Chronik

Kundengelder in Start-up gesteckt: Haft

Ein ehemaliger Wiener Hausverwalter ist am Mittwoch von einem Schöffensenat wegen Untreue und Datenfälschung zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Er soll für die Investition in sein Start-up Gelder des Immobilienbetriebs verwendet haben.

Im Jahr 2012 begann er, die Gelder seiner Kunden zweckwidrig auf sein Konto zu überweisen. Am Ende entstand ein Schaden von über neun Millionen Euro. Der Hausverwalter war Geschäftsführer des Unternehmens, das an die 180 Liegenschaften betreute, darunter Zinshäuser und Wohngemeinschaften. 421 Konten, auf die etwa Mieten oder Rücklagen eingezahlt wurden, verwaltete der Mann. Für alle war er zeichnungsberechtigt.

Zunächst Gehälter bezahlt

Als 2011 ein großer Kunde, eine Modefirma, die Verträge kündigte, war das „wirtschaftlich ein sehr schwerer Schlag für uns“, sagte er dem Richter. „Ich habe die wirtschaftlichen Folgen komplett vernachlässigt.“ Der gelernte IT-Experte bedachte nicht, dass für die Auszahlung der Gehälter seiner Mitarbeiter keine Reserven vorhanden waren.

Da begann er, die „Gelder vom Konto der Kunden ‚auszuborgen‘“, erzählte er über die Anfänge. In drei bis sechs Monaten sollte wieder alles zurückbezahlt werden. „Der Griff in die Kassa war wie eine Droge für mich“, sagte der 52-Jährige. „Ich habe immer weiter diesen Lösungsweg gewählt.“ Nebenbei entwickelte der technikaffine Mann eine App, für die bald auch international großes Interesse bestand.

Dafür gründete er 2013 ein Start-up, um die Idee besser umsetzen zu können. „Ich habe gedacht, ich kann damit die Löcher der Hausverwaltung stopfen“, sagte er. „Das war aber wie ein Brandbeschleuniger, weil ich nicht mehr so viel Zeit in der Hausverwaltung verbracht habe.“ Er wollte die App zum Laufen bringen und bediente sich wieder an den Kundengeldern.

„Wirtschaftlich irrsinnig ungeschickt“

„Er ist technisch hochbegabt, aber wirtschaftlich irrsinnig ungeschickt“, sagte sein Anwalt Lukas Kollmann. Der Beschuldigte hat sogar das Online-Banking seiner Bank manipuliert, um die Überweisungen auf sein Konto zu verschleiern. Eine Buchhalterin kam bereits 2014 darauf, dass es Unregelmäßigkeiten in der Buchhaltung gab. Im Februar 2019, als sich der 52-Jährige auf Urlaub befand, forderte die Frau die Kontoauszüge direkt bei der Bank an und kam auf Manipulationen.

„Irgendwann hat es ihm schlicht den Boden unter den Füßen weggezogen“, sagte Anwalt Kollmann. Einer seiner Gesellschafter kontaktierte ihn im Urlaub. Zunächst ging der Beschuldigte von einem Schaden in der Höhe von zwei Millionen aus. Der 52-Jährige kam zurück nach Wien, erstattete Selbstanzeige, meldete Konkurs an und ging auch in Privatinsolvenz.

Fünf Millionen Euro Schaden offen

Laut der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wurden am Ende aber über neun Millionen Euro von den Kunden entwendet. Vier Millionen Euro hat der 52-Jährige im Lauf der Zeit etwa durch Förderungen für sein Start-up zurückbezahlt, weshalb am Ende laut Gutachten noch fünf Millionen Euro Schaden übrig blieb.

Einige Gläubiger schlossen sich dem Verfahren als Privatbeteiligte an. Mit den Ansprüchen in der Höhe von 581.000 Euro wurden sie aufgrund der Privatinsolvenz des Angeklagten auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Erschwerend wurden der hohe Schaden mit einer 30-fachen Überschreitung der Wertgrenze und der lange Tatzeitraum gewertet. Mildernd waren der bisherige ordentliche Lebenswandel, das Geständnis, die Selbstanzeige sowie die teilweise Schadenswiedergutmachung. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.