POLITIK

Wien will „alle Klimaratsideen prüfen“

93 Vorschläge hat der österreichische Klimarat am Montag präsentiert. Wien könnte viele davon selbst umsetzen wie etwa eine Citymaut. Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) will „alle Vorschläge“ vor einer möglichen Umsetzung prüfen.

„Jedes einzelne Thema ist eines, das ich auf keinen Fall vom Tisch wischen möchte“, erklärte Czernohorszky am Dienstag in „Wien heute“. Die Stadt werde sich nach der Prüfung der Vorschläge bemühen, „viele davon umzusetzen“. Etliche davon fänden sich ohnehin auch im Wiener Klimafahrplan, „der ja aufgrund des Wiener Klimarats erstellt worden ist“, so Czernohorszky. Die Grundidee hinter dem Klimarat sei jedenfalls auch die Grundidee hinter der Klimapolitik der Stadt.

„Wir haben mit dem Fahrplan in Wien schon klar gezeigt, dass man auch Ziele setzen und Wege beschreiten muss, die man dann wirklich abarbeitet. Auf Bundesebene fehlt das Klimaschutzgesetz noch immer seit über 500 Tagen. Das ist ja auch eine klare Empfehlung, um nicht zu sagen ein Wink mit einem besonders großen Zaunpfahl des Klimarats“, sagt Czernohorszky Richtung Bundesregierung.

„Bekenntnis für Verkehrsberuhigung“

Der Klimarat schlägt nun unter anderem eine Citymaut oder eine autofreie Innenstadt vor – Maßnahmen, die in Wien seit längerem im Gespräch sind. In Diskussion derzeit ein Einfahrtsverbot in die Innenstadt, das von einem Videoüberwachungssystem kontrolliert wird. Das Modell wurde allerdings zuletzt in einer Studie als sehr teuer und weniger effizient als erwartet eingestuft. Czernohorszky verweist auf Nachfrage lediglich auf das „klare Bekenntnis“ für eine Verkehrsberuhigung der Innenstadt auch im Stadtregierungsprogramm.

Als „absolut gutes Beispiel, was man in Städten machen kann“ stuft der Klimastadtrat die Empfehlung nach weniger Parkflächen ein. „Allein das flächendeckende Parkpickerl hat in Wien den verparkten Bereich um 30 Prozent reduziert. Das ist wichtig und richtig für die Stadt und wir werden da natürlich auch weitermachen.“

Autofreier Tag und "Gratis-„Öffi“-Tickets?

Eher ausweichend antwortet Czernohorszky beim Klimarat-Vorschlag eines autofreien Tages im Monat: Wien zeige „allen in Österreich, dass ein autofreies Leben grundsätzlich möglich ist. Deswegen ist ja auch das Leben in der Stadt ein gutes Beispiel dafür, wie es gehen kann. In Wien kommen auf 1.000 Einwohner 370 Pkws. Das ist der geringste Anteil in ganz Österreich. Und Wien ist auch das einzige Bundesland und die einzige Stadt, wo die Anzahl sinkt. Meiner Meinung nach kann das Ziel nur sein: weniger Autoverkehr, weniger Autos und weniger gefahrene Kilometer.“

Stadt reagiert auf Klimarat

100 zufällig ausgewählte Menschen haben beim Klimastadtrat Forderungen an die Politik formuliert. Dabei könnte die Stadt viele davon selbst umsetzen wie etwa eine Citymaut oder Gratis-Öffis.

Weniger Autos heißt mitunter auch mehr mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren: Der Klimarat hat dazu die Idee eines Gratis-„Öffi“-Tickets geboren – zeitlich begrenzt für Personen in „Lebensumbruchsphasen“ wie nach einem Umzug oder Jobwechsel, um den Umstieg auf „Öffis“ zu erleichtern. Czernohorszky will diese Empfehlung zumindest „nicht vom Tisch wischen“, sondern prüfen.

Photovoltaik und „Raus aus Gas“

Großes Potenzial sieht die Stadt bei der Energiewende, vor allem beim Ausbau der Photovoltaikanlagen. „Wir haben in den Städten zwar nicht besonders viel Platz für Windräder oder für Gezeitenkraftwerke, aber wir haben in den Städten unglaublich viele Dächer und deshalb haben wir die Photovoltaikoffensive bereits ausgerufen. Das ist etwas, wovon es in den nächsten Jahren viel, viel mehr geben soll, 16 mal so viel wie heute“, so Czernohorszky.

Und die Devise „Raus aus Gas“ will die Stadt so rasch wie möglich umsetzen: „Es gibt im wesentlichen zwei große Säulen für ‚Raus aus Gas‘. Das eine ist es, die dezentrale Versorgung mit Fernwärme stark auszubauen und die Fernwärme selbst raus aus Gas bringen. Das geht durch große Wärmepumpen. Und dort, wo die Fernwärme nicht hinkommen kann, dort wird man auf sogenannte Anergienetze setzen, da sind dann Erdwärmesonden, das ist die Abwärme aus Abwässern oder eben Luftwärmepumpen.“

Wien sei auch das einzige Bundesland, das eine Energieraumplanung mache: „Wir machen Raumplanung nicht nur bei der Art und Weise der Verbauung, sondern auch bei den Energielösungen. Und über dieses Tool werden wir in den nächsten Jahren dafür sorgen, dass es kein Gas mehr gibt in der Stadt, aber dass der Umstieg auch sozial abgefedert wird.“

Informationskampagne zum Thema Energiesparen

Lösungen, „die alle schon in der Praxis funktionieren“, betont Czernohorszky. „Es gibt in Wien Häuser, da kann man reingehen, auch im Bestand, die saniert worden sind. Jetzt müssen wir das natürlich in die Breite bringen.“ Beim Thema Energieversorgungssicherheit sei jetzt aber einmal der Bund am Zug. „Aber natürlich kann ein Bundesland, kann eine Stadt, aber auch der Einzelne etwas dazu beitragen, dass es Energiesparen gibt und dass es davon noch mehr gibt als bisher.“ Die Stadt selbst plant in den nächsten Wochen eine Informationskampagne zum Thema Energiesparen.

Beim Thema Energie müsse man der Bevölkerung „schon auch reinen Wein einschenken“, so Czernohorszky weiter. „Das passiert, wie ich finde, auf Bundesebene nicht immer. Das ist eine dramatische Situation. Es wird teurer und teurer und teurer. Und zugleich spüren wir die Abhängigkeit auch daran, dass wir nicht genau wissen, ob es noch genug Energie gibt. Das letztere wird mit großer Wahrscheinlichkeit kein Thema in Österreich sein, aber es wird trotzdem der Preis bleiben“, glaubt Czernohorszky.

„Bessere Lebensqualität am Ende“

Von Verzicht will er im Zusammenhang mit Klimaschutzmaßnahmen aber nicht so gerne sprechen: "Wovon ich wirklich überzeugt bin, ist, dass Klimaschutz und generell das, was wir uns vorgenommen haben, also „CO2 runter“ oder „Raus aus Gas", dass das alles am Ende zu einem Leben führt, das eine bessere Lebensqualität hat.“