Angeklagter im Gerichtssaal
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Chronik

Ehefrau niedergestochen: 18 Jahre Haft

Wegen versuchten Mordes ist am Landesgericht für Strafsachen in Wien ein 52-jähriger Mann zu 18 Jahren Haft verurteilt worden. Er soll in Favoriten seine Ehefrau niedergestochen haben. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Der Richter begründete das Urteil mit der brutalen Vorgangsweise, die bei der Strafbemessung erschwerend ins Gewicht gefallen sei. Die Frau habe nur aufgrund mehrerer glücklicher Umstände überlebt. Mildernd waren die bisherige Unbescholtenheit des Mannes und dass er sich eine Stunde nach der Tat selbst der Polizei gestellt hatte. Der Angeklagte war mit dem Urteil nicht einverstanden: „Bis ich enthaftet werde, bin ich ja 70 Jahre alt“, meinte er nach der Urteilsverkündung. Nach Rücksprache mit seiner Anwältin nahm er Bedenkzeit.

Die Ehefrau schloss sich dem Strafverfahren mit einer Schadenersatz- und Schmerzengeld-Forderung von insgesamt 35.000 Euro an. Sie bekam vom Gericht die begehrte Summe zuerkannt. Darüber hinaus wurde im Urteil festgestellt, dass ihr Mann für sämtliche weitere zukünftige, aus dem Angriff resultierende Schäden haftet. Der Staatsanwältin fiel die Strafe zu milde aus. Sie meldete Berufung an.

Angeklagter bat um Entschuldigung

Laut Anklage hatte der Afghane am 10. Jänner in ihrer Wohnung in Favoriten auf die Frau eingestochen. „Es ergibt sich eindeutig, dass er sie töten wollte“, so die Staatsanwältin am Beginn der Verhandlung. Der Angeklagte räumte die Vielzahl der Stiche ein, bestritt aber die Tötungsabsicht. „Es tut mir leid. Entschuldigung“, sagte der Angeklagte danach.

„Ich möchte mich beim Richter, bei den Anwesenden entschuldigen, dass das passiert ist“, betonte er. Seine Frau habe ihn „aufs Ärgste beschimpft und beleidigt“. Da habe er zu einem Messer gegriffen: „Ich hab’ sie verletzt. Ich wollte sie nicht umbringen.“ Er habe keine Erinnerung daran, wie oft er tatsächlich zugestochen habe, davon habe er erst im Gefängnis gelesen.

Nachbar von Schreien alarmiert

Die Staatsanwältin war vom Gegenteil überzeugt. Die 52-Jährige hatte laut Anklage am Handy ihres Mannes das Foto einer nackten Frau entdeckt und ihn damit konfrontiert, wobei sie ihm eine Thermoskanne vor die Füße warf. Darauf stach er ihr ein Messer mit einer zwölf Zentimeter langen Klinge in den Bauch und in den Hals und drohte laut Anklage, er werde ihr nun den Kopf abschneiden.

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Der Angeklagte gestand die Messerstiche, aber nicht die Tötungsabsicht

Die 52-Jährige flüchtete ins Stiegenhaus. Ihr Mann soll dann mit einem großen Messer mehrfach auf sie eingestochen haben. Diese Tatwaffe wurde aber bisher nicht gefunden. Ein von ihren Schreien alarmierter Nachbar kam der Frau zu Hilfe und versuchte, den bewaffneten Mann am Handgelenk zu packen, um ihm das Messer zu entwinden. Der 52-Jährige machte jedoch Anstalten, auf ihn loszugehen, worauf der Nachbar die rücklings am Boden liegende Frau an den Beinen packte und sie kurzerhand die Stufen im Stiegenhaus hinunterzog.

Halsschlagader nur knapp verfehlt

Während der Nachbar die Einsatzkräfte alarmierte, soll der Ehemann auf die Straße gerannt sein. Er soll vergeblich versucht haben, Autos aufzuhalten, um die Polizei zu rufen. Danach soll er ziellos mit der Straßenbahn umhergefahren sein, bis er sich wenig später der Polizei stellte. Dass die Frau überlebte, sei nur glücklichen Umständen zu verdanken, betonte die Staatsanwältin. Ohne den couragierten Nachbarn wäre die Ehefrau vermutlich verblutet.

Die Frau musste zwei Wochen im Klinikum Donaustadt behandelt werden, die erste Hälfte dieser Zeit verbrachte sie auf der Intensivstation. Das gerichtsmedizinische Gutachten von Christian Reiter stellte mehrere schwere Verletzungen fest, unter anderem wurde die Halsschlagader nur knapp verfehlt. Laut Aussage der Frau nimmt sie immer noch täglich Schmerzmittel und sei in psychischer sowie physiotherapeutischer Behandlung.

Angeklagter zurechnungsfähig

Die psychiatrische Sachverständige Sigrun Rossmanith stellte fest, dass der Angeklagte auf jeden Fall zurechnungsfähig sei. Außerdem sei er intelligenter, als ein Test ergeben hatte, was sie auf sprachliche Barrieren zurückführte.

Der Angeklagte war 2012 nach Österreich gekommen. „Er war durchgehend eifersüchtig“, führte die Staatsanwältin aus. Gegen den Mann waren schon zuvor mehrere Strafverfahren geführt worden. Gegenstand der meisten Konflikte waren sowohl die Tatsache, dass seine Frau im Gegensatz zu ihm eine Arbeit gefunden hatte, als auch ein angebliches außereheliches Verhältnis mit ihrem Chef, welches er ihr ohne reelle Basis unterstellte. Überdies verlangte er mehr Geld von ihr und bedrohte sie immer wieder mit dem Umbringen.