Roller vor einem Kindergarten
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Politik

Wien will von Kindergärten Schutzkonzepte

Wien wird nach den Fällen von Missbrauchsverdacht Kinderschutz gesetzlich verankern. Vorgesehen ist unter anderem, dass Kindergärten künftig ein Schutzkonzept erstellen und Kinderschutzbeauftragte einsetzen müssen. In der MA 11 wird eine Kompetenzstelle geschaffen.

Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS) hat nach dem Verdachtsfall in einem Kindergarten – der nicht zuletzt deswegen für Diskussionen sorgte, weil Eltern eine zu späte Information beklagt haben – bereits Schritte gesetzt. So wurde die Leiterin der Magistratsabteilung 10 (Kindergärten) ihres Postens enthoben. Nun folgt auch eine legislative Initiative. Sie fußt auf Maßnahmen, die die Expertenrunde zum Aktionsplan Kinderschutz empfohlen hat, wie der für Kinderbetreuung zuständige Stadtrat erläuterte. Das Gremium hat gestern, Mittwoch, Abend getagt.

Für städtische und private Betreiber verpflichtend

Als zentrale Neuerung wird nun eine Verankerung des Kinderschutzes festgeschrieben. Im Gesetz soll ausdrücklich festgehalten sein, dass die Sicherstellung des Schutzes von Kindern vor physischer und psychischer Gewalt zu einer wichtigen Aufgabe der Kindergärten gehört. Und: Es sieht verpflichtende Kinderschutzkonzepte für Betreiber vor.

Diese Vorgabe wird sowohl im Wiener Kindergartengesetz als auch im Wiener Tagesbetreuungsgesetz – das für Kindergruppen und Tageseltern gilt – integriert. Es gilt dann für alle elementarpädagogischen Einrichtungen in Wien, also nicht nur für die städtischen Standorte, sondern auch für die privaten. Auch müssen Betreiber künftig Kinderschutzbeauftragte ernennen sowie regelmäßige Schulungen und Fortbildungen anbieten bzw. ermöglichen.

Der Pfad für die zeitliche Implementierung sieht laut Wiederkehr folgendermaßen aus: Der Gesetzesentwurf ist bereits in Abstimmung mit Fachleuten. Er soll im Spätsommer im Rahmen eines Begutachtungsverfahrens aufliegen. Der Beschluss soll noch vor dem Jahresende erfolgen.

Klare Abläufe sollen Sicherheit bieten

Der Rahmen und die inhaltlichen Schwerpunkte für die nötigen Schutzkonzepte werden aktuell erarbeitet, hieß es. Damit soll ein „Grundgerüst“ angeboten werden, an dem sich alle Einrichtungen und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter orientieren können. Auch diese, so betont man, sollen durch die Konzepte geschützt werden. Denn diese würden klare Abläufe bedeuten, die auch Sicherheit geben würden und präventiv wirken könnten.

Weiters ist geplant, eine Kompetenzstelle Kinderschutz in der MA 11 (Kinder- und Jugendhilfe) einzurichten. Sie soll den „Kinderschutz im Elementarbereich“ zum Schwerpunkt haben. Als Hauptaufgabe wird Sicherstellung der gesetzlichen Vorgabe genannt. Auch soll sie als Ansprechstelle für die diversen Trägerorganisationen fungieren.

Wiederkehr beteuerte: „Kinderschutz steht in Wien über allem und mit dem Aktionsplan werden Kinderrechte gestärkt.“ Alle Fachleute seien sich einig gewesen, dass eine gesetzliche Verankerung wichtig und notwendig sei.

Positive Reaktionen bei Kinderschutzorganisationen

Hedwig Wölfl, die Geschäftsführerin des Kinderschutzzentrums „möwe“ und Mitglied im Gremium zeigte sich in einer Stellungnahme ebenfalls erfreut: „Es ist sehr gut, dass nun konkrete Schritte gesetzt werden, damit nach der Aufregung in den letzten Wochen Eltern wieder Vertrauen und ein gutes Gefühl haben, wenn ihre Kinder in einer Wiener Einrichtung betreut werden.“ Klare Regeln des Miteinander würden ein förderliches und schützendes Umfeld im pädagogischen Alltag schaffen.

Auch für Caroline Culen, die Geschäftsführerin der Österreichischen Liga für Kinder- und Jugendgesundheit, betonte, dass man die Verpflichtung zur Entwicklung organisationsangepasster Kinderschutzkonzepte schon seit Jahren als essenziell für die Qualitätssicherung in Betreuungseinrichtungen ansehe. „Die Stadt Wien setzt hier einen großen Schritt. Wichtig und richtig wäre aus unserer Sicht ein Bundeskinderschutzgesetz, um für alle Kinder in Österreich Bildungs- und Freizeiträume zu sicheren Orten zu machen.“

Der Wiener ÖVP-Chef Karl Mahrer und der türkise Bildungssprecher Harald Zierfuß sahen in den Maßnahmen hingegen nur einen ersten Schritt. Es müsse vor allem sichergestellt werden, dass die Kinderschutzkonzepte eine Standardisierung der Elterninformation bei Missbrauchsverdacht in einem Kindergarten beinhalten. Eltern müssten sich darauf verlassen können, die ersten und nicht die letzten in der Informationskette bei derartigen Verdachtsmomenten zu sein, hielten sie fest.