Bürgermeister Michael Ludwig
APA/Georg Hochmuth
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CORONAVIRUS

Ludwig zu Quarantäne-Ende: „Falsche Richtung“

Nach dem Bund-Länder-Treffen im Bundeskanzleramt kritisiert Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) die Bundesregierung, die „einen Schritt in die falsche Richtung“ mache. Wien wird aber eine bundesweite Regelung zum Ende der Quarantäne für Infizierte übernehmen.

Es wird damit gerechnet, dass die Bundesregierung beim Ministerrat am Mittwoch eine Lockerung beziehungsweise das Ende der Quarantäne verkündet. Das diesbezügliche Vorgehen der Regierung sorgte bei den SPÖ-regierten Bundesländern für großen Ärger. So zeigte sich auch Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) in einer Pressekonferenz im Anschluss an den Gipfel verstimmt. Die Stadt Wien orientiere sich an den Empfehlungen der WHO und sei gegen das Aus der Quarantäne.

„Ich sehe den Vorstoß der Bundesregierung als Schritt in die falsche Richtung.“ Man müsste sich viel mehr auf die Herbstwelle vorbereiten, denn die Infektionszahlen flachen nicht ab. „Wir gehen davon aus, dass wir im Herbst mit einer weiteren Welle zu rechnen haben“, so Ludwig.

Ludwig weiter gegen Quarantäne-Ende

Im Bundeskanzleramt haben Vertreter von Bund und Ländern über die aktuelle Coronavirus-Situation und über ein Ende der Quarantäne für Infizierte beraten. Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hat sich weiter gegen ein Ende der Quarantäne ausgesprochen.

Wien übernimmt Bundes-Verordnung

Bisher ist die Stadt Wien immer einen strikteren Kurs in Sachen Corona gefahren. So dauert in Wien die Quarantäne derzeit zehn Tage, in den anderen Bundesländern kann sich, wer symptomfrei ist, nach fünf Tagen mit Verkehrsbeschränkungen (Maske) wieder bewegen. Das Freitesten nach fünf Tagen ist in allen Bundesländern möglich. Bei der nun bevorstehenden Abschaffung der Quarantäne werde man auch in Wien die bundesweite Verordnung zur Kenntnis nehmen. Bei 300.000 Pendlern jeden Tag sei es schwer unterschiedliche Regelungen umzusetzen und durchzuhalten, sagte der Bürgermeister.

Ludwig kritisierte einmal mehr, dass die SPÖ-regierten Länder zum wiederholten Mal von der schwarz-grünen Regierung im Vorfeld nicht eingebunden wurden und aus den Medien vom geplanten Ende der Quarantäne erfahren haben. Vor einigen Tagen war ein Verordnungsentwurf bekannt geworden, wonach für Coronainfizierte künftig nur noch Verkehrsbeschränkungen gelten sollen. Demnach könnte man sich bei einer Infektion mit Maske fast überall frei bewegen. Betretungsverbote gäbe es nur an bestimmten Orten (Spitäler, Pflege- und Behinderteneinrichtungen, Kindergärten, Volksschulen und Horte), allerdings nicht für dort Beschäftigte.

„Deutliche Stimmen“ für Ende der Quarantäne

Ludwig war neben der Vorarlberger Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink (ÖVP) als einziger Vertreter der Länder persönlich im Bundeskanzleramt. Die anderen Landeshauptleute waren per Videoschaltung dabei.

Schöbi-Fink sagte nach dem Gespräch, dass es „deutliche Stimmen“ für ein Ende der Quarantäne gebe. Vorarlberg sei auch dafür. „Wir müssen mit dem Virus leben lernen.“ Sie würde ein Quarantäne-Aus nicht für verantwortungslos halten. Die Stadt Wien habe trotz strengerer Maßnahmen keine besseren Zahlen als Vorarlberg, so die Landesstatthalterin.

Politikberater über die Quarantäne-Verhandlungen

Das voraussichtliche Ende der CoV-Quarantäne ist auch eine Kraftprobe zwischen Bundesregierung und Wiener Stadtregierung. Dazu ist Politikberater Thomas Hofer im Studio.

Hofer: Wien setzt sich von Bund ab

Für den Politikberater Thomas Hofer zieht sich mit dem Treffen am Montag eine Art „bunter Faden“, den es seit Beginn der Coronavirus-Pandemie in Österreich gäbe, weiter. Hofer sprach in „Wien heute“ den parteipolitischen Hintergrund von Entscheidungen an: „In Wien geht es auch darum, sich ein wenig abzusetzen von dem, was die Bundesregierung macht. Da ist es natürlich auch so, dass man diesen vielzitierten Wiener Weg fortführen kann, zumindest im Geiste. Und dann natürlich die heiße Kartoffel, wenn es denn wieder so sein sollte im Herbst, dass sich das zuspitzt – dass man natürlich sagen kann, man hat es eh anders gesehen oder hätte selber anders gemacht.“

Sollte die Quarantäne in den nächsten Tagen aufgehoben werden, wäre ein Alleingang Wiens mit einem Festhalten an den Regeln riskant, so Hofer: „Wenn man es gemacht hätte und irgendwie einen Weg gefunden hätte, zu sagen, man macht jetzt die Quarantäne nur für Wien – das hätte vielleicht dann schon Unmut hervorgerufen, denn es gibt eben Hunderttausende, die pendeln jeden Tag nach Wien, wo es dann eine Art Zwei-Klassen-Geschichte gegeben hätte. Das wäre dann natürlich auch eine ganz, ganz schwierige Geschichte in Richtung der Kommunikation, in Richtung der Bevölkerung geworden.“

Entwurf sieht Beschränkungen vor

Vor einigen Tagen war ein Verordnungsentwurf bekannt geworden, wonach für Coronainfizierte künftig nur noch Verkehrsbeschränkungen gelten sollen. Demnach könnte man sich bei einer Infektion mit Maske fast überall frei bewegen. Betretungsverbote gäbe es nur an bestimmten Orten (Spitäler, Pflege- und Behinderteneinrichtungen, Kindergärten, Volksschulen und Horte), allerdings nicht für dort Beschäftigte. Betroffen wären vom Ende der Quarantäne über 100.000 Menschen.

Die Zahl der Neuinfektionen liegt aktuell bei bis zu 15.000 pro Tag. Rund 1.500 Spitalsbetten sind derzeit von COVID-Infizierten belegt. Eine Überlastung des Gesundheitssystems sei nach aktueller Einschätzung nicht zu erwarten, hieß es in einer Aussendung der Regierung.

Nach Angaben der Regierung wurden beim Bund-Länder-Gipfel auch Verbesserungen bei der Verteilung von Medikamenten sowie bei der Lieferung von Daten für das COVID-19-Register diskutiert. Das Register ist seit Mai in Betrieb, derzeit meldet aber erst ein Teil der Bundesländer regelmäßig seine Daten ein. Wien soll dem Vernehmen nach noch gar keine Daten geliefert haben. Die Bundesregierung mahnte bei den Landeshauptleuten die vollständige Einmeldung der Daten ein, um künftig eine noch bessere Grundlage für den Schutz von Risikogruppen zu erhalten, hieß es.

FPÖ: Aus für Maskenpflicht in Öffis

Der Wiener FPÖ-Obmann Dominik Nepp forderte am Abend in einer Aussendung das Ende des „Wiener Wegs“: „Maskenpflicht und Co. haben offensichtlich keinerlei Auswirkung auf die Zahl der Neuinfektionen. Hier handelt es sich um eine reine rote Schikane, die nun auch in der Bundeshauptstadt umgehend abgestellt gehört.“