Zeit für die Nacht, befand er – nicht zuletzt deswegen, weil einige seiner Songs sich genau mit dieser beschäftigen. „Nightcrawler“ ist etwa eine Hymne an die Clubs, die in den vergangenen Jahren so lange Zeit geschlossen hatten. Dass der Auftritt mit Pyrotechnik garniert wurde, sorgte allerdings für zusätzliche Wärme.
Für die junge Sängerin mit dem Künstlernamen Verifiziert war der Auftritt nicht zuletzt deswegen ein Erlebnis, weil er auf einer Bühne stattfand, die viermal so groß war wie ihre Wohnung, wie sie erzählte. Sie präsentierte entspannte Songs für ein entspanntes Publikum – das wiederholt zum Mittanzen aufgefordert werden musste, angesichts der Temperaturen die Bewegungen aber meist wieder bald reduzierte.
Mit „Lady Boba“ hatte Verifiziert tatsächlich ein Stück mit im Gepäck, in dem die Donauinsel eine Rolle spielt – auf die die „Sonne ballert“. Mehr textlichen Lokalbezug gab es am Inselfest wohl nur selten. Ebenfalls zu hören war ihre bisher wohl bekannteste Single „Tschick“. Für einen Kurzauftritt gesellte sich auch Rap-Kollege Jugo zu ihr auf die Bühne.
Der dritte Tag am Donauinselfest
Unzählige Besucher haben sich schon tagsüber in die Hitze des Gefechts gestürzt, so auch zahlreiche Musiker, die ihre E-Gitarre mit auf die Insel genommen haben. Auf der Festbühne dominiert am dritten Tag des Donauinselfests Hip-Hop mit Jan Delay als Headliner – und heimische Acts.
Mavi Phoenix zum zweiten Mal dabei
Für einen der Künstler bedeutete der Gig eine Rückkehr auf das Inselfest: 2018 war Mavi Phoenix noch auf der „alten“ FM4-Stage zu Gast. Im Gepäck hatte er diesmal sein kürzlich erschienenes zweites Album „Marlon“. Daraus zu hören gab es etwa die Nummer „Grass In the Sun“. Auch ältere Songs, wie der Hit „Aventura“, wurde zum Besten gegeben. „Wunderschön ist es mit euch“, freute sich der Künstler sichtlich über seine Rückkehr aufs große Fest. Eingehüllt in eine Regenbogenflagge gedachte er auch dem jüngsten Terroranschlag in einer LGBTQ-Bar in Oslo.
Jan Delay „liebt Wien“
Es folgte ein deutlich älterer Herr mit Hut – und markanter Stimme: Jan Delay. Der Hamburger Hip-Hop-Musiker fungierte als Headliner auf der neu konzipierten FM4-Location. Entsprechend groß war der Andrang. Zehntausende jubelten in Festivalstimmung dem Abschluss-Act zu – der sich wiederholt über die beeindruckende Kulisse erfreut zeigte. „Ich bin so lange nicht in Wien gewesen, und dann so ein Empfang“, konstatierte der Gast aus Deutschland. „Ich liebe Wien“, beteuerte er. Der große Jubel ließ darauf schließen, dass die Zuneigung auf Gegenseitigkeit basierte.
Die Donauinsel von oben
Wie schaut das Donauinselfest von oben aus? Wir haben uns das angeschaut.
Jan Delays jüngstes, im Vorjahr erschienenes Album, heißt „Earth, Wind & Feiern“, daraus wurden auch Kostproben serviert. Funk und Beat spielen darauf eine wichtige Rolle – sowie erneut eine klare politische Haltung. In „Spaß“ singt er etwa über Alltagsrassisten, die noch selbigen noch nie hatten und darum voller Hass sind. Nicht fehlen durfte natürlich auch sein Superhit, das Nena-Cover „Irgendwie, irgendwo, irgendwann“.
Das von der SPÖ veranstaltete Donauinselfest konnte auch heuer wieder bei freiem Eintritt besucht werden. Auch CoV-Beschränkungen gab es keine mehr. Am Nachmittag war vor allem noch Chillen und Baden angesagt. Die Ufer der Neuen Donau waren stark frequentiert. Anzutreffen waren zunächst, wie meist am Sonntag, zahlreiche Familien mit Kindern.
Handylichtermeer als Zeichen für Frieden
Schon die beiden vergangenen Tage hatten bereits für Inselfest-Feeling in gewohnter Manier gesorgt. Der Andrang war groß – und die Besucherinnen und Besucher blieben auch von den etwa für Samstagabend befürchteten Gewittern verschont. Zu den Main-Acts gehörten etwa Nico Santos, Mathea, Stefanie Werger, Umberto Tozzi und Peter Cornelius. Als wohl prominentester Besucher flanierte Bundespräsident Alexander Van der Bellen gemeinsam mit Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) am Samstag über die Inselsause. Am Freitag stattete auch SPÖ-Chefin Pamlea Rendi-Wagner dem Fest einen Besuch ab.
Im Fokus stand heuer der Krieg in der Ukraine. Am Freitag wurde darum auf dem Festgelände des Kriegsgeschehens gedacht. Vor 22.00 Uhr wurde vor jeder Bühne per Handylichtermeer ein Zeichen für Frieden gesetzt. Zudem trat die ukrainische Popband Latexfauna jeden Tag auf der „Friedensbühne“ auf. Mittels Becherpfand wurden Spenden für die Flüchtlingshilfe gesammelt.
Polizei blickt auf ruhiges Fest zurück
Aus Polizeisicht ist das Donauinselfest ein verhältnismäßig friedliches, wenngleich arbeitsreiches gewesen. 64 Anzeigen nach dem Strafgesetzbuch, neun Festnahmen nach dem Verwaltungsstrafgesetz und sechs nach der Strafprozessordnung meldete das Innenministerium am Montag. Beim größten Open-Air-Festival Europas waren an den drei Tagen rund 680 Beamte im Einsatz.
Wenn Polizistinnen und Polizisten am Festivalgelände einschritten, dann ging es unter anderem um Suchtmittelkriminalität, Körperverletzungen, sexuelle Belästigung, aggressives Verhalten und Anstandsverletzungen. Zwei syrische Staatsbürger wurden von der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) wegen sexueller Belästigung unter Mithilfe einer Drohne aus dem Verkehr gezogen.
„Dank der guten Zusammenarbeit mit dem Veranstalter konnten die Besucherströme geordnet auf das Festivalgelände gelenkt werden und es kam, trotz des hohen Besucherinteresses, zu keinen nennenswerten Vorfällen bei der An- und Abreise der Festivalgäste“, hieß es. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) dankte „allen Polizistinnen und Polizisten, die am vergangenen Wochenende im Einsatz standen, für ihr umsichtiges Handeln“. Das Donauinselfest sei einer der herausforderndsten Einsätze im ganzen Jahr.