Peter Filzmaier zu Gast im Wien heute Studio bei „Tratschen mit Budgen“
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Politik

Teuerung bringt Wiener SPÖ unter Druck

Wie reagiert Wien auf die derzeitige Teuerung? Während der Wiener SPÖ-Chef Michael Ludwig auf Entlastungen auf Bundesebene pocht, will er als Bürgermeister in Wien die Gebühren anheben. Damit sei die Wiener SPÖ in einem Dilemma, sagt Politikanalyst Peter Filzmaier.

Der Ruf nach einem gemeinsamen Gipfeltreffen von Bund und Ländern – von Ludwig als Teuerungsgipfel bezeichnet – als auch Insellösungen in der Stadt Wien und anderen Bundesländern sind letztlich ein Ausdruck der Hilflosigkeit, sagt Politikanalyst Peter Filzmaier. Altbekannte Rezepte der Politik, wie ein paar Sozialleistungen erhöhen oder Gutscheine und vorübergehende Gebührenstopps würden nicht mehr reichen. Die Inflation könne damit nicht gebremst werden.

Uneinigkeit im Kampf gegen die Teuerungskrise

Wie reagiert Wien auf die derzeitige Teuerung? Während der Wiener SPÖ-Chef Michael Ludwig auf Entlastungen auf Bundesebene pocht, will er als Bürgermeister in Wien die Gebühren anheben. Damit sei die Wiener SPÖ in einem Dilemma, sagt Politikanalyst Peter Filzmaier.

Dilemma innerhalb der SPÖ

Während die Bundes-SPÖ sich leicht tut, Forderungen an die Bundesregierung zu stellen, steckt die Wiener SPÖ in einem Dilemma. So steht etwa die Erhöhung der Gebühren für Wasser, Kanal und Müll an, Ludwig will diese auch umsetzen, wie er kürzlich betonte.

Im Bund klingt das anders, fordert doch SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner einen Teuerungsstopp. Das führt laut Filzmaier zu einer doppelten, politischen Gewinnsituation bei der Bundes-SPÖ: Entweder die Forderungen werden von der Bundesregierung erfüllt, dann hätte sie sich durchgesetzt. Das wäre ein Sieg. Oder die Bundesregierung ignoriert das. Dann kann sie den Vorwurf in den Raum stellen, diese wäre untätig.

Pamela Rendi-Wagner und Michael Ludwig
APA/ROBERT JAEGER
Teuerungsstopp versus Gebührenerhöhungen

In der Wiener Stadtregierung bräuchte man aber eine schnelle Lösung. 90 Prozent der SPÖ-Wählerinnen und Wähler von 2020 haben gesagt, sie empfinden eine hohe Lebensqualität in der Stadt. Wenn diese jetzt sinkt, verliert die SPÖ Zuspruch, sagt Filzmaier. Bürgermeister Michael Ludwig könne sich schlecht hinstellen und sagen: „Ihr habt mich wegen der hohen Lebensqualität in Wien gewählt, aber ich sage jetzt: Die wird in den nächsten Monaten und vielleicht Jahren für alle oder fast alle deutlich schlechter werden.“

Wien zahlte 40 Millionen Euro Unterstützungen

Immer mehr Bundesländer schnüren unterdessen Entlastungspakete. Niederösterreich kündigte etwa Maßnahmen gegen den hohen Strompreis an. Auch Wien hat schon Maßnahmen getroffen und bisher rund 40 Millionen Euro ausbezahlt. 190.000 armutsgefährdete Wienerinnen und Wiener haben bereits Geld bekommen, heißt es von der Stadt gegenüber Radio Wien.

200 Euro haben jene Menschen bereits am Konto, die Notstandshilfe oder Arbeitslosengeld bekommen, genauso Mindestsicherungsbezieher oder auch Menschen, die Wohnbeihilfen bekommen. Darüber hinaus haben 13.000 Alleinerzieherinnen und -erzieher noch einmal 100 Euro bekommen. Damit hat die Stadt Wien all jene unterstützt, die in irgendeiner Form Sozialleistungen von Wien beziehen.

Ab August sollen dann auch Pensionistinnen und Pensionisten, die zusätzlich zu zur Pension eine sogenannte Ausgleichs- bzw. Ergänzungszulage aus der Pensionsversicherung beziehen, ebenfalls die 200 Euro. Laut Stadt wird das rund 42.000 Menschen betreffen. Alleinerzieherinnen und -erzieher, die bislang keine Leistung der Stadt bekommen, können ab August einen Antrag für 100 Euro Unterstützung stellen.

Kommunikative Trendumkehr

Die Inflationskrise ist lange noch nicht ausgestanden, sagt Filzmaier. Gutscheine und Zahlungen werden noch länger nötig sein. Und sie kosten daher langfristig Geld. Wenn dann das Stadtbudget nicht mehr mithält und massiv neue Schulden gemacht werden, wird wieder der Amtsinhaber verantwortlich gemacht. Und das ist in Wien eben die SPÖ. Das kommt beim Wähler nicht gut an.

Die Politik müsse zugeben, dass sie momentan keine perfekten Lösungen hat. Der einzige Ausweg ist kommunikative Ehrlichkeit, empfiehlt Filzmaier. Das wäre auch der Abschied von einem Slogan, der die Politik begleitet seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs: Es wird uns allen immer wieder besser gehen. Jetzt in der Krisenzeit würde allerdings kommunikative Ehrlichkeit bedeuten zu sagen, dass es uns in den nächsten Monaten und Jahren schlechter gehen wird. Vielleicht nicht allen, aber sehr vielen. Nicht etwa nur den ärmsten Menschen, sondern durchaus auch dem Mittelstand, sagt Filzmaier.