Energieexperte Walter Boltz war 15 Jahre lang Leiter der Energie-Regulierungsbehörde E-Control,
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Boltz: „Strompreisbremse nicht ideal“

Mit einer sogenannten Strompreisbremse will die Regierung nun auf die massiven Steigerungen der Energiepreise antworten. Der ehemalige Leiter der Energie-Regulierungsbehörde E-Control Walter Boltz empfindet die Maßnahme als „nicht ideal“ und rechnet im Winter außerdem mit Gasknappheit in Wien.

Die „Strompreisbremse“ soll über den Sommer ausgearbeitet werden und ab Herbst wirksam werden. Dies soll „möglichst unbürokratisch“ abgewickelt werden und bundesweit einheitlich sein.

Sichergestellt werden soll damit die Grundversorgung mit Energie für Haushalte „zu einem günstigeren Preis auf Vorkriegsniveau“ und das „möglichst unbürokratisch“ und bundesweit einheitlich. Mittelfristig erhofft sich die Regierung davon inflationsdämpfende Effekte. Mit einer Deckelung habe die Maßnahme aber nichts zu tun, betonte man – mehr dazu in Regierung arbeitet an Strompreisbremse.

Boltz sieht verzögerte finanzielle Belastung

Im „Wien heute“-Interview betonte Boltz, dass eine Strompreisbremse im Sinne von Zahlungen an alle Stromkundinnen und -kunden „nicht ganz ideal“ sei, „denn ein Teil der Einsparungen, die aufgrund der hohen Preise von den Kunden selbst gemacht werden, wegfällt, weil die finanzielle Belastung nicht mehr so groß ist“, so Boltz.

Energieexperte Boltz zur Strompreisbremse

Energieexperte Walter Boltz, 15 Jahre lang Leiter der Energie-Regulierungsbehörde E-Control, kommentiert die angekündigte „Strompreisbremse“ der Bundesregierung. Und er geht auf eventuelle Gasknappheiten ein, die Österreich drohen.

Ginge es nach ihm hätte er eine Präferenz dafür, jenen Haushalten, die es wirklich dringend benötigen würden, „lieber mehr zu geben“ und „die Preise weitgehend so zu lassen“ wie sie der Markt bestimmt. Eine Zahlung an jeden der vier Millionen österreichischen Haushalte sei sehr teuer. Boltz sprach von einer „verzögerten finanziellen Belastung“: „Am Ende des Tages sind diese Zahlungen de facto von allen Steuern zu zahlen, die auch innerhalb der Bevölkerung wieder aufzubringen sind“, so Boltz.

Gas: Herausforderungen im Winter

Auch in Bezug auf Gasknappheit rechnet der Energieexperte im Winter mit problematischen Szenarien. Während Wiener Netze versicherte gut über den Winter zu kommen, rechnet Boltz für die Kundinnen und Kunden mit einer Verdoppelung bis Verdreifachung der Gaspreise.

Falls es zu einer kompletten Unterbrechung der russischen Lieferungen kommen würde, dann sehe er die Versorgung im Winter schon als eine große Herausforderung. Österreich habe zwar schon Einiges an Speicherkapazitäten und auch die Wien Energie habe sicher Einiges an Gas eingespeichert, „aber für die Gesamtversorgung im Winter müssen wir wahrscheinlich in Österreich schon noch Einiges einsparen“, so Boltz.

Wiener Netze optimistisch

Optimistischer blicken die Wiener Netze dem Winter entgegen. Die Speicher seien zu 50 Prozent gefüllt – damit würde Wien locker über den kommenden Winter kommen. Es gäbe keinen Grund zur Sorge, so Helmut Meixner, Leiter der Gas- und Fernwärme bei den Wiener Netzen. "Es ist abgesichert. Bis jetzt läuft die Versorgung wie jedes Jahr im Endeffekt.

„Wir haben zurzeit keine Beeinträchtigungen oder keine Sachen, wo wir zu wenig Gas hätten“, sagte Meixner gegenüber „Wien heute“. Und selbst wenn Russland den Hahn abdrehen würde, werde man das Gas eben aus anderen Ländern beziehen.

Abhängigkeit von Russland „unter 50 Prozent“

Auch aus Regierungssicht gab es gute Nachrichten bei der Versorgung mit Gas, die ja durch den russischen Angriff auf die Ukraine bedroht ist. Die Abhängigkeit von Russland sinke aufgrund diverser Maßnahmen „deutlich unter 50 Prozent“, berichtete Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne). Zudem habe Österreich um knapp 3 Mrd. Euro weitere 12,3 TWh Gas gekauft. Mit dem Zuschlag zur zweiten Ausschreibung der strategischen Gasreserve sei die Beschaffung des letzten Sicherheitspuffers damit abgeschlossen.

Walter Boltz spricht im „Wien heute“-Studio von einem Gas-Embargo, das allerdings von den Russen selbst ausgehe „und nicht von uns“. Somit könne man auch nicht mit einer vernünftigen und kontinuierlichen Gasversorgung rechnen. „Und die Hoffnung, dass wir von den Nachbarstaaten sehr viel Gas beziehen können – so wie das jetzt noch geht – die hätte ich nur eingeschränkt“, sagte Boltz.