Der frühere E-Control-Vorstand Walter Boltz via Skype
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Chronik

Experte: Hilfe bei Energiekosten nicht für alle

Bei Strom und Gas sei weiter mit Preiserhöhungen zu rechnen, sagt Walter Boltz. Geht es nach dem früheren E-Control-Vorstand sollte man aber nur jene Haushalte finanziell unterstützen, die sich höhere Energiekosten nicht leisten können. Sonst gäbe es Probleme, den Energieverbrauch zu senken.

Mit Beginn der „Nord Stream 1“-Wartung bekommt die OMV um rund 70 Prozent weniger Gas. Das habe laut Boltz keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Versorgung. „Das ist ja eine Unterbrechung der Lieferung, die langfristig geplant war. Die Gasunternehmen haben entsprechende Vorkehrungen getroffen: Gas woanders gekauft, Gas auf Speicher gelegt. Aber natürlich wird es voraussichtlich weiterhin eine Preiserhöhung auslösen.“

Diese wird sich fortsetzen, sollte „Nord Stream 1“ nach den aktuellen Wartungen nicht mehr oder nur mit geringen Volumen in Betrieb gehen. „Natürlich wird es uns sehr schwer fallen, die Speicher weiter zu füllen, weil die Knappheit ist dann nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa“, so Boltz. Wirkliche Versorgungsprobleme hätte Österreich dann wohl in den Wintermonaten ab November.

Energieexperte Boltz zu Gasversorgung

Energieexperte Walter Boltz, früherer E-Control-Vorstand, spricht über die Gasversorgung in Österreich.

Marktpreise, für die es sich leisten können

Zur Diskussion über einen Energiepreisdeckel, einen Zuschuss oder eine Refundierung für Haushaltskunden sagt Boltz: „Grundsätzlich ist ein Eingriff in den Markt schon gerechtfertigt, weil wir ja nicht normale Marktmechanismen haben, sondern wir sehen, dass Russland versucht, die Energiemärkte massiv zu manipulieren in Europa.“

Boltz gibt aber zu bedenken, dass jede Entlastung auch einen Zusatzverbrauch nach sich zieht. „Die Entlastung sollte wenn irgendwie möglich auf jene Kunden fokussiert sein, die wirklich Schwierigkeiten haben, die Rechnungen zu bezahlen. Und jene, die das nicht haben, sollten sehr wohl die Marktpreise weiter zahlen müssen, weil sonst wird der Verbrauch größer.“

Auch beim Strom ist Boltz der Meinung: „Wir sollten die Preissignale nicht ganz konterkarieren, weil dann haben wir große Probleme, den Energieverbrauch zu senken.“ Großverbraucher sollte man generell nicht unterstützen, so Boltz. „Weil das kostet unglaublich viel Geld und ist nicht wirklich effektiv, außer es wird in Europa in voller Koordination durchgeführt.“

Kein Gas mehr durch „Nord Stream 1“

Der Durchfluss durch die Gaspipeline „Nord Stream 1“ ist am Montag auf Null gefallen. Das ging aus der Website des Betreibers hervor. Mit Sorge wird in Westeuropa die Frage gestellt, ob der russische Energiekonzern Gazprom nach dem Ende der Wartung wieder in vollem Umfang Gas nach Westen pumpen wird. Die E-Control und auch Wien Energie versuchen nun zu beruhigen.

70 Prozent weniger Gas an OMV

Der russische Staatskonzern Gazprom kürzte der OMV nach Beginn der Nord-Stream-1-Wartung die Liefermengen. Die OMV erhielt am Montag um rund 70 Prozent weniger als nominiert, sagte OMV-Sprecher Andreas Rinofner. Zuletzt, seit Mitte Juni, hatte Gazprom noch ungefähr die Hälfte der bestellten Menge geliefert.

Ob die Gasspeicher trotz der Lieferkürzungen weiter befüllt werden können, hängt auch vom jeweiligen Tagesverbrauch und dem Zukauf am Spotmarkt ab, hatte der Sprecher erläutert. Die tatsächlich gelieferten Mengen – und wie viel davon eingespeichert wurde –, stehen dann jeweils etwa ein bis zwei Tage später fest – mehr dazu in Kein Gas mehr durch „Nord Stream 1“