Straßenarbeiter montieren auf der Autobahn ein Schild mit Tempo 130
APA/zb/Jens Büttner
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Autobahnen: Studie empfiehlt Tempo 100

Verkehrsexperten und -expertinnen setzen sich für eine starke Senkung der Tempolimits auf Autobahnen ein. Demzufolge sollte nur mehr Tempo 100 und auf Landstraßen Tempo 80 erlaubt sein, so die Ergebnisse der Studie, die von einem Experten der Universität für Bodenkultur (BOKU) Wien geleitet wurde.

Die Studie der Forschungsgesellschaft Straße, Schiene und Verkehr, an der auch Vertreterinnen und Vertreter von Ländern und Verkehrsministerium beteiligt waren sowie Expertinnen und Experten unter anderem der Technischen Universität (TU) Wien und der (BOKU), fordert die Politik zum Handeln auf. Zumindest probeweise solle die Politik diese Maßnahmen im Sinne von Klimaschutz, Energiesparen und Verkehrssicherheit setzen, so die Autorinnen und Autoren der Studie.

Tempo 130 auf 100 reduzieren

Eineinhalb Jahre lang haben Experten und Expertinnen Daten zusammengetragen und diskutiert – im Arbeitskreis Verkehrspolitik der Gesellschaft für Straße, Schiene und Verkehr. Nun liegt ein Ergebnis vor, das mehrheitlich die Zustimmung hat.

Der Vorschlag des Studienleiters Gert Sammer von der BOKU: „Der Vorschlag sieht vor, dass wir Tempo 130 auf 100 auf den Autobahnen reduzieren, auf Landstraßen von 100 auf 80 im Regelfall gehen und innerorts auf nicht vorrangigen Straßen grundsätzlich auf Tempo 30. Auf diese Art erreichen wir einerseits einen enormen Beitrag für die Klimasituation, zweitens einen sehr guten Beitrag in Bezug auf Verkehrssicherheit und drittens einen sehr guten Beitrag, auch was Energiesparen betrifft.“

Experte empfiehlt „Probejahr“

Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) hat allerdings erst vor einer Woche Tempo 100 auf Autobahnen zwecks Energiesparen eine Absage erteilt. Auf die Frage, ob die nun erhobenen Forderungen eine Chance auf Umsetzung haben, sagte der Studienleiter und emeritierte Professor für Verkehrsplanung gegenüber Ö1, dass er das Tempolimit durchaus für „durchsetzbar“ halte. „Wenn man eine breite Diskussion startet, weil objektiv gesehen geht eigentlich an dieser Lösung nichts vorbei. Aber es wäre denkbar, das Ganze ein Jahr probeweise zu machen“, so Sammer.

Dann solle evaluiert werden, ob die erwarteten Ergebnisse eintreten. Konkret erwarten die Experten eine Energieersparnis und eine Verringerung des CO2-Ausstoßes. „Insgesamt haben wir etwa zehn Prozent Sofortwirkung. Bei guter Überwachung dieser Tempolimits,“ meinte der Professor. Und Sammer bestätigte einen Bericht im „Kurier“, dass Tempo 80 auf Landstraßen, jedenfalls was Unfallreduktion betrifft, am meisten bringen würde.

Vorschlag unter anderen Experten umstritten

Tempo 100 auf Autobahnen ist bei anderen Expertinnen allerdings umstritten. Ex-ARBÖ-Chefin Lydia Nintz etwa sagte, es wäre wichtiger, dass bestehende Limits eingehalten werden würden. „Was Regelungen betrifft, halte ich nicht viel davon, auf den Autobahnen Tempo 100 zu machen. Man muss sich aber schon überlegen, ob man auf Land- und Bundesstraßen Tempo 80 macht – vor allen Dingen, um Unfälle zu reduzieren“, so Nintz.

Der Professor für Verkehrssicherheit an der BOKU, Ernst Pfleger, wiederum meinte, dass auf kurvigen Straßen kein Mensch schneller als 80 fahren könne. „Aber es gibt ein Netz von Landesstraßen und den ehemaligen Bundesstraßen, da sind Geschwindigkeitsbeschränkungen völlig unsinnig, nämlich Beschränkungen über das hinausgehend, was wir jetzt haben, nämlich 100 km/h, weil wir hier eine gute Ausstattung der Straßen haben“, so die Sicht von Pfleger.

Studienleiter Sammer sagte aber, dass die Fakten – die für die Temporeduktionen sprechen würden – von fast keinem der beteiligten Experten angezweifelt wurden. Freilich gebe es aber manche, die gerne schneller fahren würden.

ÖAMTC strikt gegen Temporeduktion

Im grün geführten Verkehrsministerium teilt man die Expertenposition, dass niedrigere Geschwindigkeit weniger Lärm, bessere Luft und mehr Sicherheit bedeutet. Aber man verweist nur auf die Möglichkeit der Länder auf bestimmten Straßen niedrigere Tempolimits zu verordnen und im Regierungsprogramm geplant sei, es den Gemeinden und Städten noch zu erleichtern Tempo 30-Zonen zu verordnen. Doch laut Verkehrsministerium gäbe es für generelle Temporeduktionen jedenfalls keine Mehrheit im Parlament.

Explizit gegen generelle Temporeduktion ist der ÖAMTC, wie der Rechtsabteilungschef Martin Hoffer gegenüber Ö1 sagte. Wir halten von solchen Reduktionen wenig. Aber wenn jemand Energie sparen und langsamer fahren will, soll ihm das nicht verwehrt werden. Ganz im Gegenteil. Wir empfehlen auch das und empfehlen darüber hinaus, Fahrgemeinschaften zu gründen, Also weniger fahren, effizienter fahren", so Hoffer.

Aus Sicht des Verkehrsclub Österreich (VCÖ) ist die Temporeduktion allerdings ein „sehr kluger Vorschlag“. „Wenn wir auf jene Länder schauen, die ein hohes Niveau bei der Verkehrssicherheit haben, dann sehen wir, dass die auf Landstraßen teilweise in Skandinavien sogar Tempo 70 haben, aber beispielsweise die Schweiz hat Tempo 80 auf Freilandstraßen“, so VCÖ-Sprecher Christian Gratzer.