Chronik

Prozess um Stromstoß: Angeklagter leugnet Tat

Wegen versuchten Mordes an seiner Ehefrau hat sich am Dienstag ein 42-jähriger Mann vor Geschworenen am Wiener Landesgericht verantworten müssen. Laut Anklage soll der Vater von zehn Kindern seine Frau mit einem Stromstoß zu töten versucht haben.

Darüber hinaus soll er über Jahre hinweg die 37-Jährige geschlagen, unterdrückt und eingeschüchtert haben, weswegen ihm auch fortgesetzte Gewaltausübung angelastet wird. Der Angeklagte stellte sämtliche Vorwürfe in Abrede.

„Ich werde hier beschuldigt für gewisse Dinge, die ich gar nicht gemacht habe“, versicherte der 42-Jährige dem Gericht. „Das ist nie passiert“, meinte Verteidiger Andreas Reichenbach zum zentralen Anklagefaktum, das sich bereits im Jahr 2009 in der Wohnung der Familie zugetragen haben soll.

FI-Schalter dürfte Frau das Leben gerettet haben

Der Mann soll damals nach einer Meinungsverschiedenheit mit seiner Frau in der Küche das Kabel eines Wasserkochers abgeschnitten haben und damit ins Badezimmer gegangen sei, wo die Frau gerade geduscht hatte. Das intakte Ende des Kabels soll er in die Steckdose gesteckt und die Adern mit den Leitern des anderen Endes an die nasse Haut der Frau gehalten haben.

„Sie hat einen elektrischen Schlag bekommen und ist umgefallen. Das Glück war, dass der Schutzschalter gefallen ist, wodurch es keinen tödlichen Ausgang genommen hat“, führte Staatsanwältin Ursula Schrall-Kropiunig aus. Sie stützte den Vorwurf des versuchten Mordes auf Gutachten eines Elektrotechnikers und eines Gerichtsmediziners. Die Staatsanwältin räumte ein, dass es aufgrund des lange zurückliegenden Tatzeitpunkts keine objektiven Beweise – keine Fotos, keine Krankengeschichte – gebe. Die Ehefrau sei aber „eine sehr glaubwürdige Zeugin“.

Der Sachverständige für Elektrotechnik, Thomas Heiden, bestätigte den Geschworenen: „Hätte der FI-Schalter nicht funktioniert, kann eine letale Folge nicht ausgeschlossen werden.“ Ob der Schutzschalter ausgelöst wird oder nicht, hänge von einigen Faktoren ab, vor allem von den Kontaktstellen.

Ins Frauenhaus geflüchtet

Die 37-Jährige war im Vorjahr zur Polizei gegangen, nachdem sie mit ihren zehn Kindern ins Frauenhaus geflüchtet war. Sie berichtete von einem „Ehemartyrium“ und erstattete Anzeige gegen ihren Mann, den sie im Alter von 14 gegen den Willen ihrer Eltern geheiratet hatte. Der 42-Jährige wurde festgenommen, nachdem einige seiner Kinder die von der Frau geschilderten Gewalttätigkeiten zeugenschaftlich bestätigt hatten. Deren Vater sitzt seit August 2021 in der Justizanstalt Josefstadt in U-Haft.

Verteidiger Reichenbach verwies eingangs der Verhandlung auf die bisherige Unbescholtenheit seines Mandanten: „Er hat nicht einmal Verwaltungsübertretungen begangen.“ Die Anklage basiere im Wesentlichen auf den Angaben der Frau, deren Schilderung mit dem Wasserkocher sei „eine glatte Lüge“.

Angeklagter: „Ich bin ein normaler Mann“

„Ich habe meine Frau geliebt“, betonte der Angeklagte. Sie belaste ihn aus Rache für seine zahlreichen Casino-Besuche: „Ich war spielsüchtig. Das ist schlimm, das hat man dann im Blut.“ Sein Spielen habe „die Familie zerstört“. Er habe seine Frau aber niemals gewürgt oder geschlagen: „Ich bin weder ein Terrorist noch ein Krimineller. Ich bin ein normaler Mann.“

Laut Anklage wurden die Ehefrau und die Kinder – diese sind aus prozessökonomischen Gründen nicht Gegenstand der Schwurverhandlung, dazu wird von der Staatsanwaltschaft separat ermittelt – seit 2009 regelmäßig mit einem Kochlöffel, einem Messerschleifer und einem Kabel geprügelt. Ihren Kopf soll der 42-Jährige immer wieder in Wasser getaucht oder gegen die Wand geschlagen haben.

Verhandlung vertagt

Die Verhandlung wurde zur Einvernahme der Ehefrau, ihrer Eltern und einiger Kinder auf den 30. August vertagt. Acht von zehn Kindern hatten im Ermittlungsverfahren kontradiktorisch ausgesagt, zumindest eine Tochter hat bereits angekündigt, dass sie auch im Gerichtssaal gegen ihren Vater aussagen will.