Ingrisch
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Kultur

Autorin Lotte Ingrisch gestorben

Die Schriftstellerin Lotte Ingrisch ist tot. Die Witwe Gottfried von Einems ist am Sonntagabend in der Klinik Donaustadt wenige Tage nach einem Sturz gestorben. Ingrisch schrieb unter anderem Theaterstücke und Romane und war für ihren Hang zum Übersinnlichen bekannt.

„Sie haben mich nicht nur belächelt, sie haben mich ausgelacht. Und natürlich halten sie mich für verrückt, die meisten Leute“, sagte Lotte Ingrisch vor einigen Jahren in Radio Wien.

Eine Gabe für das Übersinnliche habe sie immer gehabt, sagte Ingrisch damals: „Ich habe als Kind schon mit Steinen und Sternen gesprochen.“ Als sie Gottfried von Einem heiratete und ins Waldviertel zog, sei sie immer wieder in Katalepsie verfallen und habe damit begonnen, Astralwanderungen zu machen – ein Zustand der körperlichen Starre, bei dem der Geist den Körper verlässt. Immer wieder habe sie mit Geistern und toten Dichtern gesprochen, die ihr sogar beim Schreiben ihrer Bücher geholfen hätten.

Autorin Lotte Ingrisch gestorben

Die Schriftstellerin Lotte Ingrisch ist tot. Die Witwe Gottfried von Einems ist am Sonntagabend in der Klinik Donaustadt wenige Tage nach einem Sturz gestorben. Ingrisch schrieb unter anderem Theaterstücke und Romane und war für ihren Hang zum Übersinnlichen bekannt.

Erhielt eine Briefbombe an falsche Adresse

Ingrisch wurde 1930 in Wien als Charlotte Gruber geboren. Von 1949 bis 1965 war sie mit dem Philosophen Hugo Ingrisch verheiratet und veröffentlichte in dieser Zeit unter dem Pseudonym Tessa Tüvari drei Unterhaltungsromane. Größeren Publikumserfolg erzielte sie mit ihren eingängigen Theaterstücken, meist Einaktern, darunter „Damenbekanntschaften“ und die im Akademietheater aufgeführten „Vanillekipferln“. Mitte der 60er Jahre lernte sie den Komponisten Gottfried von Einem kennen, den sie 1966 heiratete.

Im Mai 1980 kam ein gemeinsames Werk des Künstlerpaares auf die Bühne: Die Mysterienoper „Jesu Hochzeit“ löste bei ihrer Uraufführung im Theater an der Wien wegen „blasphemischer Textstellen“ einen Skandal aus. Das „gotteslästerliche Libretto“ war laut Franz Fuchs auch der Grund, warum der Attentäter 1996 eine Briefbombe an die Verfasserin schickte – allerdings irrtümlich an eine alte Adresse.

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Lotte Ingrisch, Autorin des Textes der Oper Luzifers Lächeln nahm gestern auf der Bühne
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1998 wurde die Oper „Luzifers Lächeln“ in der Kammeroper uraufgeführt, der Text stammt von Ingrisch
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Lotte Ingrisch, 2018
 Lotte Ingrisch und Franz Morak im Rahmen des Philharmonikerballes, 2013
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Lotte Ingrisch und Franz Morak im Rahmen des Philharmonikerballes, 2013
Ingrisch durchblättert Post
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1996 sollte Ingrisch eine Briefbombe erhalten. Diese ging allerdings an eine alte Adresse

Bücher „aus dem Jenseits diktiert“

Die bereits in „Jesu Hochzeit“ vertretene Idee der Einheit von Leben und Tod manifestierte sich in weiterer Folge in Ingrischs esoterischen, sehr persönlichen Texten der 80er Jahre, dem Bestseller „Reiseführer ins Jenseits“ (1980), dem „Nächtebuch“ (1986) und vor allem dem „Donnerstagebuch“ (1988), das ihr, so erklärte sie, vom 1986 verstorbenen Wiener Stadtrat Jörg Mauthe „aus dem Jenseits diktiert worden“ sei. Wegen der namentlichen Nennung Mauthes auf dem Cover des Buches reichte der Sohn des Stadtrates Klage ein.

