Baucontainer der Strabag
APA/Roland Schlager
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Wirtschaft

STRABAG soll nochmals vor das Kartellgericht

Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) will den Baukonzern STRABAG wegen illegaler Preis- und Marktabsprachen nochmals vor das Kartellgericht zitieren. Eigentlich wurde der Konzern bereits rechtskräftig zu einer Strafe von 45 Millionen Euro verurteilt. Möglicherweise droht jedoch wegen neuer Verdachtsmomente eine höhere Strafe.

„Aufgrund neuer Tatsachen ist es aus Sicht der BWB notwendig, dem Kartellgericht eine nochmalige Prüfung in dieser Sache zu ermöglichen“, so die Behörde am Donnerstag. Die dank Kronzeugenstatus und Kooperation mit den Behörden gemilderte Strafzahlung des größten österreichischen Baukonzerns droht nun wesentlich höher auszufallen. Branchenkennern zufolge wurden Hausdurchsuchungen bei einem Anwalt durchgeführt, wie die APA erfuhr. Daraufhin hätten die Wettbewerbshüter beschlossen, eine „Überprüfung des Strabag-Beschlusses“ durch das Gericht zu beantragen.

Konzern: „Kooperierte umfänglich“

Das Management des Baukonzerns ist sich diesbezüglich keiner Schuld bewusst und reagierte umgehend: „Der Vorstand hält den Antrag für unbegründet, denn STRABAG kooperierte umfänglich und intensiv mit der BWB im Rahmen des Kronzeugenprogramms“, hieß es in einer Stellungnahme. Die STRABAG habe durch ihre Kooperation „maßgeblich zur Aufklärung beigetragen und daher auch als erstes Unternehmen das Kartellverfahren rechtskräftig beendet“. Darüber hinaus habe die STRABAG ihr Compliance-System nachgeschärft und ein neuartiges Monitoring-System implementiert, wurde betont.

Strabag Eingang
ORF
Wettbewerbshüter beantragen Überprüfung

Die Kartellwächter sehen das anders: Im Zuge weiterer strafrechtlicher Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) habe die BWB nunmehr im Wege der Amtshilfe „Kenntnis über neue Tatsachen erlangt, die eine gerichtliche Überprüfung des rechtskräftigen Beschlusses vom 21.10.2021 erforderlich machen, insbesondere hinsichtlich der vollständigen Einhaltung der die Strabag als Kronzeuge treffenden Kooperationsverpflichtung, nach § 11b Abs 1 Z 2 WettbG wahrheitsgemäß, uneingeschränkt und zügig zusammenzuarbeiten“, erklärte die Wettbewerbsbehörde.

Unter anderem sei zu prüfen, ob „mangelnde Offenlegung von Beweismitteln und Tatsachen durch Strabag trotz Kenntnis“ vorliegt.

Mildernde Geldbuße durch Kronzeugenprogramm

Mit Beschluss vom 21. Oktober 2021 hatte das Kartellgericht gegen zwei Gesellschaften des STRABAG-Konzerns eine Geldbuße „wegen einheitlicher und fortgesetzter kartellrechtswidriger Preisabsprachen, Marktaufteilungen und Informationsaustausches mit Mitbewerbern in Bezug auf öffentliche und private Ausschreibungen im Bereich Hoch- und Tiefbau in Österreich im Zeitraum von Juli 2002 bis Oktober 2017“ verhängt.

Die STRABAG hatte im kartellrechtlichen Ermittlungsverfahren eine umfangreiche Kronzeugenerklärung übermittelt, Compliance-Maßnahmen implementiert und auch ein Anerkenntnis für das kartellgerichtliche Verfahren abgegeben. Die Bundeswettbewerbsbehörde hatte daher unter Einbindung des Bundeskartellanwalts eine geminderte Geldbuße beantragt.

„Das Kronzeugenprogramm ist das wichtigste Instrument zur Aufdeckung geheimer kartellrechtswidriger Absprachen – aus diesem Grund wird kooperierenden Unternehmen eine bis zum vollständigen Entfall reichende Geldbußenermäßigung eingeräumt. Allerdings ist diese weitreichende Privilegierung nur bei Erfüllung sämtlicher gesetzlicher Voraussetzungen gerechtfertigt“, betonte die interimistische BWB-Generaldirektorin Natalie Harsdorf-Borsch in einer Aussendung. „Aufgrund der neuen Tatsachen ist es notwendig, dem Kartellgericht eine nochmalige Prüfung zu ermöglichen.“

2017 flogen Preisabsprachen auf

Im Frühjahr 2017 hatte die Bundeswettbewerbsbehörde im Rahmen ihrer Ermittlungen zu möglichen illegalen Preisabsprachen in der Bauwirtschaft begonnen, Hausdurchsuchungen durchzuführen und hatte dabei auch umfangreiches Datenmaterial sichergestellt. Im Herbst 2019 ergingen laut BWB die ersten Mitteilungen der Beschwerdepunkte an die betroffenen Unternehmen. Die Unternehmen wurden schriftlich über die gegen sie vorliegenden Beschwerdepunkte in Kenntnis gesetzt.