Ursula Wiedermann-Schmidt
ORF
ORF
Gesundheit

„Mehr als grenzwertig“: Impfexpertin bedroht

Vierte Impfungen für über 65-Jährige sofort und das Warten auf einen adaptierten Impfstoff im Herbst für gesunde Personen empfiehlt Impfexpertin Ursula Wiedermann-Schmidt. In „Wien heute“ sprach sie auch über Bedrohungen und eine Klage gegen die FPÖ.

„Drohungen und Beschimpfungen“ zählten für Ursula Wiedermann-Schmidt, Mitglied des Nationalen Impfgremiums, zu den „unangenehmsten Erfahrungen“ in der Zeit der Coronavirus-Pandemie: „Das war etwas, womit ich wirklich nicht gerechnet habe und wo man schon sich fragt, in welcher Zeit sind wir eigentlich gelandet, dass man sich das antun muss, wenn man sich einsetzt. Man versucht wirklich mit Herzblut, eigentlich etwas Positives zu tun und den Menschen in der Situation zu helfen, und wenn dann solche Reaktionen kommen, dann schluckt man mehrmals.“

Ursula Wiedermann-Schmidt bei Patrick Budgen (Langversion)

„Mehr als grenzwertig“ sah Wiedermann-Schmidt einen Cartoon der FPÖ, „die mich dargestellt hat, als ob ich ein korruptes Individuum wäre, das Geld einsteckt von den Pharmafirmen, damit ich Impfempfehlungen herausgebe. Wenn man mehr als 30 Jahre in dem Beruf steht und solche Vorwürfe bekommt von Menschen, die keine Ahnung haben, was ich mache, dann ist das schon ein ziemlicher Einschnitt für mich gewesen.“

Juristische Schritte wurden mit Unterstützung der Universität eingeleitet und das entsprechende Video wieder entfernt, so Wiedermann-Schmidt.

Empfehlungen für vierte Impfungen

Die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus steigt weiter, in Wien gab es am Samstag 2.999 Fälle, in ganz Österreich sind 10.071 Neuinfektionen registriert worden. Aufgrund der vorliegenden Daten gibt es laut Wiedermann-Schmidt für die vierten Impfungen eine Empfehlung für chronisch kranke Personen im Alter ab 65 Jahren und für alle Personen, die zu Risikogruppen zählen: „Sie sind nach drei bis vier Monaten nicht mehr gut geschützt und Spitalsbehandlungen vermehrt notwendig. Daher ist in der Empfehlung auch deutlich diese Risikogruppe definiert worden. Diese Gruppe hat jetzt Priorität. Die anderen Personen, da gibt es noch nicht die entsprechende Datenlage, dass man mit gutem Gewissen sagen könnte, alle sollen jetzt sofort impfen.“

Bei Personen, deren dritte Impfung länger als ein halbes Jahr her ist, sah Wiedermann-Schmidt das Warten auf den Herbst als bessere Lösung an, „weil wir auch eine weitere Welle oder weitere Wellen im Herbst erwarten, und man dadurch eine möglichst gute und breite Abdeckung haben möchte mit einer Impfung“. Personen, die sich aufgrund von Risikosituationen bereits jetzt zum vierten Mal impfen lassen, müssten im Spätherbst oder Winter eine fünfte Impfung einkalkulieren: „Wir gehen davon aus, dass es alle vier bis fünf Monate Wellen geben wird, auch jetzt noch in der nächsten Zeit.“

Entscheidungen für sofortige Impfungen „in Abhängigkeit von Risikosituationen“ werden aber vom Nationalen Impfgremium mitgetragen, so Wiedermann-Schmidt: „Jeder, der sich schützen lassen möchte, soll sich impfen lassen.“ Den vereinfachten Zugang zur vierten Impfung in Wien für alle Personen ab zwölf Jahren, deren Drittimpfung bereits sechs Monate her ist, sah Wiedermann-Schmidt auch als „organisatorische Angelegenheit, zeitlich gesehen ist das vielleicht etwas ungünstig gelaufen“.