1990 wurde im Wiener Ronacher von Einems und Ingrischs Kinderoper „Tulifant“ uraufgeführt, und 1998 hob die Wiener Kammeroper das letzte gemeinsame Bühnenwerk, „Luzifers Lächeln“, aus der Taufe. Dass man auch über dem Sterben nicht den Humor verlieren muss, postulierte Ingrisch, die auch Lyrik, Fernseh- und Hörspiele verfasst hat, in „Der Himmel ist lustig“. Verscherzt, zumindest mit einer Reihe etablierter Wissenschafter, hat sie es sich allerdings mit dem wissenschaftlichen Anspruch ihrer 2004 erschienenen „Physik des Jenseits“.

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Die Schriftstellerin Lotte Ingrisch ist im Alter von 92 Jahren gestorben. Die Witwe Gottfried von Einems ist am Sonntagabend in der Klinik Donaustadt wenige Tage nach einem Sturz gestorben. Ingrisch schrieb unter anderem Theaterstücke und Romane und war für ihren Hang zum Übersinnlichen bekannt.

Gründete „Schule der Unsterblichkeit“

1993 gründete die Grenzgängerin eine „Schule der Unsterblichkeit“, um den Menschen die Angst vor dem Tod zu nehmen: „Sterben für Anfänger“, „Sterben für Fortgeschrittene“ und „Gespenster-Knigge“ lauten Auszüge aus dem Kursprogramm. Ingrisch unterhielt sich laut eigenen Angaben nicht nur mit Hexen, Hausgeistern, Feen und Engeln, sondern auch mit ihrem 1996 verstorbenen Mann.

Ihre Dialoge mit von Einem gab sie 1997 unter dem Titel „Ratte und Bärenfräulein – Die Jenseitsreise des Gottfried von Einem“ heraus. Zu ihrem 85. Geburtstag erschien das Buch „Als ich merkte, dass ich gestorben bin“, heuer im Frühjahr erschien das gemeinsam mit Helmut Rauch verfasste Buch „Die Quantengöttin. Wellen und Teilchen – ein Geheimnis“, der Nachfolger des 2017 erschienenen „Der Quantengott. Dialog über eine Physik des Jenseits“.

Dem Gedenken ihres Mannes und der Pflege seines Werkes widmete Ingrisch sich auch mit der Gottfried von Einem Stiftung. Sie schenkte das Haus in Oberdürrnbach, in dem von Einem seinen Lebensabend verbracht hatte, der Gemeinde Maissau. Seit 1999 ist die Gedenkstätte zudem Schauplatz der jährlichen „Gottfried von Einem Tage“. Im Jahr 2002 erhielt die Schriftstellerin das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse, vier Jahre später das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Bundesland Niederösterreich.

Van der Bellen: „Unverwechselbare Künstlerin“

Betroffen zeigte sich Bundespräsident Alexander Van der Bellen. „Mit Lotte Ingrisch hat Österreich eine vielfältige Schriftstellerin und einprägsame Persönlichkeit verloren“, teilte er mit. Ihr Name sei untrennbar mit Gottfried von Einem verbunden, ihr Engagement um sein künstlerisches Erbe Teil ihres erfolgreichen Wirkens. Sie werde als „einzigartige und unverwechselbare Künstlerin und als einfühlsamer und humorvoller Mensch in Erinnerung bleiben“, so Van der Bellen.

Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) würdigte Ingrisch als „vielfältige Schriftstellerin“. Besonders habe die Wiener Schriftstellerin gemacht, dass sie den Tod als selbstverständlichen Teil des Lebens betrachtete.

Ingrisch habe das Kulturleben bereichert, so Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler: „Gemeinsam mit ihrem Mann, dem Komponisten Gottfried von Einem, schuf sie Bühnenwerke, die aufrüttelten wie etwa die Mysterien-Oper „Jesu Hochzeit“, deren Libretto Ingrisch schuf. Vermissen werden wir aber auch die Gabe von Lotte Ingrisch, die humorvollen Seiten von Leben und Sterben in Worte zu fassen und fantasievoll mit dem Jenseits zu kommunizieren.“