Stadträtin Ulli Sima am Praterstern mit einer Sprühnebeldusche auf einem Hydrant
Thomas Topf/MA 31
Thomas Topf/MA 31
CHRONIK

Experte empfiehlt Bäume statt Nebelduschen

Wien soll mit neuen Sprühnebelanlagen kühler werden, so das Versprechen der Stadt. Doch der Abkühlungseffekt sei nur lokal und windabhängig, sagt Wasser-Experte Roman Neunteufel von der Universität für Bodenkultur. Bäume hätten eine größere Kühlwirkung.

Es ist eine kurze Abkühlung, wenn man an einer von den 175 Nebelduschen vorbeigeht, die in Wien mittlerweile aufgestellt wurden. Doch die Sprühnebelanlagen können die Temperaturen auf Wiens Straßen kaum senken, so der Wasser-Experte Roman Neunteufel von der BOKU: „Der Kühlungseffekt von Wasser ist natürlich unbestritten. Man denke an Kühltürme von Atomkraftwerken. Doch der Effekt von Sprühnebelanlagen ist nur sehr kleinräumig. Die ganze Stadt kann man damit nicht abkühlen.“ Auch sei der Effekt stark vom Wetter abhängig: „Bei Wind wird der Sprühnebel vertragen und es findet kaum Abkühlung statt.“

Hitzewelle hat Wien im Griff

Eine Hitzewelle hat die Stadt Wien voll erfasst. Auch wenn die 170 Nebelduschen und 1300 Trinkbrunnen ein wenig Abkühlung schaffen, sind vor allem die Bauarbeiter hart von den tropischen Temperaturen betroffen.

Größere Wassermengen für stärkere Abkühlung nötig

Besonders die üblichen Sprühanlagen, die an Hydranten befestigt sind, bieten nur eine geringe lokale Abkühlung, so der Experte: „Solche Sprühanlagen sind wirklich nur im Umkreis von ein paar Meter wirksam. Die Gesamttemperatur auf der Straße oder dem Platz beeinflusst das kaum.“

Grund dafür sei der hohe Luftaustausch: Abgekühlte Luft vermischt sich sofort mit der umgebenden heißen Luft. Die Folge ist, dass große Wassermengen genutzt werden müssten, um großflächig abzukühlen. „Um den ersten Bezirk einmalig um ein bis zwei Grad abzukühlen, müsste man den durchschnittlichen täglichen Wasserverbrauch von 25 Haushalten nutzen“, so der Experte.

Bei Standorten, wie in der Nähe von Bushaltestellen, könnten aber auch kleine Nebelduschen einen positiven Effekt haben, so Neunteufel: „Wenn man auf seinen Bus wartet und die Sprühanlage die Umluft um ein bis zwei Grad abkühlt, ist das durchaus vorteilhaft.“ Einen größeren Kühlungseffekt hätten aber Sprühschläuche, wie sie am Karlsplatz, Schwarzenbergplatz und am Meidlinger Platz ausgerollt werden.

Radfahrer fahren durch Nebeldusche
APA/Hans Punz
Sprühschläuche wie am Karlsplatz können auch größere Bereiche abkühlen

Hitzeinsel Wien

Aufgrund des Klimawandels brechen die Sommertemperaturen in Österreich immer wieder Hitzerekorde. Besonders stark betroffen sind Städte: „Jede Stadt hat den sogenannten Hitzeinseleffekt. Bei wenig Grün und viel Beton heizt sich die Luft auf“, so Neunteufel. Wasser fließt in der Stadt meist schnell ab und kann so beim Verdunsten keine Kühle spenden. So ist die Wiener Innenstadt weitaus heißer als das Wiener Umfeld. Favoriten, Ottakring und Margareten sind die Hitzepole Wiens.

Kühlende Alternativen

Eine natürliche Alternative zu den Nebelduschen wären Bäume. „Bäume verdunsten pro Tag zwischen 50 und einigen hundert Liter an Wasser. Da entsteht schon ein merkbare Verdunstungskälte“, so Neunteufel. Zwischen einer Grünfläche und einer bebauten Fläche gibt es einen Temperaturunterschied von zwei bis drei Grad. Auch spenden Bäume zusätzlichen Schatten. „Langfristig wäre es effizienter Bäume zu pflanzen, statt Nebelanlagen aufzustellen“, so der Experte.

Bäume brauchen mehrere Generationen um heranzuwachsen. Doch eine Möglichkeit jetzt schon die Stadt abzukühlen, wären grüne Fassaden, so ein Vorschlag von Roman Neunteufel. „Wenn man Fassadenpflanzen auf möglichst vielen Häusern wachsen lässt, könnte man ebenfalls Verdunstungskälte erzeugen“, so der Experte. Gegenüber wien.ORF.at spricht die Stadt Wien von „intensiven Bemühungen zur Begrünung und Entsiegelung des öffentlichen Raums“.

Ein Cooles Schiff – eine Art Nebeldusche – in Simmering
ORF
Die „Coolen Schiffe“ sind transportabel

Nebelduschen und „Coole Schiffe“

Erst kürzlich führte die Stadt Wien die „Coolen Schiffe“ ein: Zehn neue Nebelanlagen, die mit einer Dusche auf Knopfdruck auch als Wasserspielplatz fungieren. Die Kühlungsanlagen wurden von eigenen Dienststellen der Stadt Wien entwickelt. Auf Nachfrage von wien.ORF.at konnte nicht mitgeteilt werden, wie viel die Entwicklung und Herstellung gekostet hatte.

175 Nebelduschen und „Sommerspritzer“ findet man auf den Straßen Wiens. Auch die 50, von der Stadt Wien „Brunnhilde“ getauften, drei Meter hohen Trinkbrunnen versprühen Wassernebel. Hinzu kommen 1.300 klassische Trinkbrunnen.

Umweltmediziner zur Hitzewelle

Der Umweltmediziner Hans-Peter Hutter spricht zu der andauernden Hitzewelle in der Stadt Wien.

Umweltmediziner für Nebelduschen

In besonders heißen Gebieten der Stadt können Nebelduschen für die Bevölkerung als kurze Erholung dienen, sagt Umweltmediziner Hans-Peter Hutter gegenüber „Wien heute“: „Es ist nicht die Lösung aller Dinge, aber eine Einzelmaßnahme. Es gibt noch sehr viele andere. Aber letztlich ist es eine Maßnahme, die sehr schnell umsetzbar ist. Und von daher ist es auch zu begrüßen.“